when i bleed
Regie: Miri Klischat
Der Titel in diesem Kurzfilm ist ab Minute Eins Programm: Eine größere Menge an Blut findet sich in der Unterhose der Protagonistin Resa (Johanna Schönwald) wieder, die sichtlich mit ihrer Periode zu kämpfen hat. Neben den auftretenden Krämpfen ist es vor allem die Scham, die sie auch bei einem gemeinsamen Ausflug in die Natur mit ihrer Freundin stets begleitet. Ein Konfrontationskurs steht für Resa bevor, den Regisseurin Miri Klischat mit einer Kombination aus Drama und Monster-Horror präsentiert. Gerade durch letzterem gräbt sich die Kamera wortwörtlich in das Innere der Hauptfigur hinein und erzeugt dadurch eine intensive Begegnung mit dem Thema Menstruation. Klischat schafft es dabei, genügend Empathie über Gesten hinzuzufügen, sodass when i bleed eine gelungene Brücke schlägt in Richtung Akzeptanz des eigenen Körpers, Body Positivity und weiblichen Zusammenhalt.
Bildnachweis: ©Lights On
Will You Look at Me
Regie: Shuli Huang
Der Gewinner für die beste narrative Innovation kam eigentlich bereits mit genügend Vorschusslorbeeren an die Weser. Denn Will You Look at Me hatte seine Premiere vor zwei Jahren in Cannes, in der Semaine de la Critique, und wurde mit der Queer Palm ausgezeichnet. Huangs Film ist ein in Super-8-Bildern festgehaltener Essay, der autobiografisch geprägt ist. Über den Titel steht auch hier ein Konfrontationskurs bevor, denn der chinesische Filmemacher trifft seine Mutter nach langer Funkstille. Diese fußt auf seiner Homosexualität, wodurch sie noch immer einen Groll hegt und sie ihm keines Blickes würdigt – unvereinbar sei die sexuelle Offenheit mit ihrem traditionellen Familienbild.
Huang arbeitet die schwierige Mutter-Sohn-Beziehung peu à peu auf und unterfüttert sie mit Bildern aus seiner Kindheit und seinem Leben als Student. Missverständnisse und Wehmut machen sich in der zusätzlichen Symbolik breit. Irgendwo in den gar nostalgisch wirkenden Bildern sucht Huang den einen Moment, wo die Mutter ein offenes, fröhliches Gesicht der Kamera, ihm selbst, entgegnet. Es ist diese Suche in den Bildern, in der Vergangenheit, die Will You Look at Me sehr bedrückend wirken lässt. Die Bilder dienen aber auch als Ventil, spätestens dann, wenn beide Seiten ihren Gefühlen einen freien, geradezu ironisch sehr freien, Lauf lassen. Ein erschütternd ehrlicher Film.
„Will You Look at Me“ ist aktuell in der ARD-Mediathek abrufbar.
Bildnachweis: © Gargantua
Budapest Silo
Regie: Zsófia Paczolay & Nora Ananyan
Ein Getreidesilo von innen reinigen – diesen Knochenjob betreibt József seit 30 Jahren im größten Speicher der ungarischen Hauptstadt Budapest. Und wie diese Reinigung von statten geht, zeigen die Regisseurinnen Zsófia Paczolay und Nora Ananyan mit beeindruckenden Aufnahmen. Beeindruckend in Bezug auf die schiere Größe des Speichers und unheimlich faszinierend, wie József im Stile eines Tiefseetauchers von oben mit einer Lichtkugel plus Eimer herabgelassen wird. Dieser Job fordert mit der andauernden Aussetzung mit dem Getreidestaub seinen Tribut – tägliche Kopfschmerzen und Schlafstörungen prägen Józsefs Leben in seinem Zuhause – einem Container mit Blick auf seinen Arbeitsplatz. Paczolay versteht es dabei, die Dimension und die Folgen des für viele nicht zumutbaren Jobs als Siloreiniger einzufangen und untermalt dieses mit einem unheilvollen, von mechanischer Kälte geprägten Ambient-Score.
Bildnachweis: © Lights On
Basri & Salma in a Never-Ending Comedy
Regie: Khozy Rizal
Den gesellschaftlichen Druck stets im Nacken spürt der Indonesier Basri (Arham Rizki Saputra). Über die Jahrmärkte des südostasiatischen Inselstaats tourt er mit einem Odong-Odong – einem kleinen Fahrgeschäft in Form eines Karussells, als Anhänger montiert an einem Moped. Im Grund lebt Basri sein Leben, seit fünf Jahren ist er mit seiner Frau Salma (Rezky Chiki) verheiratet. Doch da hakt sein Freundeskreis ein: Wird es nicht mal Zeit für ein Kind, um eine Familie zu gründen? Er wird von ihnen gedrängt, gleichzeitig bekommt das Publikum zu sehen, wie toxisch und abfällig ein anderer Ehemann gegenüber seiner Ehefrau wird, nachdem letztere ihn für seine Arbeitslosigkeit in die Mangel nimmt. Regisseur Khozy Rizal weiß die Situation um das titelgebende Paar zu eskalieren: Von Zeug:innen sein von häuslicher Gewalt hin zur überkitschigen Pop-Breakbeat-Musiknummer, die den Traum einer Familie gehörig auf die Schippe nimmt inklusive treffendem Ausklang. Die im Titel anklingende Endlosschleife ist Teil des indonesischen Humors, der ausgesprochen sexuell geprägt ist und auch befremdlich wirkt. Genauso befremdlich ist es aber auch mit der Erwartung, unbedingt ein Kind zeugen zu müssen.