„Meine liebe Co-Pilotin, ich danke dir für die fünf schönen harten Jahre, die du mit mir verbracht hast. Du kannst stolz sein auf deinen Mann und auch auf dich selbst. Ohne dich hätte ich nicht die Kraft gehabt, meinen Weg zu gehen.“
Mit diesen Worten beginnt Die Welt wird eine andere sein. Dieser Film wurde von einer wahren Geschichte inspiriert. Um welche Geschichte es sich handelt, erfährt man erst zum Schluss, obwohl der eine oder andere Zuschauer schon nach der Hälfte des Films genau erkennen wird, welches Ereignis dem Film zugrunde liegt. Damit der Überraschungseffekt größer ist, sollte man auf keinen Fall zu viel über diesen Film im Vorfeld lesen, damit man die ganze Geschichte völlig unvoreingenommen mit den Augen von Asli (Canan Kir) betrachtet und erst nach und nach die Informationen erhält, die sie erhält.
Die Regisseurin Anne Zohra Berrached (24 Wochen) arbeitete insgesamt sieben Jahre lang an diesem Film und legte den Fokus stark auf die Authentizität. Darum verpflichtete sie Hauptdarsteller, die kaum Schauspielerfahrung hatten. Canan Kir war zum Zeitpunkt der Entdeckung eine Theaterschauspielerin und Roger Azar wurde durch Zufall beim Casting in Beirut entdeckt. Kir spricht fließend Deutsch und Türkisch und Azar musste erst für den Film Deutsch lernen. Er lebte in Vorbereitung auf den Film ca. ein Jahr lang in Berlin und besuchte einen Deutschkurs. Es ist ein Geniestreich von der Regisseurin, die Hauptdarsteller so zu besetzten, dass sie nicht einmal spielen müssen. Für sie ist all das, was sie darstellen, echt und ungekünstelt. Ein höheres Maß an Authentizität beim Film kann man gar nicht erreichen. Gerade am Anfang wird ständig zwischen verschiedenen Sprachen hin und her gewechselt: zwischen Deutsch, Englisch, Arabisch und Türkisch. Wer selbst eine Chance hatte, mit einem multikulturellem Umfeld in Berührung zukommen, weiß, dass es genau so abläuft. Man wechselt ständig hin und her, sodass das Gespräch im Endeffekt wie ein Puzzle aus verschiedenen Sprachen zusammengesetzt wird und am Ende sich jeder irgendwie versteht, auch wenn für Außenstehende alles viel zu chaotisch wirkt. Wegen der ständig wechselnden Sprachen erfordert der Film höchste Konzentration, es ist daher keine lockere Unterhaltung, die man nebenbei laufen lässt.
Ein weiterer Schwerpunkt wird auf die Gefühle der weiblichen Hauptfigur Asli gelegt, obwohl man mit diesem Film eigentlich eine Fülle an verschiedenen, insbesondere religiösen, Thematiken transportieren will, sich aber aus irgendeinem Grund nicht traut in die Tiefe zu gehen. Auf die Figur des Saeed wird immer nur von außen mit den Augen der Asli geschaut und über seine Innenwelt erfährt man so gut wie gar nichts. Die Regisseurin selbst sagte in einem Interview, dass sie mit ihren Filmen Fragen stellen will, aber sie nicht beantworten möchte und der Zuschauer die Antworten für sich selbst finden sollte. Dabei hätte ein bisschen mehr Mut dem Film nicht geschadet. Wenn man zu viel offen lässt, dann wirken sowohl die Figuren, als auch ihre Beweggründe für den Zuschauer unerreichbar. So blieb auch die Figur von Saeed nicht wirklich greifbar.
Dafür konnte man sich umso mehr in Asli hineinversetzen. Sie verkörpert eine junge Frau, die der Voreingenommenheit ihrer Mutter (Özay Fecht, 300 Worte Deutsch) gegenüber Arabern ausgesetzt ist und sich entscheiden muss, ob sie trotzdem an ihrer Liebe zu Saeed festhält. Asli und Saeed haben beide im Grunde den gleichen Glauben, aber die geschichtlichen Konflikte der beiden Kulturen in der Vergangenheit haben direkte Auswirkungen auf ihre Gegenwart und Zukunft. Dabei wäre es so einfach, wenn sich die beiden Kulturen auf ihre Gemeinsamkeiten und nicht auf ihre Unterschiede besinnen würden. Asli landet zwischen zwei Stühlen und versucht es jedem recht zu machen. Währenddessen macht Saeed auch eine gewisse Entwicklung durch, die im ganzen Film nicht klar beleuchtet wird. Man weiß, dass seine Religion ihm alles bedeutet und, dass seine liberalen Ansichten immer mehr schwinden, aber es bleiben trotzdem viel zu viele Andeutungen im Raum, die den Zuschauer fragend zurücklassen.
Trotz der unbeantworteten Fragen, ist Die Welt wird eine andere sein ein starker Film, der durch seine Natürlichkeit und Realitätsnähe besticht. Die Beziehung der beiden wird mit all ihren Höhen und Tiefen so gut dargestellt, dass man tatsächlich glaubt ein verliebtes Paar vor sich zu sehen und keine Schauspieler, die nur so tun als ob. Dieser Film ist tiefgründig, ehrlich und authentisch. Er erzählt weitaus mehr, als man zunächst glaubt und hat eine tiefere Ebene, die sich dem Zuschauer erst später offenbart. Das heißt, der Blickwinkel wird zunächst überwiegend auf das verliebte Paar gerichtet und später ändert sich noch der Fokus und man begreift, dass der Film sich eine viel ernstere Thematik als nur private Beziehungsprobleme vorgenommen hat. Man muss am Ende für sich noch mal alles Revue passieren lassen, um zu begreifen, wie es so weit kommen konnte. Man wird es zwar nicht begreifen können, aber irgendwie wird alles einen Sinn ergeben.