5.8

MB-Kritik

Der mysteriöse Dr. Lao 1964

Mystery, Fantasy, Western – USA

5.8

Inhalt

Clint Stark hat wenig Vertrauen in die Menschen. Er ist es gewohnt, sie zu täuschen. Derzeit gibt er sich in der abgelegenen Stadt Abalone als Wohltäter aus. Dort möchte er den Bürgern ihr angeblich wertloses Land abkaufen. Niemand von ihnen ahnt, was Stark bereits weiß: In naher Zukunft soll eine Eisenbahnlinie durch diese Region des Westens führen, was der Stadt neuen Aufschwung bringen wird. Nur Ed Cunningham, der Redakteur der lokalen Zeitung, misstraut Stark und wird deshalb von dessen Männern schikaniert. Gerade als Clint Stark fast sein Ziel erreicht hat, kommt Dr. Lao mit seinem Zirkus in die kleine Stadt. Dr. Lao ist ein weiser Magier, der es im Gegensatz zu Stark gut mit den Menschen meint. Bei seinen Vorstellungen tritt er in vielen verschiedenen Gestalten auf: als Zauberer, als bockbeiniger Gott Pan und auch als schreckliche Medusa, deren Anblick einen zu Stein erstarren lässt. So spielt Dr. Lao ein wundersames Spiel mit den Bürgern von Abalone.

Kritik

„Mike, die ganze Welt ist ein Zirkus, wenn man sie richtig betrachtet. Jedes Mal, wenn du eine Handvoll Staub aufhebst, siehst du nicht den Staub, sondern ein Mysterium, ein Wunder in deiner Hand.“

Manche Filme sind eine wahre Wundertüte. Man weiß nicht, was man bekommt und man weiß genauso wenig, was man damit anfangen oder besser, was man von ihnen halten soll. Der mysteriöse Dr. Lao ist das beste Beispiel dafür. Der Film ist ein wilder Mix aus Western, Fantasykomödie und Märchen mit mythologischem Einschlag und philosophischen sowie taoistischen Weisheiten. Doch trotz berechtigter Skepsis funktioniert dieser Genremischmasch besser als gedacht und ist letztendlich sogar recht erfrischend. Wobei man ehrlicherweise sagen muss, dass die Westernelemente nur marginal vorhanden sind und eigentlich nur die Rahmenhandlung darstellen. Die Story spielt Anfang des 20. Jahrhunderts in einem kleinen Städtchen mitten im Wilden Westen, in das der Fortschritt langsam Einzug hält. Es gibt erste motorisierte Fahrzeuge, aber noch keine Eisenbahn, weshalb man noch ziemlich abgehängt und abhängig vom Rancher Clint Stark (Arthur O'Connell, Anatomie eines Mordes) lebt, der das Leben in der Stadt kontrolliert und, der nur auf seinen finanziellen Vorteil bedacht ist. Einzig der Zeitungsreporter Ed Cunningham (John Ericson, Stadt in Angst) misstraut dem Ganzen, weshalb er schnell Ärger mit Stark und seinen Schergen bekommt.

Eigentlich wartet man nur auf den Helden, der den Stadtbewohnern zur Hilfe eilt und in einem Showdown den Bösewicht vertreibt. Doch es kommt ganz anders. Hilfe kommt vom mysteriösen Dr. Lao (Tony Randall, Die Morde des Herrn ABC), der mit seinem wundersamen Wanderzirkus in der Stadt auftaucht, der weder Artisten, Tiere noch Clowns enthält. Stattdessen befinden sich dort mythologische Figuren und Kreaturen wie der Zauberer Merlin, Apollonios von Tyana, Medusa, Pan, ein Schneemensch und eine sprechende Schlange. Die Handlung verweilt nun im Zirkus und lässt auch das Publikum in diese mystische Märchenwelt eintauchen. Auf schlichte, aber durchaus unterhaltsame Weise bekommen die Bewohner der Stadt einen Spiegel vorgehalten und für alle, die es dennoch nicht begreifen wollen, haben die Figuren noch einige Überraschungen parat. Diese magische Welt kommt in seiner Gänze überraschend und man muss sich schon in gewisser Weise darauf einlassen, um diese humorvolle Erzählung zu genießen. Der bereits leicht vergessliche Merlin, der seine Magie nicht mehr ganz so gut beherrscht, der stets mit einer taoistischen Lebensweisheit parat stehende Dr. Lao und vor allem der schonungslos ehrliche Wahrsager Apollonios lockern die teils mit philosophischen Phrasen überfrachtete Handlung auf, die ansonsten recht einseitig und belehrend wäre.

Besonders hervorzuheben sind die fantastischen Kostüme, Masken und Special Effects, die mit einer Oscarnominierung (für die Special Effects) und einem Ehrenoscar für das Make-up bedacht wurden. Verantwortlich hierfür, wie für den gesamten Film war kein Geringerer als George Pal (Die Wunderwelt der Gebrüder Grimm), der bereits in den 40er Jahren maßgeblich für die Entwicklung der Puppentricktechnik im Film verantwortlich war. Für den damaligen technischen Stand enthält der Film großartige Effekte, allein wenn man die Schlange mit menschlichem Gesicht betrachtet. Pal hatte bereits in seinen früheren Werken sein großes Talent bewiesen, insbesondere durch den Science-Fiction-Klassiker Die Zeitmaschine, aber auch durch seine Mitwirkung an zahlreichen Science-Fiction-Werken der 50er wie Der jüngste Tag oder Kampf der Welten. Doch Der mysteriöse Dr. Lao bleibt davon abgesehen handlungstechnisch recht schlicht und eben oft unnötig philosophisch. Gespielt werden die insgesamt sieben mythologischen, mystischen Figuren alle von Tony Randall, der hier schauspielerisch zu überzeugen vermag und mit viel Witz, Spielfreude und Elan an die Rollen herangeht.

Tony Randalls Darstellung ist jedoch mit einem großen Aber zu versehen und letztendlich ein wesentlicher Grund, warum der Film aus heutiger Sicht zwiespältige Gefühle hervorruft. Randall gibt sich in seiner ganzen Kostümierung nicht nur als Schneemensch, Medusa oder Merlin aus, sondern genauso als der chinesischstämmige Dr. Lao. Durch das Make-up ist kaum zu erkennen, dass Randall als weißer Darsteller einen Chinesen verkörpert und trotzdem macht es die Darstellung nicht weniger rassistisch, denn er spricht zusätzlich noch mit chinesischem Akzent. Man war sich dem aber in gewisser Weise wohl sogar bewusst, denn Dr. Lao wechselt in einer Szene in eine akzentfreie Aussprache und erklärt, dass er ohne Probleme akzentfrei sprechen könne, er es aber nicht immer tue, weil man es von ihm erwarte und er den Akzent quasi benutzt, um die Menschen zu erreichen. Doch Randalls Besetzung dürfte noch einen anderen Grund haben, denn nicht nur er schlüpft als Darsteller in die verschiedenen Rollen, sondern Dr. Lao ist es, der seinerseits die verschiedenen Figuren verkörpert. Es ist sicherlich ein schwieriges Unterfangen, so unterschiedliche ethnische Figuren mit einem Darsteller darzustellen, es ändert aber nichts an dem rassistischen Unterton. Dr. Lao selbst ist zwar genauso eine mythologische Figur (stellt er doch den Philosophen und teilweise als Gottheit verehrten Laotse, den Begründer des Taoismus dar, bei dem nicht sicher ist, ob er jemals tatsächlich gelebt hat), dennoch bleibt der bittere Beigeschmack. Immerhin hat man die kleine Rolle des Native American mit Eddie Little Sky (Der Mann, den sie Pferd nannten), einem Angehörigen der Olagla Dakota besetzt.

Fazit

„Der mysteriöse Dr. Lao“ hat viele vielversprechende Ansätze, ist über weite Strecken unterhaltsam und dennoch kann man das zwiespältige Gefühl zu diesem wilden Genremix nicht loswerden. Tony Randall macht seine Sache gut und George Pal liefert tricktechnisch und mit fantastischen Masken und Kostümen eine großartige Leistung ab, dennoch schwebt über allem das Thema Rassismus durch Randalls Darstellung als Chinese. Man kann es nicht ausblenden, auch wenn man es gern würde, weil man die guten Absichten dahinter und die Schwierigkeit bei der Besetzung der Rollen erkennen kann und der Film selbst mit dem offensichtlichen in die Offensive geht. Es ist und bleibt aber das, was es ist.

Autor: Andy Mieland