Wegen Corona ist es nicht mehr so auffällig, wenn ein Kinostart mehrfach verschoben wird. Das gehörte über zwei Jahre lang zum guten und sicheren Ton der Leinwand dazu und auch wenn sich vieles wieder normalisiert hat, entfachen wiederholte Startverschiebungen von einem Titel kein allzu großen Warnsignale mehr. Der Release von 65 wurde immer wieder umdatiert, was wie gesagt nichts heißen muss. Was aber dann schon stutzig machte, war die Tatsache, dass Sony keinerlei Pressevorführungen veranstaltete. Das kennen wir ansonsten von Til Schweiger. Selbst kleinste Titel oder übergroße Blockbuster, die im Grunde keine Vorab-Sichtungen nötig hätten, weil die breite Masse eh ins Kino pilgert, bekommen Pressevorführungen. Warum 65 nicht? Diese Kritik kann und wird diese Frage nicht beantworten und sein wir ganz ehrlich, der Otto-Normal-Zuschauer kümmert sich (berechtigterweise) auch nicht darum. Aber dieser Verzicht auf Pressearbeit lässt gehörig die Alarmglocken erklingen. Ist 65 vielleicht einfach ein sehr, sehr schlechter Film?
Auf dem Papier wirkt 65 jedenfalls wie eine erholsame Abwechslung. Solche Mid-Budget-Produktionen schaffen es seit einiger Zeit kaum noch in die Kinos. Für solche Titel gibt es heutzutage Streaming. Das Kino ist für kostengünstige oder unglaublich teure Unterhaltungsvehikel reserviert. Werke, die sich entweder sehr ernst nehmen, oder so oft mit dem Auge zwinkern, bis sich die Netzhaut ablöst. 65 ist anders. Er nimmt sich ernst, erzählt aber eine triviale Geschichte, die aus dem Lehrbuch für B-Movies stammt: Astronaut von einem fremden Planeten legt Bruchlandung auf der Erde von vor 65 Millionen Jahren hin und muss gemeinsam mit einem Mädchen, die einzige, die neben ihm überlebt hat, zum Rettungsschiff wandern. Der Weg ist übersät von tödlichen Gefahren: hungrige Dinosaurier, giftige Pflanzen und Insekten und oben am Himmel droht bereits ein Asteroid.
Ganz ehrlich, die Handlung ist famos. Schon lange gab es keinen Film mehr, der technisch so solide bis sehr gut, solch eine Geschichte ins Kino (!) brachte. Dazu ist die 65 mit gerade einmal 93 Minuten auch erfrischend kurz und zielstrebig. Die Startverschiebungen und die fehlende Pressearbeit machten stutzig, aber die Beschreibung des Films lässt hingegen hoffen. Nicht zu vergessen, dass mit Adam Driver (Weißes Rauschen) ein wandlungsfähiger, talentierter Mime ganz vorne mit dabei ist, während die Regie vom Duo Scott Beck und Bryan Woods übernommen wurde. Die machten sich zunächst als Autoren von A Quiet Place einen Namen und inszenierten dann mit Halloween Haunt einen einfachen, aber effektiven Terror-Streifen. Beide Werke, die deutlich zeigen, dass die Beiden ein Herz für B-Movies haben. Das pocht auch bei 65 sehr laut, aber es reicht nicht aus, um eine Empfehlung auszusprechen.
65 ist keineswegs ein Ärgernis oder eine Katastrophe. Wirklich gelungen ist er allerdings auch nicht. Sein größtes Problem ist es, dass nichts so richtig funktioniert. Das liegt daran, dass Scott Beck und Bryan Woods immer mal wieder schöne Settings und Momente kreieren, diese aber nicht konsequent nutzen. Wenn Pilot Mills und seine Gefährtin Koa (Ariana Greenblatt, Avengers: Infinity War) in eine Höhle flüchten, lässt sich rasch erahnen, welche klaustrophobische Schrecken hier lauern. Aber es wird nichts daraus gemacht. Tatsächlich gibt es keine einzige der unzähligen Bedrohungssequenzen, die nicht über Teilaspekte verfügen, die neugierig machen, die mehr versprechen, als das, was dann geliefert wird, was meist nur aus wegrennen, schießen und dem Einsatz irgendeines High-Tech-Gadgets besteht.
Als Topping gibt es dann noch emotionalen Ballast, den Mills fleißig mit sich trägt und der vermutlich dafür sorgen soll, dass wir die aufkeimende Vater-Tochter-Beziehung zwischen ihm und Koa abkaufen. Problem: Beide trennt eine Sprachbarriere und was anfänglich interessant ist, verkommt schnell zum nervtötenden Hindernis, wobei es angezweifelt werden darf, ob selbst ohne diese Hürde funktionierende Dialoge zu Standen gekommen wären. Es ist schade, dass Scott Beck und Bryan Woods auf der einen Seite versuchen, konzentriertes Sci-Fi-Survival-Abenteuer-Kino abzuliefern, nur um es mit monotoner Dramaturgie zu torpedieren. Das Ergebnis ist ein Film, der alle Karten für gute B-Movie-Unterhaltung in der Hand hält, aber dann doch immer wieder sich dafür entscheidet stattdessen Mikado zu spielen. Der leicht ähnlich gelagerte Outlander bot 2008 das bessere Komplettprogramm.