{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

MBs Kommentarspalte: "The Strangers: Opfernacht" und die Verselbstständigung von Gewalt

Souli

Von Souli in MBs Kommentarspalte: "The Strangers: Opfernacht" und die Verselbstständigung von Gewalt

MBs Kommentarspalte: "The Strangers: Opfernacht" und die Verselbstständigung von Gewalt Bildnachweis: © Square Entertainment One

Dass sich The Strangers von Bryan Bertino (The Monster) als ein wahres Kleinod des zeitgenössischen Terrorfilms verstehen darf, liegt an seiner inszenatorischen Vehemenz, den Zuschauer Teil des Leidens der Hauptfiguren werden zu lassen. Der Film weidet sich zu keiner Zeit am Martyrium, welches Kristen (Liv Tyler) und James (Scott Speedman) durchzustehen haben, aber er knüpft das Band zwischen ihnen und dem Publikum so furchtbar eng, dass sich der programmatische Ansatz der Wirkung beinahe selbsterklärend offenlegt: Es ist die allumfassende Ausweglosigkeit. Durch die letztendliche Verweigerung jedweder Motivation im blutigen Tun der maskierten Mörder wird dem Zuschauer keinerlei emotionale Erlösung dargeboten. Die Gewalt ist allgegenwärtig, sie entstellt die Körper, zermürbt die Seelen, aber bleibt ungreifbar und willkürlich.

The Strangers: Opfernacht von Johannes Roberts (47 Meters Down) bleibt sich dem Trademark der Motivlosigkeit vollends treu und führt seine Figuren ebenfalls über ein zwischenmenschliches Dilemma ein, welches vor allem Teenagerin Kinsey (Bailee Madison) betrifft, die bald in einem Internat einquartiert werden soll, vorher aber noch mit ihren Eltern (Christina Hendricks und Martin Henderson) sowie ihrem Bruder Luke (Lewis Pullman) einen Halt im Wohnwagenpark von Onkel und Tantchen machen darf. Dort angekommen, dauert es sich nicht lange, bis das Masken-Trio erneut zu blutiger Tat schreitet. The Strangers: Opfernacht allerdings beginnt damit, zu zeigen, wie die Trailerpark-Verwandtschaft der Familie unheimlichen (!) Besuch von den anonymen Killern bekommt, während sich auf der Tonspur Kim Wildes Kids in America entfaltet.

Man kann das freilich als Stilmittel sehen, welches ironische Bruchstellen manifestieren soll. Man kann aber auch weitergehen und die Masken-Täter durch den musikalischen Einsatz in einer Art Anklage einsortierten: Das sind die Kinder Amerikas. Das sind die Kinder, die ihr geschaffen habt. Kinder, die nicht wissen, was sie tun; Kinder, die nur tun, weil es ihrem Naturell entspricht. Durch das weitere Einspielen von Klassikern der 1980er Jahre, mit Vorliebe Bonnie Tyler und ihre anbetungswürdige Schmalzballade Total Eclipse of the Heart, führt sich dieser Gedanke fort: Die anerzogene Gewalt ist genauso geläufig wie die (längst überhörten) Hits aus der Radio-Rotation. Die Gewalt hat sich verselbständigt, sie wird nicht mehr geplant, sie wird nur noch ausgeführt. Keine Logik, keine Reflexion, nur noch die Gewohnheit. Die Regelmäßigkeit. Die gängige Tretmühle aus Bestialität und Abstumpfung.

Unter diesem Gesichtspunkt führt The Strangers: Opfernacht den Gewalt-Diskurs des ersten Teils adäquat weiter, obgleich der Nachfolger nicht mehr die verstörende Durchschlagskraft aufbringt, wie es noch der reduzierte Angstmacher von Bryan Bertino vollbracht hat. Wo  sich Johannes Roberts ebenfalls für das archaische Wesen der (Ur-)Angst interessiert, begreift sich sein Film auch als inbrünstige Hommage an das Genre, welches Roberts offensichtlich am meisten liebt. Es mag infantil anmuten, doch The Strangers: Opfernacht ist ein Fest der Zitate, der Referenzen, der Verweise, die sich von Blutgericht in Texas über Freitag, der 13. bis Wrong Turn erstrecken und dem Film in seiner entwaffnenden Leidenschaft für das Sujet mehr und mehr abheben lassen. Als Zuschauer mag man sich an der Euphorie stoßen, mit der Roberts den Aushängeschildern des Horrorfilms Tribut zollt, weil sie auch den Strukturalismus bedienen, den man leichtfertig als klischiert und obligatorisch bezeichnen kann.

Und sicherlich bedient The Strangers: Opfernacht Klischees und Konventionen, aber konsequent aus dem Antrieb der Ehrerbietung heraus – und das gelingt Johannes Roberts mit ungeheurerer Stilsicherheit. Die Poolszene, in der die Kamera durch die neongrelle Beleuchtung der Anlage ein surreales Lichtermeer einfängt und behände über- und unterhalb der Wasseroberfläche umherspringt, während sich Luke mit dem Man in the Mask zum kraftstrotzenden Gesang von – wie sollte es anders sein – Bonnie Tyler einen unerbittlichen Kampf auf Leben und Tod leistet, zählt zweifelsohne zu den eindrucksvollsten und stimmungsvollsten (Horror-)Sequenzen der letzten Zeit, die die Qualitäten des Films auf den Punkt bringt. Mag The Strangers: Opfernacht auch keine neuen Wege der Angst kultivieren, nicht zuletzt durch sein Wohnwagenpark-Setting aber erschließt er größere Räume und damit auch reichhaltigere Möglichkeiten.

Wird geladen...