7.2

MB-Kritik

Blink Twice 2024

Mystery, Thriller

7.2

Naomi Ackie
Channing Tatum
Alia Shawkat
Christian Slater
Simon Rex
Adria Arjona
Haley Joel Osment
Liz Caribel Sierra
Levon Hawke
Trew Mullen
Geena Davis
Kyle MacLachlan
Cris Costa
María Elena Olivares
Saul Williams
Tiffany Persons

Inhalt

Frida ist eine junge Kellnerin in Los Angeles, die ein Auge auf den Technologie-Unternehmer Slater King geworfen hat. Als sie die Gelegenheit bekommt, an einem intimen Treffen auf seiner Privatinsel teilzunehmen, spürt Frida, dass mehr dahintersteckt, als es den Anschein hat.

Kritik

' Regiedebüt Blink Twice wirft nicht nur stilistisch, sondern auch thematisch gewichtige Fragen auf. Die drängende Überlegung, ob dieser Film lange vor den Enthüllungen rund um Jeffrey Epstein konzipiert wurde oder erst in deren Schatten entstand, lädt bereits vorab zu intensiven Diskussionen ein. Unbestreitbar steht jedoch die Thematik des Epstein-Skandals im Mittelpunkt dieses sommerlichen Thrillers mit komödiantischen Untertönen. Kravitz' Werk entzieht sich jeglicher Beliebigkeit und konfrontiert das Publikum unverblümt mit den Abgründen von Macht und Missbrauch.

Channing Tatums Darstellung des Tech-Milliardärs Slater King, der seine Entourage auf einer abgeschiedenen Privatinsel mit Alkohol und Drogen versorgt, lässt unweigerlich Assoziationen zur realen Figur Epstein aufkommen. Die Parallelen sind offensichtlich und dienen als eindringliche Untermalung der filmischen Erzählung. Blink Twice präsentiert sich als High-Concept-Thriller, der seine Wut und seine politische Botschaft erfrischend unverhohlen zur Schau stellt. Kravitz, die nicht nur Regie führte, sondern auch am Drehbuch mitschrieb, inszeniert eine Geschichte, die durch ihre visuelle Kraft ebenso besticht wie durch ihre mutigen stilistischen Sprünge. Zwar benötigt der Film anfangs etwas Zeit, doch sobald die ersten Risse in der idyllischen Fassade sichtbar werden, entladen sie sich mit der Schärfe von Schrapnellsplittern. Die anfänglich sonnige und scheinbar heitere Atmosphäre verwandelt sich in eine albtraumhafte Vision, die trotz ihrer Übertreibung nie den Kontakt zur Realität verliert.

Inmitten der Genre-Konventionen von Thriller, Komödie und Horror bleibt Blink Twice ein messerscharfer Kommentar zu vergangenen und gegenwärtigen Formen der Machtverehrung und des Machtmissbrauchs. Kravitz gelingt es, eine Erzählung zu schaffen, die nicht nur unterhält, sondern auch herausfordert und provoziert. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hierfür ist die Inszenierung einer brutalen Gewalttat, die durch das Klacken einer goldenen Kette mit Kruzifix eingeleitet wird. Diese Szene steht exemplarisch für eine der zentralen Aussagen des Films: Wir vergeben nicht, wir vergessen. Sowohl Geld als auch Glaube dienen als Opium fürs Volk, das uns für die dahinterliegende Wahrheit blind macht. Kravitz findet hierfür visuell kraftvolle, jedoch nie übermäßig verschachtelte Bilder, die ihr Regiedebüt umso beeindruckender machen.

Trotz dieser tiefgreifenden Thematik verliert Kravitz nie den Unterhaltungswert aus den Augen, was auch durch die starken schauspielerischen Leistungen unterstützt wird. (I Wanna Dance With Somebody) brilliert in der Hauptrolle mit einer beeindruckenden Bandbreite, während das Drehbuch von Kravitz und E.T. Feigenbaum geschickt vermeidet, in die Klischees des Trash-TV abzugleiten, wenn es um die angebliche Konkurrenz auf der Insel zwischen den Damen geht. Selbst die auf den ersten Blick stereotypen Figuren auf der Partyinsel erhalten eine zweite Ebene, die das Publikum immer wieder herausfordert, seine Wahrnehmung zu hinterfragen. Die klassische Thriller-Formel „Nichts ist so, wie es scheint“ wird hier meisterhaft ausgespielt und mit zahlreichen Details angereichert. Warum beispielsweise isst eine Figur immer wieder gekochte Eier? Und welche Bedeutung hat der rote Sessel, der nie an der richtigen Position steht? Antworten? Die gibt es, werden aber nicht alle einfach so enthüllt.

Blink Twice ist voll von Symbolen, die entweder im Zentrum der Aufmerksamkeit stehen oder erst allmählich ihre Wirkung entfalten – vielleicht auch, weil wir es nicht anders gewohnt sind? Ein anschauliches Beispiel hierfür ist der omnipräsente Drogen- und Alkoholkonsum. Nach dem dritten oder vierten Party-Tag stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Figuren jemals etwas anderes als Alkohol konsumieren. Die Champagnergläser füllen sich scheinbar von selbst, die Joints und Glückspillen sind unaufhörlich verfügbar. Es gibt keine Pausen, es gibt nur Party. Kravitz gelingt es, die anfängliche Euphorie des Feierns in eine bedrückende Stagnation zu überführen und beweist damit erneut, dass sie ihr beeindruckendes Regiedebüt mit viel bösem Witz und einer klaren Agende gesegnet hat, die unübersehbar wird, je länger der Film geht.

Fazit

Mit kraftvoller Bildsprache und couragierten stilistischen Entscheidungen bietet das Regiedebüt von Zoë Kravitz  eine fesselnde Mischung aus düsterem Thriller und bissiger Satire. Ein  raffinierter Spaß, der seinen Unterhaltungswert ebenso gekonnt steigert  wie seine scharfe Gesellschaftskritik.

Autor: Sebastian Groß
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