Inhalt
„Armee der Finsternis“ beginnt im Grunde genommen genau dort, wo der Vorgänger „Evil Dead II“ sein unrühmliches Ende gefunden hat. Nachdem Ash (Bruce Campbell in der Rolle seines Lebens) ohne rechten Arm, dafür aber mit aufsteckbarer Kettensäge, abgesägter Schrotflinte und einem beigen Oldsmobile 88 durch eine Art Zeittunnel ins Mittelalter transportiert worden ist, sieht er sich ein weiteres Mal dazu genötigt den Ausgeburten der Hölle entgegenzutreten. Um diese zu besiegen und wieder ins 20ste Jahrhundert zurückkehren zu können, muss Ash bis zu einem verfluchten Friedhof vordringen, eine spezielle Zauberformel sprechen (Klaatu verata nicto) und das Necronomicon entwenden. Wie zu erwarten eine schier unlösbare Aufgabe für den großspurigen Haushaltswarenverkäufer.
Kritik
Bruce Campbell vs. Army of Darkness
Bereits zwei Jahrzehnte bevor Sam Raimi mit seiner „Spiderman“-Trilogie der menschlichen Spinne neues Leben einhauchen sollte, revolutionierte der damals gerade einmal 21jährige beinahe im Vorbeigehen das (Low-Budget-)Horrorgenre mit dem phänomenalen 350.000 Dollar Streifen „The Evil Dead“. Dank einiger ungemein brutaler Goreszenen, einer packenden Atmosphäre und nicht zuletzt eines sensationellen Hauptdarstellers, entwickelte sich um das 1981 fertiggestellte Independent-Projekt binnen weniger Jahre ein unvergleichlicher Kult. Dieser wiederum sorgte dafür, dass Sam Raimi 1987 mit „Evil Dead 2: Dead by Dawn“ eine deutlich höher budgetierte Mischung aus Remake, Neuinterpretation und Fortsetzung seines Erstlings in die US-Kinos bringen konnte. Wo Teil Eins der Trilogie noch als ernstgemeinter Horrorschocker zu verstehen war, wurde „Evil Dead II“ (obwohl thematisch nahezu deckungsgleich) bereits mit einem deutlich erkennbaren satirischen Unterton versehen. Weitere fünf Jahre später setzte Regisseur Sam Raimi der Evil-Dead-Reihe mit der Fantasy-Horror-Groteske „Army of Darkness“ die komödiantische Krone auf und festigte damit deren Kultstatus. Dieser ungemein trashige, eindeutig auf seinen Hauptdarsteller Bruce Campbell alias Ashley J. Williams zugeschnittene Streifen, erschien Ende April in Deutschland bei Koch Media als knapp acht Minuten verlängerte Director’s Cut Version auf Blu-ray und DVD.
„Armee der Finsternis“ bildet den Abschluss der „Evil Dead"-Trilogie, die sich mit jedem Teil mehr von seinen brutal blutigen Wurzeln entfernt und Schritt für Schritt in Richtung Horrorkomödie weiterentwickelt hat. In Teil Eins dominieren noch entstellte Gesichter, durchbohrte Fersen, abgehackte Köpfe und vergewaltigenden Bäumen die Szenerie – wobei die düstere Grundstimmung nur durch unfreiwillige Komik unterbrochen wird. In Teil Zwei sind es bereits überzeichnet inszenierte Halluzinationen von lachenden Einrichtungsgegenständen und eine am Armstumpf angebrachte Kettensäge, die am deutlichsten im Gedächtnis bleiben. Trotz einiger humoristischer Ausreißer, überwiegt jedoch weiterhin eine äußerst bedrohliche Atmosphäre. Mit Teil Drei der Reihe vollzieht Regisseur Sam Raimi endgültig den Schritt vom dämonischen (Geister-)Terror zur reinrassigen Horrorkomödie, die ihre prägendsten Momente immer dann hat, wenn sich Bruce Campbell Slapstick-mäßig so richtig austoben darf. Diese Entscheidung trägt (rückblickend betrachtet) mit Sicherheit zum Kultstatus der Reihe bei, verhindert im selben Moment jedoch auch ein Erreichen jener immensen (Independent‑)Horrorqualitäten seiner beiden Vorgängerteile.
„Armee der Finsternis“ unterscheidet sich von den beiden vorangegangenen Teilen jedoch nicht nur durch seine Ausrichtung als Horrorkomödie sondern auch durch die Transformation des gewohnten Handlungsumfeldes der Hauptcharaktere. Wo in Teil Eins und Zwei noch eine alte Hütte in den Wäldern für die Einbettung diverser Gore-Szenen herhalten musste, ist es im Fall des dritten Teils eine ausufernde mittelalterliche Landschaft. Neben einer beeindruckenden Festung zählen unter anderem auch eine verwunschene Mühle, ein düsteres Waldstück und ein heruntergekommener Friedhof zu den Kulissen dieser Dark-Fantasy-Comedy. Im Zuge dessen gesellen sich in „Armee der Finsternis“ zu den gewohnt fantastischen Kamerafahrten und ebenso eigenwilligen wie untypischen Perspektivenwechseln der ersten beiden Streifen, auch etliche ausschweifende Panoramaaufnahmen.
Weiters müssen an dieser Stelle auch die wirklich außerordentlich gut gelungenen, eindeutig an das Werk des erst kürzlich verstorbenen Visual-Effects-Großmeisters Ray Harryhausen angelehnten, Stop-Motion-Animationen der wiederbelebten Skelette erwähnt werden. Gerade zu einem Streifen der sich dem trashigen Genre der Horrorkomödie verschrieben hat, passt diese Animationsform wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Selbst unter heutigen Gesichtspunkten betrachtet, wirkt der Angriff der liebevoll ausgestatteten und danach ebenso liebevoll in die Luft gesprengten Skelettarmee beeindruckend. Dank eines Budgets von kolportierten 13 Millionen Dollar konnte Sam Raimi ganz offensichtlich aus dem Vollen schöpfen, was wiederum sicherlich zur Steigerung von Verwertbarkeit und Mainstream-Tauglichkeit der Produktion beigetragen hat. Im Zuge dessen hat der „Drag Me to Hell“-Regisseur jedoch auch die düster nihilistische Grundstimmung von „Evil Dead“ endgültig ad acta gelegt und gegen eine leichter verdauliche Wohlfühlatmosphäre ausgetauscht.
Die Hauptattraktion von „Armee der Finsternis“ ist jedoch ohne Zweifel Bruce Campbell, welcher den Charakter Ashley J. Williams mit einer Hingabe verkörpert, die Ihresgleichen sucht. Bereits in „Evil Dead II“ konnte der sympathische Amerikaner seine komödiantische Ader unter Beweis stellen, wobei diese wenigen Szenen nur einen Bruchteil dessen erahnen lassen, was der spätere Elvis Presley (in Don Coscarellis genialem „Bubba Ho-tep“) im letzten Teil der Trilogie zu bieten hat. Ähnlich seiner Solo-Performance im direkten Vorgänger – in dem er unter anderem gegen seine besessene Hand antreten musste – spielt er sich auch in „Armee der Finsternis“ in nahezu jeder einzelnen Szene in den Vordergrund. Ein Kampf gegen Miniversionen seiner selbst sticht dabei ebenso deutlich hervor, wie ein Geplänkel gegen drei Necronomicons am verfluchten Friedhof. Diese einzigartige Leinwandpräsenz von Campbell und der immer größerer Hype um den Charakter Ash führten zu dutzenden Marketing-Ablegern abseits der Filmindustrie wie Comics, Actionfiguren sowie Computerspielen und T-Shirts.
Fazit
„Armee der Finsternis“ ist eine überaus unterhaltsame Mischung aus Dark-Fantasy und trashiger Horrorkomödie, die durch eine tolle Effektarbeit, eine gewohnt routinierte Inszenierung und einen perfekt besetzten Hauptdarsteller zu Recht Kultstatus genießt. Im Vergleich zu den ersten beiden Teilen der „Evil Dead“-Trilogie sinkt „Army of Darkness“ qualitativ jedoch trotzdem etwas ab, da Sam Raimi die vertraute Mischung aus Splatter, Kreativität und bösartigem Humor gegen eine marketingtauglichere Wohlfühlatmosphäre eingetauscht hat.
Autor: Christoph Uitz