Inhalt
Sophie (Julia Koschitz) liebt ihren Job, Paul (Florian David Fitz) liebt seinen Thermomix. Sophie will noch mal durchstarten, Paul will lieber zusammen abhängen. Der einzige Punkt, in dem sich beide einig sind: Es muss sich etwas ändern. Ein "Vierer" könnte der Beziehung ein bisschen Pfeffer zurückbringen. Wobei Theorie und Praxis dann doch deutlich auseinanderliegen. In der Bar wartet bereits das Date des Abends: die impulsive Mia (Lucía Barrado) und der leicht verstockte Lukas (Friedrich Mücke). Während die Beiden dort schon einmal vorglühen, laufen auch Sophie und Paul zu Hause warm - nur leider anders als gedacht. Sie müssen feststellen, dass nicht nur ihr Plan für die Nacht auf einigen falschen Annahmen beruht, sondern auch der für ihr Leben. Als der Abend eskaliert, bleibt keine Lüge unangetastet, kein Geheimnis verschont und kein Auge trocken.
Kritik
Der Intimbereich mag noch gestutzt werden müssen, doch die Gazpacho hat eindeutig zu viel Knoblauch – ein Gleichnis, das den Film treffend beschreibt. Im Zentrum stehen Sophie (Julia Koschitz, Hin und weg) und Paul (Florian David Fitz, Oskars Kleid), ein Ehepaar im besten Alter mit einer Traumwohnung, die fast vergessen lässt, dass wir uns in einem Filmstudio befinden. Sie wollen es wissen: Ein Vierer soll frischen Wind in ihr Leben bringen. Was nach einem gewagten Abenteuer klingt, wird schnell zur zähen Beziehungsposse, denn Regisseur Iván Sáinz-Pardo setzt genau dort an, wo die eigentliche Spannung längst hätte beginnen können.
Die Bürokratie der Begierde ist bereits abgehakt, und so erlebt das Publikum stattdessen, wie kleine Zwistigkeiten zwischen Sophie und Paul sich immer weiter hochschaukeln, bis ihre Ehe in Trümmern liegt. Die andere Hälfte des titelgebenden Quartetts? Pauls bester Freund Lukas (Friedrich Mücke, Wunderschön) trifft in einer Bar die (natürlich) rassige Latina Mia (Lucía Barrado, Desaparecidos). Während sich die beiden mit Cocktails näherkommen, zerfällt das ohnehin fragil zusammengekittete Eheleben von Sophie und Paul.
Im Grunde ist Der Vierer typisches Beziehungskino: Es wird gestritten, sich versöhnt, gewitzelt – und natürlich dürfen Spitzen gegen First-World-Problems nicht fehlen. So weit, so bekannt. Doch die Thematik Sex? Sie wird zwar immer mal wieder in den Raum dieses Beinahe-Kammerspiels geworfen, bleibt jedoch erstaunlich blutleer. Abgesehen von Darstellerin Koschitz, die die meiste Zeit in Reizwäsche durch das Bild läuft, ist von Liebe, Sex und Zärtlichkeit kaum etwas zu spüren.
Dabei könnte ein Vierer durchaus eine triebgesteuerte Angelegenheit sein, aber selbst dieser Aspekt wird ignoriert. Stattdessen serviert der Film ein wenig Gefummel und als Höhepunkt etwas gleichgeschlechtlichen Kontakt. Doch selbst hier bleibt Der Vierer elendig bieder und nervt mit plakativen Abziehfiguren, hölzernen Dialogen und einer Handlung, die lediglich die Klaviatur gängiger Beziehungs-Tropen durchdekliniert.
Kurzum: Das alles ist so aufregend wie eine Tupperparty. Regisseur Iván Sáinz-Pardo, der als Vorlage den spanischen Film Amor en polvo von 2019 hatte, gelingt es nicht, etwas inszenatorisch Spannendes oder gar Inspirierendes zu präsentieren. Das ist besonders betrüblich, da die Grundidee vielversprechend ist. Denn wer kennt nicht, wie mühsam es sein kann, allein schon Freunde an einem Ort zu versammeln? Fügt man noch die Dimension des sexuellen Abenteuers hinzu, stünde einem robusten Fundament für eine funktionale Komödie nichts im Weg. Doch Der Vierer verpasst die Chance, diesen Aspekt clever auszuarbeiten, und schiebt ihn immer nur dann ins Rampenlicht, wenn alle anderen Ideen bis zur Trostlosigkeit ausgereizt sind.
Fazit
Lustlosigkeit – selten traf dieser Begriff so präzise ins Schwarze. "Der Vierer" ist Beziehungskino ohne Leidenschaft, ohne Esprit und ohne den Mut, seine prickelnde Prämisse auszureizen. Ein Film für all jene, die Sex auf der Leinwand bestenfalls als 'pfui-bah' abtun.
Autor: Sebastian Groß