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MBs Kommentarspalte: "Once Upon A Time... in Hollywood" und die Schönheit der Sehnsucht

Souli

Von Souli in MBs Kommentarspalte: "Once Upon A Time... in Hollywood" und die Schönheit der Sehnsucht

MBs Kommentarspalte: "Once Upon A Time... in Hollywood" und die Schönheit der Sehnsucht Bildnachweis: © Sony | Werbemotiv zu "Once Upon a Time... in Hollywood"

Sollte Quentin Tarantino (The Hateful Eight) seiner Karriere mit seinem zehnten Film tatsächlich einen Schlusspunkt setzen, dann werden wir uns auf unzählige Bestenlisten einstellen müssen, die das Œuvre des vermutlich einflussreichsten Regisseurs der letzten fünfundzwanzig Jahre zusammenfassen und nach eigenem Ermessen qualitativ strukturieren. In diesen Auflistungen wird Once Upon A Time... in Hollywood auf den unteren Plätzen rangieren, weit abgeschlagen hinter den einstimmig zu Klassikern erklärten Reservoir Dogs, Pulp Fiction und Inglourious Basterds. Die Gründe dafür liegen auf der Hand, erweist sich das hiesige Traumfabrik-Märchen doch als untypischer Tarantino, der sich weniger dem unbedingt Ikonischen als vielmehr dem zartfühlend Sehnsüchtigen hingibt. Es ist die romantische, ungemein immersive Illusion eines Künstlers, der den Glauben an die goldene Ära und den Summer of Love nicht aufgeben möchte. 

Wir schweben durch ein ungemein detailliertes, von Kameramann Robert Richardson pulsierend und farbenfroh bebildertes Los Angeles des Jahres 1969. Der ehemalige Western-Star Rick Dalton (Leonardo DiCaprio, Catch Me If You Can) prophezeit sich selbst ein baldiges Karriereende. Wofür er noch gebucht wird – man könnte eher sagen: herumgereicht -, sind die Bösewichte in x-beliebigen Serien-Piloten, in denen die Heldenrollen Schauspieler vorbehalten sind, deren Gesichter noch frisch und unbeschrieben sind. Cliff Booth (Brad Pitt, Sieben) hingegen hat schon seit einiger Zeit keine echte Karriere mehr, auch wenn er sich selbst immer noch als Stuntman von Rick Dalton vorstellt. In Wahrheit ist er vielmehr dessen Mädchen für alles. Er kutschiert Rick von A nach B durch die südkalifornische Metropole, repariert seine Antenne auf dem Dach und steht ihm als Motivationsstütze zur Seite.

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Die sanftmütig porträtierte Freundschaft zwischen Rick und Cliff, die Leonardo DiCaprio und Brad Pitt wunderbar uneitel auszufüllen wissen, gibt Once Upon A Time... in Hollywood seinen unermesslichen Charme, knüpft ein enges Band zu den Zuschauern und attestiert dem Film folgerichtig ein so aufrichtiges Maß an Empathievermögen, wie man es in einem Tarantino zuletzt bei Jackie Brown beobachten konnte. Man könnte auch sagen, dass Once Upon A Time... in Hollywood die erwachsenste Arbeit von Tarantino seit Jackie Brown geworden ist, weil sich hier weniger dafür interessiert wird, das Kultige aus den Einzelmoment herauszudestillieren, sondern vielmehr in den Impressionen des rein Menschlichen verweilt wird. Anhand der Figur der Sharon Tate, die hier von einer alles überstrahlenden Margot Robbie (The Wolf of Wall Street) verkörpert wird, lässt sich indes wohl am Exaktesten erkennen, worum es Tarantino in Once Upon A Time... in Hollywood geht: Um eine alternative Erinnerungskultur.

Tarantino möchte eine Zeit bewahren, die es in dieser Form womöglich niemals gegeben hat, sein Once Upon A Time... in Hollywood hingegen forciert ein illusionäres Andenken, welches uns mit den Mitteln des melancholischen Fabulierens behutsam näher gebracht wird: Eine Welt, in der nicht nur die Gedanken, sondern auch das Kino absolut frei sind. Wo man treiben und gleiten kann, wo Stimmungen und Schwingungen den ausgelassenen Takt vorgeben, wo die Vergangenheit nicht in Stein gemeißelt, sondern abwendbar ist und zu einer neuen Wahrheit des Erzählens und Abbilden führt. Noch nie zuvor hat Tarantino seine Passion und Profession so warmherzig hofiert; nie zuvor hat er seiner Identität als Filmemacher und den Wurzeln dieser Identität so schwelgerisch die Ehre erwiesen. Man könnte beinahe der Vermutung anheim fallen, Tarantino habe hier bereits sein Abschiedswerk vorgelegt.

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Natürlich bleibt Once Upon A Time... in Hollywood weiterhin das Erzeugnis eines in die Popkultur vernarrten Pastiche-Auteurs, dessen Reichtum an Referenzen und Zitaten immer noch in jeder Minute präsent ist. In diesem Fall aber thront der Verweis nicht als dominierender Referenzgegenstand über jeder Szene, sondern vermischt sich auf beinahe bescheidene, greifbare Art und Weise mit der Lebens- und Erfahrungswelt der Protagonisten. Überdies geht es in Once Upon A Time... in Hollywood niemals darum, eine Geschichte im herkömmlichen Sinne zu entfalten, die einem dramaturgischen Faden folgt. Es geht um Berührungspunkte und Schnittstellen von Schicksalen. Um das emotionale und weniger um das intellektuelle Erleben. Kein Wunder, dass man sich am Ende von Once Upon A Time... in Hollywood die Tränen von den Wangen mischen muss. Dieser Traum soll nicht enden.

Konnte euch Quentin Tarantino erneut begeistern?

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