Inhalt
Der europaweit gefeierte Geigenvirtuose und notorische Frauenheld Niccolò Paganini ist im Jahr 1830 auf dem Höhepunkt seiner Karriere. Um seine Person ranken sich jede Menge Geheimnisse und sein Manager Urbani tut alles, um die zirkulierenden Skandalgeschichten lebendig zu halten. Schließlich hat er jedes Interesse daran, seinen berühmten Klienten bestmöglich zu vermarkten. Einzig das Londoner Publikum muss noch gewonnen werden. Um Paganini zu seinem ersten Auftritt nach London zu bewegen, riskieren der britische Impresario John Watson und seine Geliebte Elisabeth Wells ihren gesamten Besitz. Dem geschäftstüchtigen Urbani gelingt es schließlich, Paganini gegen seinen Willen in die englische Metropole zu bringen. Dank der enthusiastischen Berichterstattung der Journalistin Ethel Langham scheint das Vorhaben von Erfolg gekrönt zu sein. Es kommt zu tumultartigen Menschenaufläufen vor seinem Hotel, sodass der Musiker und sein Manager bei Watson Unterschlupf suchen müssen. Hier findet Paganini sehr schnell Gefallen an Charlotte, der schönen Tochter seines Gastgebers. Über die Musik finden sie und Paganini zueinander. Er verliebt sich unsterblich in die junge Sängerin. Doch diese Liebe missfällt Urbani, der befürchtet, den Einfluss auf seinen Schützling zu verlieren und beginnt, einen teuflischen Plan zu schmieden.
Kritik
„Der Teufelsgeiger“ ist eine biografische Aufbereitung des italienischen Geigers, Gitarristen und Komponisten Niccolò Paganini und dessen Leben. Produziert wurde das knapp 10 Millionen Euro teure Werk unter anderem von Stargeiger David Garrett und der deutschen Schauspielerin Veronika Ferres. Regie führte Bernard Rose, der seinen einzigen großen Erfolg mit einem Horrorfilm feierte.
Das klingt für einen Filmkenner erst einmal nicht nach den besten Voraussetzungen für ein künstlerisch anspruchsvolles Historiendrama.
Von Paganini hat man, auch ohne Fan von klassischer Musik zu sein, sicherlich schon einmal gehört. Bereits zu Lebzeiten war der 1782 geborene Künstler eine Legende, die sich hervorragend zu vermarkten wusste. Seine virtuose und überaus schnelle Spielweise auf der Geige sowie sein oft düsteres Erscheinungsbild war vor allem in Deutschland vielen Leuten nicht geheuer, weshalb er schon früh die Bezeichnung „Teufelsgeiger“ erhielt. Und mit dieser Marke spielte Paganini, kleidete sich bei Auftritten völlig in schwarz, spielte mit teuflischen Symbolen, verführte Reihenweise Frauen und gab, wohl gezeichnet durch seine Drogensucht und diverse Krankheiten, auch abseits seiner Bühnenauftritte ein unheimliches Bild ab. Wenn man da an David Garrett („schönster Geiger der Welt“) denkt, hat man doch gleich ein komplett anderes Bild im Kopf.
Trotzdem war es für den Geigenvirtuosen Garrett eine Herzensangelegenheit seinem Idol Paganini ein filmisches Denkmal zu setzen. Er übernahm nicht nur die Hauptrolle, sondern trieb die Entwicklung des Films wesentlich voran, indem er den Soundtrack zusammenstellte und am Drehbuch mitschrieb. Fairerweise muss man sagen, dass es Garrett von Anfang an bewusst war, kein guter Schauspieler zu sein. Schließlich hat er dieses "Handwerk" nie gelernt. Allerdings vertraute er seinem Filmteam und meinte kürzlich in einem Interview, dass die Verkörperung des Paganini „die einzige Rolle war die ich habe machen wollen… und machen können.“ Da ein Großteil der im Film gezeigten Musik live eingespielt wurde, ist es kein Wunder, dass diese Kompositionen der heimliche Star von „Der Teufelsgeiger“ sind. Da fragt man sich, wieso man nicht gleich einen Konzertfilm mit Showelementen inszeniert und stattdessen eine lieblos wirkende Handlung zusammengeschustert hat. Geschustert deshalb, weil viele unterschiedliche Handlungsstränge angerissen werden, aber keiner zufriedenstellend zu Ende geführt wird. Oder bildhaft gesprochen: Viele schmackhafte Zutaten wurden in einen Topf geworfen, aber das fertige Gericht mundet nicht.
Paganini wurde ähnliche wie Garrett schon im Kindesalter zum Üben des Geigenspielens gedrängt. Beide waren anfangs erfolglos und wurden von Kritiker und der Presse belächelt. Parallelen zwischen den beiden Künstlern sind also durchaus vorhanden.
„Der Teufelsgeiger“ liefert nach einer Idee von Garrett nun den Grund, weshalb Paganini mehr oder weniger über Nacht zum Star wurde: Der Leibhaftige in Person des intelligenten Managers Urbani sucht Paganini auf, als dieser kurz vor der Obdachlosigkeit steht. Urbani verspricht Paganini Weltruhm und will als Gegenleistung nichts Geringeres als dessen Seele. Ein spannender Ansatz, der zum Leidwesen des Zuschauers aber kaum ausgereizt wird. Anstatt sich auf den faustischen Konflikt Paganinis zu konzentrieren, bleibt Mephisto stets im Hintergrund. Genau genommen wird nie gelüftet, ob Urbani tatsächlich der Teufel oder nur ein brillanter Manager ist. Eine leise Kritik am heutigen Musikbusiness.
Lange weiß man nicht, auf welches Finale Furioso der Film letztendlich zusteuert. Eine etwas deplatziert eingestreute und recht kitschig ausgefallene Liebesgeschichte zieht die Handlung so in die Länge, dass man nach drei Stunden auf die Uhr schaut und erschrocken feststellt, dass erst eine Stunde vergangen ist. In der letzten Viertelstunde wirkt „Der Teufelsgeiger“ stattdessen gehetzt und macht riesige, unpassende Zeitsprünge die zu einem unbefriedigenden Ende führen.
Immerhin ist die Geschichte recht zugänglich und wird streng chronologisch erzählt. Ganz anders war da die Paganini-Version, die kein geringerer als Klaus Kinski 1989 inszeniert hat. Dessen Interpretation des sexsüchtigen Geigers war und ist so verstörend und provokant, dass dieses Werk nach heutigen Sehgewohnheiten kaum erträglich sein dürfte.
In die deutschen Kinocharts ist „Der Teufelsgeiger“ immerhin auf Platz 7 eingestiegen, doch er wird im Nachhinein niemanden so richtig zufriedenstellen. Die Klassikfans werden mit der Darstellung Paganinis nicht zufrieden sein und Filmkritiker werden die ausgelutschte Geschichte und die maue Inszenierung bemängeln.
David Garrett sieht bis auf das dunkel gefärbte Haar und die buschigen Koteletten eigentlich aus wie immer. Und wenn er sich da in Nahaufnahme in Unterwäsche auf dem Bett räkelt, mag das wie der feuchte Mädchentraum anzusehen sein, erinnert aber nicht an einen kaputten und von Syphilis gezeichneten Paganini. Ganz so schlimm wie von einigen Gazetten niedergeschrieben ist Garretts Schauspieldebüt dann aber auch nicht. Mimik und Gestik gehen für einen Schauspielerneuling in Ordnung, wirken aber nicht gerade diabolisch, sondern sind eher in die Kategorie „Softie“ einzuordnen. Sobald es in den Dialog geht, hört man dann allerdings am liebsten weg. Nicht nur, dass die entsprechenden Zeilen im Drehbuch teils unfreiwillig komisch und nichtssagend sind, Garrett hat auch keinerlei Gefühl für eine Betonung und spricht gelangweilt monoton. Trailer und Clips lassen vermuten, dass dies auch in der englischen Originalversion der Fall ist. Es bedarf eben doch der Kunst des Schauspielerns, große Emotionen beim Zuschauer zu wecken.
Die größte Stärke von Garrett als Paganini ist allerdings, dass der Mann auch wirklich begnadet gut Geige spielen kann. Sobald die Musik einsetzt (und das wünscht man sich im Laufe des Films mehrmals), gibt es einige eindrucksvolle Aufnahmen zu hören. Dabei bleiben vor allem zwei Szenen in Erinnerung. Nämlich als Paganini im Rotlichtbezirk Londons Inkognito unterwegs ist und in einer kleinen Kneipe spontan ein Lied anstimmt sowie der Auftritt mit einem bombastischen Orchesterkonzert gegen Ende des Films.
Paganinis Gegenpart im Film, der verführerische Urbani, wird von Jared Harris dargestellt. Dabei wirkt die Rolle etwas wie das Abziehbild seiner Verkörperung des Moriarty in „Sherlock Holmes: Spiel im Schatten“. Mit dem diabolischen Grinsen und dem Ziegenbart nimmt man ihm den Mephisto aber durchaus ab. Hübsch anzusehen ist auch die bei uns unbekannte Andrea Beck, die Paganini gehörig den Kopf verdreht und bei ihren (selbst eingesungenen) Gesangseinlagen auch dem Zuschauer die eine oder andere Gänsehaut bescheren dürfte.
Veronika Ferres begleitet eher eine Nebenrolle als strenge Hausdame und scheint ihren Part nur routiniert herunterzukurbeln.
Was kann man „Der Teufelsgeiger“ bis auf die Musik noch zugutehalten? Auf jeden Fall die eindrucksvollen Kulissen und die authentische Ausstattung, wofür man der Wiener Kostümdesignerin Birgit Hutter wirklich ein Kompliment machen muss. Man kann wirklich in eine vergangene Epoche eintauchen.
Auch das nebelverhangene London ist schön düster und immer wieder gern gesehen. Manche Einstellungen wie beispielsweise der in abendliches Sonnenlicht getauchte Londoner Hafen wirken stimmungsvoll wie ein Gemälde. Interessanterweise wurde hauptsächlich in Wien gefilmt und deutlich sichtbar mit Animationen nachgeholfen, was aber nicht weiter stört.
Fazit
Freunde von Paganinis Musik sollten sich vielleicht lieber an den Soundtrack wenden, denn dieser ist ein einigen Szenen wahrhaft eindrucksvoll inszeniert, wenngleich die Instrumente viel zu selten zum Einsatz kommen. Ansonsten dürfte der Film auf jeden Fall Fans von David Garrett ansprechen.
Wer allerdings erwartet mehr über Paganinis Leben zu erfahren, wird sicherlich enttäuscht werden. Die Handlung ist zu zerfahren und von Regisseur Bernard Rose dazu schlecht und spannungsarm inszeniert.