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Quelle: themoviedb.org

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Afrika. Mitte der 60er-Jahre. Zeit der Dekolonisation. Der Mau-Mau-Krieg, die Revolution von Sansibar. Der Dokumentarfilm Africa Addio ist mittendrin im Geschehen. Die Filmemacher Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi (Mondo Cane) zeigen einen Kontinent im gewaltigen politischen Umbruch: Bürgerkriege, Völkermord, Apartheid. Mit erschreckend expliziten Bildern wird in Africa Addio ein filmhistorisch einzigartiges Bild realer Gewalt gezeichnet.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Ein kleiner schwarzer Junge steht vor einer Wand. Die Gewehre kongolesischer Söldner richten sich auf ihn. Schüsse. Dann fällt er zu Boden. Es ist ein Bild von unvorstellbarer Grausamkeit, das die Filmemacher Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi dem Zuschauer präsentieren. Ihre Kamera empfindet keine Scham; sie steht teilnahmslos daneben und sieht zu. Diese schockierende Szene machte Africa Addio weltberühmt und sorgte dafür, dass Regisseur Gualtiero Jacopetti wegen Beihilfe zu dreifacher vorsätzlicher Tötung angeklagt wurde. Es ist eine Szene, die man einmal gesehen nie vergessen wird und uns, obwohl Jacopetti später juristisch freigesprochen wurde, vor die grundsätzliche Frage stellt: Welche Verantwortung trägt ein Filmemacher für die reale Gewalt, die er zeigt? Africa Addio liefert darauf keine Antwort, sondern bedient lediglich einen vulgären Voyeurismus.

Dutzende, wenn nicht hunderte Tiere werden in diesem Film getötet. Tausende Leichen liegen hier auf den Feldern. Die Brutalität dieser Bilder ist nur schwer zu ertragen, ihre reißerische Zurschaustellung macht sie unerträglich. Als klassischer Vertreter des Mondo-Genres macht sich Africa Addio zur Aufgabe, die Lebensrealität fremder Kulturen, deren vermeintliche Grausamkeit und Zivilisationsferne mit expliziten (pseudo)dokumentarischen Bildern in westliche Kinosäle zu holen. Er will uns wachrütteln und schockieren. Sieh hin! Das ist das echte Leben! Du da im Kinosaal weißt doch gar nicht mehr, wie grausam ein Krieg sein kann. Hatte eine solche Botschaft Mitte der 60er-Jahre in einer eskapistischen westlichen Nachkriegsgesellschaft noch eine gewisse subversive Kraft, lässt sie uns heute doch eher ratlos zurück. Man sollte es heute eher als zivilisatorischen Fortschritt verstehen, dass wir dieses scheußliche Leben im Krieg fast nicht mehr kennen.

Die Darstellung der dekolonisierten afrikanischen Gesellschaft löst nicht nur in heutigen, sensibilisierten Zeiten Unbehagen aus; bereits in seinem Erscheinungsjahr 1966 folgten auf die Veröffentlichung von Africa Addio zahlreiche Proteste und Boykottaufrufe, nicht nur wegen der expliziten Darstellung realer Gewalt – es ist im Besonderen das Narrativ der hilflosen afrikanischen Gesellschaft, die mit dem Abzug der Kolonialmächte in die Barbarei zurückfällt, welches die Zuschauer schockierte. Der Afrikaner ist fremd, animalisch, zivilisationsfern. Immer wieder zeigen uns die Filmemacher schwarze Gesichter, in denen das vermeintlich Fremde zur Geltung kommen soll. Man sieht buckelige Nasen, schiefe Zähne, verschwitzte dunkle Haut. Dabei werden klassisch rassistische Narrative verbreitet. Gerade die extremen Großaufnahmen der „fremden“ Gesichter suchen nach Unterschieden, nach feinen Differenzen, die uns von ihnen trennen. Es ist ein herabschauender Blick, der seinen offenen Rassismus nur sehr schwer verheimlichen kann.

Africa Addio ist ein schockierender Meilenstein der Filmgeschichte, der einen entscheidenden Beitrag zur Entstehung des Kannibalenfilms und des Exploitationkinos der 70er-Jahre beigetragen hat. Er machte die explizite Darstellung brutaler Gewalt salonfähig und ist somit ein wichtiger historischer Wendepunkt des Genrekinos.

Fazit

Die Filmemacher Gualtiero Jacopetti und Franco Prosperi haben mit ihrem (Pseudo)dokumentarfilm „Africa Addio“ einen schockierenden Meilenstein der Filmgeschichte geschaffen, dessen rassistisches Grundnarrativ bereits in den konservativen 60er-Jahren auf Entsetzen stieß. Er beeindruckt als schonungsloses Zeitdokument und ist abstoßend in seiner kolonialistischen Weltanschauung. Eine Ambivalenz, die nur sehr schwer zu ertragen ist.

Kritik: Kevin Gensheimer

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