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"Maniac" - Mini-Serie - Kritik
Von MrDepad in "Maniac" - Mini-Serie - Kritik
am Sonntag, 23 September 2018, 19:27 Uhr
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Story
Die Medikamentenstudie eines dubiosen Pharmakonzerns verspricht den Probanden, dass jeder Schmerz überwunden und zerstört werden kann. Für die geschädigten Teilnehmer Owen (Jonah Hill) und Annie (Emma Stone) entpuppt sich das Experiment schnell als drogeninduzierte Reise in die eigene Psyche, die zahlreiche Schwierigkeiten mit sich bringt und bei der Realität und Fantasie immer stärker miteinander verschwimmen. Im Kampf gegen die eigenen inneren Dämonen finden sie vor allem miteinander neuen Halt, während der Pfad in den eigenen Kopf ungeahnte Abgründe offenbart.
Kritik
Immer wieder wird in der neuen Netflix-Serie Maniac von Regisseur Cary Fukunaga (Beasts of No Nation) die Frage danach gestellt, was denn nun tatsächlich real sei und was Normalität überhaupt noch bedeuten würde. In der Handlung der 10 Episoden umfassenden Produktion erscheinen Faktoren wie Realität und Normalität nämlich zunehmend als Fremdkörper in einem Konstrukt, das mithilfe von speziellen Drogen im Rahmen der Medikamentenstudie eines mysteriösen Pharmakonzerns errichtet wird. Hierbei bekommen die Probanden drei verschiedene Pillen verabreicht, die ganz unterschiedliche Wirkungsweisen mit sich bringen. Während Pille A dafür sorgt, dass die Konsumenten die Erinnerung an das schlimmste Ereignis ihres Lebens wieder und wieder durchleben, sind die Pillen B und C dafür zuständig, tote Winkel innerhalb des menschlichen Bewusstseins auszuloten und diese in letzter Konsequenz sichtbar zu machen, herauszufordern und endgültig zu überwinden, um von persönlichen Traumata oder anderen Problemen kuriert aus der Medikamentenstudie hervorzugehen.
In der Serie, die ganz lose auf einem norwegischen TV-Vorbild basiert und von The Leftovers-Autor Patrick Somerville erdacht wurde, nimmt diese drogeninduzierte Reise in den menschlichen Verstand jedoch anfangs einen ausgiebigen Umweg über die verschiedenen Lebensrealitäten der beiden Hauptfiguren. Im Mittelpunkt von Maniac stehen Owen und Annie, die sich beide schnell als vernarbte, geschädigte Individuen zu erkennen geben. Über den Verlauf der ersten beiden Episoden hinweg konzentriert sich Fukunaga zunächst auf die Protagonisten, die in einem New York leben, das sich einem ebenso stilvollen wie befremdlichen 80er-Jahre-Retro-Futurismus zuordnen lässt. Hier zeugen leuchtende Reklameschilder, sogenannte Ad-Buddys in Form von Personen, die vor einem personalisierte Werbeanzeigen herunterbeten, oder Kehrroboter an eine Zukunft, die aufgrund der gleichzeitigen Abwesenheit von Smartphones oder anderer moderner Technologie nichtsdestotrotz stark in der Vergangenheit verhaftet zu sein scheint.
Inmitten dieses ausgefeilten Set-Designs, das die gewohnt perfektionistische Ader Fukunagas offenbart, leben Owen und Annie als gebrochene Menschen in einer Stadt, in der 87% des jährlichen Einkommens für die Mietpreise draufgehen. Während Owen als fünfter Sohn einer wohlhabenden Unternehmerfamilie kurz davor steht, für seinen Bruder vor Gericht eine Falschaussage zu tätigen, da dieser der sexuellen Belästigung beschuldigt wird, hat er vielmehr mit seinen inneren Dämonen zu kämpfen, die ihn der Schizophrenie nahe Dinge sehen lassen, die nur er sieht. Darunter fällt vor allem eine Version seines Bruders, die gar nicht zu existieren scheint. Im Gegensatz zu Owens introvertierter, geradezu gelähmter Schüchternheit wird Annie von einer aufbrausenden Aggressivität angetrieben, mit der die drogensüchtige junge Frau ebenfalls einen Schmerz betäuben will, der davon stammt, dass sie ihre jüngere Schwester bei einem selbstverschuldeten Autounfall verloren hat.
Gemeinsam landen Owen und Annie eher zufällig beziehungsweise aufgrund der erpresserischen Hartnäckigkeit von Annie bei der Medikamentenstudie von Neberdine Pharmaceutical Biotech, wo sie als Probanden zu Touristen ihrer schwersten Traumata werden sollen. Spätestens ab Episode 3 entpuppt sich Maniac hierbei als zitatereicher Mix aus zahlreichen Filmen oder Serien, die sich allesamt als Einflüsse erkennen lassen. So erinnern die unterschiedlichen Gedankenwelten und gleichermaßen verspielten wie vertrauten alternativen Realitäten an Variationen von Michel Gondrys Vergiss mein nicht!, Christopher Nolans Inception oder Zack Snyders Sucker Punch, während bei den Serien vor allem die verdrehte Superhelden-Serie Legion sowie das dystopische Sci-Fi-Anthologie-Format Black Mirror Pate stehen durften. Dabei stellt sich die vermeintliche Stärke von Maniac nach ungefähr der Hälfte der 10 Episoden als durchaus von Schwächen behaftet heraus.
Fukunaga, der wechselnde Autorenstab und die Set-Designer bieten mithilfe der medikamentösen Wirkstoffe verschiedene Szenarien auf, die von der trashig überzeichneten 80er-Soap über altmodischen Film noir-Thrill und Elfen-Fantasy à la Der Herr der Ringe bis hin zur Großstadt-Gangster-Saga kaum ein filmisches Genre auslassen. Was Fukunaga jedoch an reichhaltigen Details auffährt, mit denen er immer wieder auf persönliche Facetten seiner Hauptfiguren innerhalb der imaginierten Welten verweist, lässt die Serie im Gegenzug an ungestümer Unberechenbarkeit vermissen. Maniac fehlt der Hang zum Ausufernden sowie der Mut, die Drogentrips als vollends unkontrollierbare Exzesse darzustellen. Zu geordnet und sauber wirkt die fast schon lineare Unterteilung der dreiteiligen Medikamententests in mehr oder weniger klar voneinander abgrenzbare Settings, die lediglich von kleineren Nebenschauplätzen und der Dynamik zwischen den Hauptdarstellern ergänzt werden. Während der Handlungsstrang rund um den von Justin Theroux (Mulholland Drive - Straße der Finsternis) gespielten NPB-Leiter Dr. Mantleray und seinen schwierigen Mutterkomplex im Gesamtbild der Serie eher unterentwickelt und zu oberflächlich angerissen bleibt, bestehen die emotionalsten Momente von Maniac vor allem aus dem Verhältnis zwischen Owen und Annie.
Sowohl Jonah Hill (Superbad) als auch Emma Stone (La La Land) spielen ihre Protagonisten überzeugend als zerbrochene Menschen, die mühsam durch ihre eigenen Traumata waten müssen, während sie in den imaginierten Welten, die Reflektion, Erinnerung und Fantasie zugleich sind, immer wieder zueinanderfinden. Auch wenn es der Serie letztlich an einer wirklich tiefgreifenden Auseinandersetzung mit dem Innenleben psychisch Geschädigter fehlt, sobald Fukunaga wieder einmal zu sehr in den detailreichen Welten der Einbildung schwelgt und Kurioses mit Blutigem oder Komisches mit Groteskem mischt, findet Maniac immerhin spätestens in der letzten Episode der abgeschlossenen Mini-Serie zu einer geradlinigen Emotionalität, die gerade dadurch entsteht, dass plötzlich wieder die Figuren selbst in purer Menschlichkeit im Mittelpunkt stehen. Eine ähnlich eindringliche Offenheit und Verletzlichkeit wie in den letzten beiden Episoden von Maniac hätte der Serie als Gesamtwerk noch wesentlich besser zu Gesicht gestanden.
Fazit
Auch wenn "Maniac" von einem interessanten Konzept lebt, in dem imaginierte Welten innerhalb des menschlichen Verstandes im Vordergrund stehen, fehlt es der Netflix-Serie an dem nötigen Mut zum Ausufernden und Unkontrollierten, von dem solche Drogentrips begleitet werden. Die audiovisuell durchaus bestechende sowie vor allem von Jonah Hill und Emma Stone hinreißend gespielte Produktion bietet einen gestalterischen Einfallsreichtum, der in gleichem Maße zu sortiert und übersichtlich wirkt, so dass "Maniac" in Hinblick auf zahlreiche Vorbilder eher wie ein kurzweiliger Gang durch verschiedene Genres und Stilrichtungen wirkt, der letztlich nur durch das Verhältnis zwischen den beiden Protagonisten aufgewertet wird. Diese müssen sich als zerbrochene Seelen in einer verlorenen Welt auf die denkbar komplizierteste Art und Weise einen Weg zueinander bahnen und verleihen der Serie immer wieder die nötige Emotionalität.
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