Inhalt
Ahmad, der Kalif von Bagdad, fällt einer vom Großwesir Jaffar initiierten Verschwörung zum Opfer und soll hingerichtet werden. Zusammen mit dem Dieb Abu gelingt ihm die Flucht nach Basra. Dort verliebt sich Ahmad in die bezaubernde Tochter des Sultans. Sie ist jedoch dem bösen Jaffar versprochen.
Kritik
Es gibt Filme, die sind auch nach Jahrzehnten Kult und bleiben als Meilensteine der Filmgeschichte im kollektiven Gedächtnis und dann gibt es Filme, die filmhistorisch keinen geringeren Stellenwert einnehmen, die aber dennoch in Vergessenheit geraten. Der Dieb von Bagdad gehört eher zur letzteren Kategorie, denn außer absoluten Filmenthusiasten oder Märchenliebhabern dürfte der Film kaum jemandem etwas sagen. Wahrscheinlich ist dies auch dem Alter des Films geschuldet, der schließlich schon über 80 Jahre alt ist, aber ebenso dem Umstand, dass der Stoff mittlerweile vielfach neu verfilmt wurde.
Der Dieb von Bagdad ist ein klassisches Märchen aus 1001 Nacht und orientiert sich lose an der Geschichte von Aladin und der Wunderlampe. Gleichzeitig diente als Vorlage der gleichnamige Stummfilm mit Douglas Fairbanks aus dem Jahre 1924. Der Aladin im Film heißt Ahmad (John Justin, Der unbekannte Feind) und ist der Kalif von Bagdad. Durch eine Intrige seines Großwesirs Jaffar (Conrad Veidt, Casablanca) wird er inhaftiert und soll am nächsten Morgen hingerichtet werden. Dank des kleinen Straßendiebes Abu (Sabu, Arabische Nächte) gelingt ihm jedoch die Flucht und eine abenteuerliche Reise beginnt, auf der sich Ahmad in die Tochter (June Duprez, Das letzte Wochenende) des Sultans von Basra (Miles Malleson, Dracula) verliebt, die, wie sollte es auch anders sein, bereits Jaffar versprochen ist.
Dem Film wohnt der Zauber klassischer Märchen inne, mit Magie, Abenteuer, fantastischen Wesen und jeder Menge schmalziger Liebesgeschichte. Dazu gibt es noch witzige Figuren, sowie mutige Helden und fiese Gestalten und Bösewichte. Alle Elemente eines typischen Märchens sind also vorhanden und dadurch eignet sich der Film wunderbar als Unterhaltung für die ganze Familie. Zugegeben, optisch sieht man dem Film sein Alter natürlich an, auch den DEFA-Märchenklassikern, wie Die Geschichte vom kleinen Muck ergeht es da nicht anders, und dennoch erfreuen sich viele dieser Filme bis heute großer Beliebtheit. Sicherlich ist das auch einer der Gründe, warum der Film zumindest hierzulande etwas in Vergessenheit geraten ist, denn während man die DEFA-Märchen noch heute regelmäßig im TV sehen kann, sucht man Der Dieb von Bagdad hier eher vergebens.
Doch was macht den Film nun filmhistorisch bedeutsam? Es sind ganz klar die Spezialeffekte, für die der Film zurecht mit einem Oscar ausgezeichnet wurde (daneben gab es noch Auszeichnungen in den Kategorien Kamera und Ausstattung und eine Nominierung für die Filmmusik). Der Dieb von Bagdad gilt als erster Film, der die Bluescreen-Technik anwandte. Waren zum damaligen Zeitpunkt eher mechanische Spezialeffekte und Modellbauten, wie etwa in Metropolis und King Kong prägend, vereinte Der Dieb von Bagdad mechanische und visuelle Effekte, und zwar in einer Fülle, die es bis dahin noch nicht gab und erst recht nicht in einem Farbfilm. Die Umsetzung der visuellen Effekte war hier besonders schwer, weswegen eigens Effekte kreiert wurden und man es dank der Bluescreen-Technik schaffte den kleinen Abu mit dem großen Dschinn interagieren zu lassen. Daneben hat der Film aber auch fliegende Teppiche, sich verwandelnde Menschen und Tiere, einen aus dem Rauch aufsteigenden Dschinn und riesige Spinnen zu bestaunen, was den Film zu einem Fantasyabenteuer-Spektakel werden lässt.
Dass dies trotz der widrigen Umstände beim Dreh gelang, grenzt schon selbst an ein Wunder, denn der Film konnte aufgrund des beginnenden 2. Weltkriegs in Großbritannien nicht zu Ende gedreht werden und man musste mit der gesamten Produktion in die USA umziehen. Außerdem hatte Produzent Alexander Korda (Der rote Halbmond) bei der Besetzung des Regiestuhls überhaupt kein glückliches Händchen. Mit Regisseur Ludwig Berger (Walzerkrieg) gab es von Beginn an künstlerische Differenzen und da man ihn nicht ohne weiteres aus seinem Vertrag entlassen konnte, setzte Korda mit Michael Powell (Die schwarze Narzisse) und Tim Whelan (International Lady) zwei Co-Regisseure ein, die eigentlich den weiteren Film drehten und Korda selbst, sein Bruder Zoltan (Das Dschungelbuch) und Co-Produzent William Cameron Meziers (der auch für das Szenenbild verantwortlich war), nahmen zwischenzeitlich auf dem Regiestuhl ebenfalls Platz.
Der Dieb von Bagdad war darüber hinaus aber auch für Disneys Zeichentrickklassiker Aladdin von großer Bedeutung, da man sich stark an den Film von 1940 für seine Figuren orientierte. Neben Jaffar und Abu gilt dies insbesondere für den etwas rundlichen und kindlich wirkenden Sultan und optisch auch den Dschinn (Rex Ingram, Elmar Gantry), wobei dies bei der Realverfilmung mit Will Smith noch deutlicher wird. Der Dieb von Bagdad muss sich jedoch nicht hinter diesen Filmen verstecken und bleibt in Anbetracht seiner Entstehungszeit und der damit verbundenen Effekte ein wahrer Klassiker und ein fantastisches Märchenabenteuer.
Fazit
„Der Dieb von Bagdad“ ist ein Film, den man sich mit seiner Familie an einem kalten Wintertag ansehen kann, um in die magische Märchenwelt aus 1001 Nacht einzutauchen. Auch wenn der Film optisch besonders im Bereich der Spezialeffekte mit dem heutigen Standard nicht mithalten kann, wohnt ihm dennoch der unvergleichliche Zauber der alten Märchenklassiker inne und mit „Der Dieb von Bagdad“ hat man quasi den Ur-Vater der Bluescreen-Technik vor sich, was dem Film mit diesem Wissen irgendwie noch mehr Charme verleiht.
Autor: Andy Mieland