Auf einem Marktplatz entdeckt Reporter Tim (Jamie Bell) ein seltenes Schiffsmodell der Einhorn, um die sich alte Legenden um einen verlorenen Schatz ranken. Kurz darauf melden sich auch andere Interessenten zu Wort, und schnell wird Tim klar, dass auch besonders der verschlagene Iwan Sakharin (Daniel Graig) hinter dem Schiff her ist, in dem eine geheime Spur zum Original verborgen ist. Doch ist es nicht nur der Schatz, der ihn interessiert – er entführt den letzten Nachkommen des einstigen Kapitäns der Einhorn, Haddock (Performance-Capture-Koryphäe Andy Serkis), um eine alte Rechnung zu begleichen. Doch mit Tims und Struppis Hilfe kann Haddock die Suche nach dem Schatz aufnehmen und den Plänen Sakharins entgegenwirken…
Mit Jackson als Produzent und Initiator sowie Spielberg als Regisseur, sind zwei Schwergewichte in die Produktion des Remakes involviert, also sollte der Film alleine schon inszenatorisch eine gewisse Qualität aufweisen. Um es vorweg zu nehmen: Ja, es funktioniert. Rein handwerklich erkennt man die Handschrift Spielbergs in jeder Szene, vor allem die Anleihen bei Indiana Jones sind allgegenwärtig. Das spiegelt sich vor allem in den Actionszenen wieder, wenn Tim sich an einem Stromkabel abseilt (…Tempel des Todes) oder ein Panzer auf das Team Jagd macht (…der letzte Kreuzzug). Dennoch gab man sich redlich Mühe, die Fans der alten Comics zum Großteil zufrieden zu stellen. Mit Zeitungsausschnitten oder Karikaturen wird immer wieder auf die alten Zeiten hingewiesen, damit sich auch Nostalgiker in den Anspielungen suhlen können.
Apropos suhlen: Mit der Idee, daraus einen komplett computeranimierten Film zu machen, wird man sich mit den durchweg sehr gut gelungenen Szenen kaum sattsehen können. Die Zeiten der einfach gestalteten Männchen sind wohl passé, aber sind die Figuren trotz der Details immer noch klar als diese zu erkennen. Tim ist immer noch eindeutig Tim mit seiner markanten Frisur, Haddock der alkoholliebende Seemann im Kapitänsdress mit blauem Pullover sowie Schulze und Schultze ganz englisch mit Melone und Schirm (nicht zu verwechseln mit John Steed, der hatte nämlich noch Charme). Ebenfalls wurden ihre hervorstechendsten Eigenschaften beibehalten, wenn auch das Performance-Capturing-Verfahren ihre Darstellung mehr in Richtung des Realen lenkt. So wird auch die Leistung der Darsteller, die im Hintergrund den Figuren Leben einhauchen, viel mehr von Bedeutung. Es ist durchaus anders, aber klar definiert, so dass die Schauspieler ihren Figuren das nötige Quäntchen Weiterentwicklung vermitteln konnten. Jamie Bell zeigt den Hauptcharakter etwas hyperaktiver, als man ihn aus den Zeichentrickserien kennt, aber durchaus passend und wissbegieriger. Den größten Unterschied dürfte man bei Haddock ausmachen, der seltsamerweise sein Selbstbewusstsein verloren hat und erst in die richtige Richtung gelenkt werden muss. Das hat zwar mehr Hollywood-Niveau, wirkt jedoch ein wenig unpassend bezogen auf das Zeichentrickuniversum. Trotz der Kritik hat man hier versucht, den Spirit der alten Zeiten zu vermitteln, und das weiß durchaus zu begeistern.
Immer noch das Alte ist das Abenteuer-Feeling, das die Tim und Struppi-Comics zu etwas besonderem gemacht haben. Die Schnitzeljagd baut sich klassisch auf, die Einführung der Figuren ist auch für Uneingeweihte nachvollziehbar geworden. Mit den heutigen technischen Möglichkeiten war es jedenfalls ein Leichtes, dem alten Gefühl das von Aktualität hinzuzufügen. Der Film ist erwachsener in der Inszenierung und dem Storyaufbau, verhehlt aber nicht den kindlichen Charme des Originals und das Flair, den Indiana Jones zum perfekten Abenteuerkino gemacht hat. Mit den Flashbacks, die die Story vorantreiben, wird sogar ein wenig Fluch der Karibik-Epik eingebaut, die der Freibeuter-Reihe in Sachen Bildgewalt in nichts nachstehen, was merklich durch den hervorragenden 3D-Effekt unterstützt wird. Und doch sind es auch gerade wegen der pompösen Inszenierung die kleinen Dinge, die dem Zuschauer ein Grinsen ins Gesicht zaubern dürften, nicht zuletzt wegen des Humors. Der ist ebenfalls etwas zeitgemäßer ausgefallen und bringt auch die nötige Auflockerung.
Dennoch gibt es ein paar Dinge, die das Gesamtbild trüben dürften. Die vielen Elemente des Drehbuchs sind durchaus löblich zu erwähnen, doch ist gerade die kindliche Begeisterung, die Jackson in sein Projekt gelegt hat, zuviel für den Film. Wo man aus dem ersten Eindruck heraus noch ein Sammelsurium aus nostalgischen Erinnerungen heraussehen kann, sind die Hollywood-typischen Bausteine wie die erweiterte Vermenschlichung der Charaktere fast zuviel des Guten. Während man in den Comics Haddocks Marotten noch hinnehmen durfte, wirkt er in dieser Neuauflage, gerade in seiner Einführung, sehr gebrechlich. So verbaut sich der Film gerade bei Neueinsteigern die Möglichkeit, einen schrulligen Charakter mit dem Charme zu begegnen, wie es sonst immer der Fall gewesen war. Hier ertränkt er seine Selbstzweifel im Alkohol und liefert damit eine Pseudoerklärung, die nicht mal in den Originalen so ausschweifend erzählt worden war. Auch beim Hauptcharakter Tim muss man eine kleine, aber auffällige Veränderung feststellen. Man kennt ihn sonst als den freundlichen, souveränen und damit klassischen Titelhelden – dieses Mal wirkt er ein wenig von Haddocks Delirium tremens genervt und teilweise sogar hyperaktiv, wenn es um die Lösung des Geheimnisses der Einhorn geht. Sehr schade wiederum, dass sein treuer Hund Struppi ein wenig in den Hintergrund gedrängt wurde. Professor Bienlein fehlt indes komplett, aber man darf Hoffnung schöpfen, da das Finale offen gehalten wird. Dies ist aber auch deswegen etwas mau ausgefallen – da scheint auch aus allen Ecken wohl der Termindruck heraus.