Groß möchte auch Oscar Diggs (James Franco) sein, als Magier in einem Wanderzirkus fühlt sich der Exzentriker zu Höherem berufen und strebt nach Ruhm und Reichtum. Nach einer verkorksten Vorstellung muss „Oz“, so sein Spitzname, in einem Heißluftballon flüchten und gerät dabei in einen Wirbelsturm, der ihn geradewegs in die fantastische Welt von Oz katapultiert. Dort wird er als Befreier des Landes angesehen, und Diggs sieht das Erreichen seiner Wünsche in greifbarer Nähe. Dem stehen jedoch nicht nur die bösen Hexen (Rachel Weisz, Mila Kunis) im Weg, sondern auch seine eigene Glaubwürdigkeit…
Wir erinnern uns: In der Vorlage von 1939 hatten wir es mit einem quietschbunten Abenteuer zu tun, in der in aufwändig gestalteten Kulissen aufwändig gewandete Figuren zu einprägsamen Musicalstücken agierten. In der Neuverfilmung wurde das Quietschbunte beibehalten, die Musik bis auf eine kleine Ausnahme ausgespart und die Geschichte etwas erwachsener ausgerichtet.
Im Grunde erzählt der Film die Vorgeschichte, in der der Mensch Oz zu seinem Status als Magier in der fantastischen Welt gelangt. Legt man das Original als Vergleich dazu, schafft es die Story tatsächlich, die feinen Eigenheiten der bekannten Figuren und ihren Beziehungen zueinander in ein neues Licht zu rücken. Zur Zeit der Erzählungen und des Originalfilms war nicht viel über die Hintergründe bekannt, in der Judy Garland in das zauberhafte Land verfrachtet wurde und letztlich auf den alternden Magier trifft. Genau hier setzt die Neuauflage an und baut die Geschichte mit Fokus auf die Figuren auf. Neben allseits bekannten Charakteren wie den Hexen und natürlich Oz selbst als jungen Mann wurde Neues integriert, ohne zu sehr von der Vorlage abzuweichen. So ist dem Zuschauer ein heimeliger Einstieg gewiss. Es ist sogar gelungen, die Grundelemente, die zugegebenermaßen im Original nicht allzu tiefgründig angelegt waren, in fast jeder Hinsicht nachvollziehbar auszuweiten. So war Oz selbst in jungen Jahren schon ein heilloser Exzentriker, und auch den bösen Hexen wurde die ein oder andere erklärende Eigenschaft hinzugefügt. Die Referenzen sind demnach gut recherchiert und ausgebaut worden, was diesen Reboot zu einem der durchdachtesten macht, die in letzter Zeit auf die Leinwand gebracht worden sind.
Wichtigste Bestandteile sind indes die Technik sowie die Bauten, die unter der künstlerischen Leitung von Robert Stromberg („Avatar“) dem Look der einstigen Bühnenbilder huldigten. Neben der gelungenen CGI-Technik kommt fast das Gefühl auf, dass das Design absichtlich ein bisschen wie das Original anmuten sollte. So sind nicht nur weitläufige, qietschbunte Landschaften, die im Computergewand wahrlich imposante Ausmaße annehmen, zu bewundern. Nein, es wurde ebenso mit einberechnet, dass die Schauspieler vor echten Kulissen agieren und der Zuschauer den Eindruck bekommt, dass diese sich wie einst darin bewegen. Hier wurde also nicht auf ein einheitliches, realitätsgetreues Bild geachtet, sondern eher auf die Plagiatisierung des damaligen Bühnenstils – nur eben mit CGI-Technik und Szenenbauten umgesetzt. Letztlich sollte der Film unbedingt in 3D geschaut werden. Hier fliegt einem alles um die Ohren, was in 3D darstellbar war, und in den großen Szenen wird wirklich jede Möglichkeit der Technik ausgereizt. Selbst im anfänglichen 4:3-Schwarzweiß-Format sorgen die Szenen für so manchen Zungenschnalzer.
Jetzt reißt die Story zwar keine Bäume aus, kann aber durch den sympathischen Lerneffekt und die einprägsamen Figuren punkten. Demzufolge wurde ein Schauspielerensemble verpflichtet, das seine Sache weitgehend gut macht. James Franco (Oscar-nominiert für „127 Hours“) hatte sichtlich viel Spaß an seinem Part und grinst regelmäßig wie ein Frechdachs in die Kamera, kann aber auch vor allem zu Beginn sein vielseitiges Repertoire abrufen, um sich später im Lande Oz schelmisch auszutoben. Weiter haben auch bekannte Stars die wichtigsten Rollen besetzt, so kann Rachel Weisz als Hexe Evanora durchaus überzeugen. Als ihre Schwester und bekannteste Bösewichtin schlüpfte Mila Kunis in die Rolle der Theodora, doch leider reicht ihre Performance lange nicht an die aus „Black Swan“-Zeiten heran. Bemüht wäre zu destruktiv bewertet, aber mehr als ein „Naja“ kann man ihr nicht bescheinigen, wenn sie erst so lieblich dreinschaut und später das totale Gegenteil verkörpern soll. Michelle Williams holt hingegen wesentlich mehr aus ihrer Rolle heraus und weiß in vielen Facetten so zu begeistern, dass sie dem feenartigen Charakter der Original-Glinda noch etwas mehr Tiefe verleiht.