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Diesen Sommer kehren die beliebtesten bösen Jungs der Welt zurück mit ihrer inzwischen ikonischen Mischung aus atemberaubender Action und unverschämtem Witz. Doch dieses Mal ist etwas anders: Diesmal sind die besten Jungs, die Miami zu bieten hat, auf der Flucht.
Kritik
Böse Zungen könnten behaupten, der eigentliche Grund für die Existenz von Bad Boys: Ride or Die sei, dass Will Smith sein Sonnyboy-Image zurückgewinnen will, das er seit dem Oscar Slap von 2022 verloren hat. Daran ist sicherlich viel Wahres. Klar ist jedoch auch, dass die Bad Boys-Reihe zu den erfolgreichsten R-Rated-Actionfilmen Hollywoods gehört. Selbst wenn zwischen Bad Boys II und Bad Boys for Life stolze 16 Jahre lagen, fällt die Wartezeit bis zum vierten Teil mit fünf Jahren eher kurz aus.
Der dritte Teil positionierte einige neue Figuren, die durchaus für eine Übergabe des Staffelstabs geeignet schienen. Das Thema des Alterns wurde bereits in Bad Boys for Life thematisiert und wird auch im vierten Teil fortgeführt. Ansonsten nutzt der neue Film die im Vorgänger etablierten Ansatzpunkte nur bedingt. Das große Team rund um Vanessa Hudgens und den Vikings-Star Alexander Ludwig existiert noch, wurde aber deutlich verkleinert – personell wie plottechnisch. Sehr seltsam: Will Smiths Figur Mike Lowrey heiratet endlich, aber nicht die Polizistin Rita (Paola Nuñez, Der Untergang des Hauses Usher), die bereits eine größere Rolle in Bad Boys for Life hatte, sondern eine für das Publikum völlig unbekannte Figur. Logisch, dass Mrs. Lowrey im Laufe der Handlung als Druckmittel benutzt wird.
Das Drehbuch von Will Beall und Chris Bremner ist nicht gerade elegant, wenn es darum geht, zu verbergen, welche Konflikte wo und wie aufgebaut werden. Problematisch ist, dass solche menschlichen Plot Devices, von denen es hier mehr als eine gibt, entsprechend gut in die Geschichte eingebettet werden müssen. Hier versagt Ride or Die total. Egal, ob es Mikes (namenlose?) Ehefrau oder die von Rhea Seehorn (Better Call Saul) gespielte Tochter des getöteten Captain Howard ist – sie alle sind nur Mittel zum Zweck. Der Zweck heiligt die Mittel? Nicht, wenn die angewandten Mittel so durchschaubar und austauschbar sind wie hier.
Auch bei der Action wagt sich der Film nicht aus seiner Komfortzone heraus – was in diesem Fall aber gar nicht so schlimm ist. Das belgische Regie-Duo Adil El Arbi und Bilall Fallah, deren Film Rebel - In den Fängen des Terrors immer noch unter dem Radar fliegt, vertraut darauf, die Ästhetik ihres Vorbilds (?) Michael Bay so gut es geht zu imitieren, fügt aber immer wieder eigene Akzente hinzu. Diese wirken zwar manchmal aufgesetzt und ein wirklicher Mehrwert erschließt sich nicht, aber dadurch entsteht zumindest eine Dynamik, die einen wach hält. Besonders interessant: Nach Bays Ambulance nutzen nun auch El Arbi und Fallah Drohnen in Actionszenen – nicht nur als Werkzeug, sondern als Bestandteil der Action selbst!
Ansonsten gibt es wirklich keine Facette an Bad Boys: Ride or Die, die von den üblichen Schemata abweicht. Business as usual. Frei vom überdrehten Wahnsinn eines Michael Bays, aber zum Glück auch entkernt von dessen menschenverachtendem Zynismus. Der vierte Teil gönnt sich – in einer seiner besten Szenen – sogar eine Art Wiedergutmachung. Im Spotlight steht dabei Marcus’ Schwiegersohn Reggie (Dennis Greene), der in den Filmen zuvor nur dazu diente, heruntergemacht zu werden. Im neuen Teil darf er kurz glänzen. Auch wenn dieser Glanz nach scheinheiligem Patriotismus mieft.
Bedauerlicherweise sind Will Smith und Martin Lawrence weiterhin im Fokus der Aufmerksamkeit. Was schade ist, denn die im dritten Teil aufgebauten potenziellen Nachfolger erweisen sich als spannendere Charaktere als die titelgebenden Bad Boys. Diese sind auch im höheren Alter keine sonderlich charmanten Figuren. Ihre Interaktionen miteinander sind sauberes Dialog-Tennis, aber auch nicht mehr. Es wirkt teilweise fast schon schizophren, wenn diese sturen Alpha-Männer unironisch phallisch agieren, nur um kurze Zeit später so zu tun, als ob es Dinge außerhalb ihres Ich-Äquators gibt, die sie tatsächlich tangieren.
Immerhin: Nach dem Ende von Teil vier dürfte klar sein, dass die bösen Jungs wiederkehren werden. Dies bestätigten Lawrence und Smith bereits in einem Interview mit The Hollywood Reporter. Ihre potenziellen Nachfolger, darunter Jacob Scipio (The Expendables 4) als Mikes Sohn Armando, sind diesmal jedoch wesentlich besser für zukünftige Einsätze in Stellung gebracht als noch im dritten Teil.
Wer und mit wem es im potenziellen fünften Teil weitergeht, wird das Box Office entscheiden, das zuletzt wenig gnädig zu Actionfilmen war. Auf der anderen Seite wirkt Bad Boys: Ride or Die im positiven Sinne selbstsicher und im negativen Sinne vorhersehbar. Es ist gut möglich, dass sich auch der vierte Teil an den Kinokassen behaupten wird. Ob er das verdient hat, steht auf einem anderen Blatt. Es würde aber beweisen, dass es immer einen großen sowie offenen Markt für Routine gibt.
Fazit
Weit entfernt vom menschenverachtenden Zynismus früherer Tage, bietet "Bad Boys: Ride or Die" eine routinierte Abarbeitung der Erwartungen. Das Regie-Duo Adil El Arbi und Bilall Fallah tobt sich dabei ordentlich aus, was aber nicht wirklich verschleiern kann, dass das Sequel trotz allerlei Kunstgriffen auf sehr plattgetrampelten und reaktionären Pfaden unterwegs ist.
Autor: Sebastian Groß