Inhalt
Zielstrebig und auf westlichem Kurs segelt Columbus einem unbekannten Land entgegen. Er hofft Indien zu finden und landet nach einer gefährlichen Reise auf der Insel Guanahani, einem Paradies vor der Küste Südamerikas. Doch der Eindruck täuscht: Hurrikans, Brände, Aufstände, sinnlose Ausbeutung und Brutalität beherrschen das Land. Am spanischen Hof fällt Columbus in Ungnade. Mit einer Schiffsflotte ist man bereits unterwegs ihn zu verhaften; ein gewisser Amerigo Vespucci entdeckt vor ihm das Festland und er selbst wird nach seiner Rückkehr nach Spanien ins Gefängnis geworfen. Die Eroberung des Paradieses endet für Columbus mit Verachtung und Enttäuschung. Auch nach seiner Begnadigung durch Königin Isabella und einer weiteren Expedition geben seine Widersacher keine Ruhe, ihn und seine Entdeckung zu verleugnen…
Kritik
Da inszenierte der inzwischen schon zum Ritter geschlagene Ridley Scott mit Alien und Blade Runner zwei Filme, die ihm vollkommen zu Recht den Status eines Visionärs einbrachten und legte schließlich noch den Klassiker Thelma & Louise Anfang der 1990 er Jahre nach, der seinen renommierten Ruf erneut betonierte. Ein Publikumsmagnet war Ridley Scott indessen allerdings nie und seine Filme mussten sich aus kommerzieller Sicht schon so manches Mal als rigorose Flops deklarieren lassen – Selbst Blade Runner wurde seiner Zeit großzügig umgangen, was verdeutlicht, dass der Misserfolg an den Kinokassen nicht auf die womöglich despektierliche Qualität des Endprodukts zurückzuführen ist. Es gab aber auch Jahre, in denen Ridley Scott seiner Topform, die sich natürlich auch aus den Drehbüchern herauskristallisierte, aus vergangenen Tage kläglich hinterher eiferte, es aber maximal nur zu besserem Durchschnitt reichen wollte: Ob Der Mann im Hintergrund oder auch White Squall. Optisch immer auf der Höhe, inhaltlich zumeist grob fahrlässig.
So auch 1492 – Die Eroberung des Paradieses, der 1992 anlässlich des 500. Jahrestages der „Entdeckung“ Amerikas in die Kinos kam. Man möchte das Missglücken des Films auf die Unerfahrenheit der Drehbuchdebütantin Roselyne Bosch zurückführen, die Christoph Kolumbus und den Mythos seiner Person vollkommen unreflektiert frönt, in dem sie den Charakter Kolumbus' von allen Ecken und Kanten befreit, um ihn als tadellosen Idealisten im hellsten Licht erstrahlen zu lassen. Natürlich fungiert Ridley Scott wie bei all seinen Abstechern in die internationale Historie mit geschichtlicher Achtlosigkeit, in dem das jeweilige Skript der Dramaturgie willen Fakten verfälscht respektive trivialisiert und die thematischen Schwerpunkte von Kolumbus' Expedition wie auch ihre für die gesamte Menschheit signifikanten Folgen in Bezug auf die Einleitung der Kolonialisierung Amerikas ideologisch verschiebt: 1492 – Die Eroberung des Paradieses versteht sich als astreine Legendenbildung und für all die bestialischen Zwischentöne gehen von der Figur des Michael Wincott aus, während Kolumbus der Humanist bleibt, der eine gleichberechtigte „Neue Welt“ errichten möchte.
1492 – Die Eroberung des Paradiesses ist zeitweise so schnaubend langatmig und drückt die Geschichte Kolumbus' in plump proportionierte Etappen, in der sich der Film zu sehr auf das Zusammensein der Einheimischen und der Spanier fokussiert, die Parabel über die Bestie Mensch innerhalb der Kolonialisierung nur leidlich nachlässig anschneidet, um im letzten Drittel dann auf reißerisches Gemetzel zu setzen. Dass es Kolumbus damals genauso um das Gold und die Missionierung der Indios ging und er im Umgang mit diesen bei Wiederworten wenig zimperlich reagierte, wird von 1492 – Die Eroberung des Paradieses durchweg unter den Teppich gekehrt. Die visuelle Klasse aber bleibt bestehen und Ridley Scott weiß, wie er Szenen inszenieren muss, damit sich die Bilder auch wirklich in das Gedächtnis brennen. So verwaschen der Film auch sein mag, wenn die Schiffe in See stechen und Vangelis imposant-pathetisches Conquest Of Paradise ertönt, dann ist Gänsehaut angesagt. Ansonsten bleibt 1492 – Die Eroberung des Paradieses ein befremdlich unausgegorener und gefühlloser Film.
Fazit
Unreflektierter, langatmiger und oftmals unbeholfen erzählter Eroberungspathos, der Kolumbus gnadenlos von allen Reibungspunkten befreit und zum heldenhaften Begründer der Neuen Welt erklärt. Das ist natürlich nicht nur zu wenig, letztlich ist diese Auffassung auch vollkommen falsch. Wenn Ridley Scott allerdings sein inszenatorisches Vermögen auspackt, fesselt "1492 - Die Eroberung des Paradieses" ungemein und generiert erhabene Bilder, für die Vangelis kraftvoller Score wie gemacht schein.
Autor: Pascal Reis