6.6

MB-Kritik

Dead Bang -Kurzer Prozess 1989

Action, Drama, Crime, Thriller – USA

6.6

Don Johnson
Penelope Ann Miller
William Forsythe
Bob Balaban
Frank Military
Tate Donovan
Antoni Stutz
Mickey Jones
Ron Campbell
William Traylor
Hy Anzell
Michael Jeter
Tim Reid
James B. Douglas
Brad Sullivan
Phyllis Guerrini

Inhalt

Detective Jerry Beck jagt einen Cop-Killer, der nach einem Raubüberfall einen Streifenpolizisten förmlich hingerichtet hat. Die Ermittlungen führen ihn nicht nur vom sonnigen Kalifornien ins kalte Oklahoma, sondern ungeahnt auch auf die Spur einer rassistischen Organisation.

Kritik

„Wenn man mich abzieht von diesem Fall – nur weil Sie aussehen wie Woody Allen –, kann man mich nicht dafür verantwortlich machen, was ich tun werde!“

In der noblen Unterkunft von Jerry Beck (Don Johnson, Cold in July) – einem heruntergekommenen Motel-Zimmer – stapeln sich die unbezahlten Rechnungen, gekrönt von der richterlichen Verfügung, sich von seinen Kindern fernzuhalten. Es ist einiges schiefgelaufen beim Ermittler der Mordkommission, der öfter den Boden der Flasche sieht als ein Licht am Ende des Tunnels. Ein bewaffneter Überfall, den ein Ladenbesitzer nur knapp überlebte und somit mehr Glück hatte als der überrumpelte Streifenpolizist, bei dem der flüchtige Verdächtige ganze Arbeit leistete, bringt ihn unfreiwillig wieder in die Spur. Denn wenn alle nur Korinthen kacken und keiner etwas riskieren mag, ist der Mann auf dem Boden mit dem Luxus der geringen Fallhöhe ausgestattet.

Wenig bekannter bzw. kaum wertgeschätzter B-Reißer von Actionfilm-Veteran John Frankenheimer (Ronin), der sich dankbar an Stereotypen und Klischees langhangelt, aber (gerade) dadurch und seine kompetente Umsetzung als ruppig-zynischer Beitrag zum Genre nicht viel falsch macht. Don Johnson konnte sich nie richtig von seinem Miami Vice-Image lösen, auch wenn er Ende der 80er, Anfang der 90er ein paar ordentliche Anläufe startete, denen nie der große Erfolg zu Teil wurde. Dead Bang – Kurzer Prozess ist simpel, zweckdienlich strukturiert, deshalb noch lange nicht ein Werk von der Stange. Ein Mann am persönlichen Tiefgrund stößt in ein geheimes Wespennest, wirbelt Staub auf und weil niemand ihn und die Situation wirklich ernst nehmen will, muss er den Scheiß halt selbst regeln. Wenn nötig, auch auf die harte Tour. Klingt furchtbar reaktionär, ist es gar nicht mal so. Denn was passieren kann, wenn man paramilitärische Hassverbrechen nicht als solche erkennt, hat man auch bei uns in jüngster Vergangenheit erst verschämt eingestehen müssen.

Neben dem schwülen und ebenfalls fast untergegangenen Erotik-Thriller Hot Spot – Spiel mit dem Feuer dürfte das DIE Leading Role von Don Johnson sein. Der gammelige Typ mit der derangierten Brille, den 18,50 $-Anzügen, der nach einer anstrengenden Verfolgungsjagd den Flüchtigen vollkotzt, da das Frühstücks-Bierchen noch schwer im Magen liegt. Mit ungeahnten Führungsqualitäten reißt Johnson den Film an sich. Um ihn herum gibt es fast nur Blindgänger, Weggucker und besonders den fein geschmierten Krawatten-Vogel vom FBI (William Forsythe, Ausgelöscht, ungewohnt gut angezogen), der von der Praxis scheinbar wenig Ahnung hat und jedes Überraschungsmanöver mit seinem Megaphone sofort zunichtemacht. John Frankenheimer versteht es routiniert, die schlichte Geschichte auf das Wesentliche zu fokussieren. Spart nicht mit bösem Humor, ohne albern zu wirken. Serviert deftige Actionszenen, die wohl dosiert und mit Verzicht auf Firlefanz  - wie in einem guten, harten Western – ans Eingemachte gehen. Wenn es hier knallt, dann richtig. Kurz, nicht unbedingt schmerzlos, aber konsequent. Der deutsche Untertitel passt ausnahmsweise mal recht gut.

Der ganz große Hit ist Dead Bang – Kurzer Prozess nicht, will er auch nicht sein. Erschreckend, dass hier nicht alles nur Fiktion ist (zumindest basierend auf wahren Begebenheiten, was nicht viel heißen muss), aber wie abwegig ist eine Glaubensgemeinschaft mit dem SS-Symbol auf dem Kreuz noch? Nicht so, wie man mit gesundem Menschenverstand denken mag. Als deftiges Genre-Kino abseits des Mainstream ist der Film (immer noch) ein kleiner Hingucker, nicht zuletzt wegen dem Mann, der nicht nur weiße Jackets auf pinken Hemden tragen kann.

Fazit

Harte, grimmige One-Man-Show mit bösem Unterton. Steht sicher immer im Schatten der ganz großen Genre-Beiträge, dafür fehlt ihm das Kaliber. Aber auf seinem Niveau sehr ordentliche Arbeit, besonders dann, wenn der Baum brennt.

Autor: Jacko Kunze
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