Als Regisseur von meist sehr, sehr freizügigen (um nicht zu sagen voyeuristisch-lüsternen), recht deftigen Gialli machte sich Sergio Martino (Die Säge des Teufels) Anfang der 70er Jahre einen Namen in Fan-Kreisen. Gegen Ende des Jahrzehnts, als das Sub-Genre langsam in der Versenkung verschwand, orientierte er sich neu und legte eine inhaltlich nicht verknüpfte, exotische Abenteuer-Trilogie hin. Neben dem Mondo-Streifen Die weiße Göttin der Kannibalen (in dem das erste Bond-Girl Ursula Andress mit lecker Menschenfresser-Marinade eingerieben wurde) und dem Creature-Unfug Insel der neuen Monster bildete Die heilige Bestie der Kumas – in Deutschland lange bekannt unter dem Titel Der Fluss der Mörderkrokodile (dabei gibt es hier nur eins) – deren Abschluss. Vorteilhaft: Man dreht viel an der frischen Luft, an traumhaften Urlaubs-Kulissen und da der Lire eh lieber umgedreht als ausgegeben wurde, konnte man da das ein oder andere Material auch quer verwenden. Inklusive den Hauptdarstellern Mel Ferrer (Der Antichrist), ebenfalls Ex-Bondgirl Barbara Bach (Der schwarze Leib der Tarantel) & Claudio Cassinelli (Herkules), die auch in Insel der neuen Monster um ihr Leben fürchten durften. Cassinelli gar in allen drei Filmen, den gab es wohl im 3 für 2-Spartarif.
„Paradies House“ nennt sich das schmucke Luxus-Resort des galanten Unternehmers Joshua (Ferrer), doch mit seiner Tourismus-Attraktion mitten im Urwald bringt er das heimische Ökosystem gehörig ins Wanken. Da wird gerodet, bebaut, plattgemacht und Krokodile beim Ferkel-Angeln angelockt, damit die zahlungswillige Kundschaft auch schön was zu gucken und fotografieren hat. Fotografieren ist auch der Job von Daniel (Cassinelli), der eigentlich nur vor Ort ist um schicke Werbeschnappschüsse abzulichten, aber gemeinsam mit der bildhübschen Gäste-Betreuerin Alice (Bach) bald zwischen die Fronten von geldgeilem Kapitalismus und dem Zorn der Natur gerät. Denn der Raubbau erweckt einen von den dortigen Eingeborenen Kumas gefürchteten Dämon, der in Gestalt eines gigantischen Krokodils die Unruhestifter aus seinem Revier verjagen will. Natürlich ahnt unser Held als erster und lange Zeit auch einziger, dass dies kein gutes Ende nehmen wird, aber in bester Jaws-Tradition wird die Gefahr von den Verantwortlichen so lange belächelt und ignoriert, bis der Tisch für die gefräßige Bestie reich mit zartem, weißen Fleisch gedeckt ist.
So sehr Sergio Martino als Giallo-Regisseur überzeugen konnte und in diesem Bereich klar zum Allstar-Team gehört, mit seinen Ausflügen in den Urwald- und Monster-Horror hat er seinem Stellenwert nicht unbedingt einen Gefallen getan. Die heilige Bestie der Kumas bietet – wie schon Die weiße Göttin der Kannibalen – wenigstens diverse sehr schöne Natur- und Landschaftsaufnahmen (einige davon eindeutig identisch), das Setting ist auf alle Fälle hübsch anzusehen. Problematisch wird es dafür in nahezu allen anderen Bereichen. Dass Martino nie als Fetischist für smarte Dialoge und gute Darstellerleistungen berühmt wurde ist schon einkalkuliert, nur was hier teilweise für ein Stuss vor sich her gebrabbelt wird, gute Güte. Dazu sind bis auf das erprobte Dreigestirn fast alle Nebendarsteller durch die Bank eine Zumutung, aber wenn der Rest zackig daher kommt, passt auch so was mal. Nun, leider ist erst am Ende deutlich Bambule im Busch. Da geht plötzlich richtig was ab, wenn Brandpfeile-verschießenden, meuchelnde Einheimische zu Lande und ein vielfräßiges Killer-Kroko im Wasser zum Todes-Ping-Pong für die ganze Kack-Bagage wird. Davor passiert dann doch relativ wenig bzw. nichts, womit nicht zu rechnen wäre oder besondere Aufmerksamkeit hervorruft.
Was praktisch jeder Wasser-Tier-Horror dieser Tage vorlebte, sei es natürlich der Referenz-Film Der weiße Hai oder auch die Spaßgranaten-Variante Piranhas, wird mehr oder weniger auch hier praktiziert. Die einen warnen, machen und tun, der Rest setzt sich mit dem Arsch drauf, bis das Kind in den Brunnen gefallen ist und das Wasser blutrot eingefärbt. Der Weg dorthin ist bei Die heilige Bestie der Kumas auf gar keinen Fall das Ziel, der ist ziemlich träger, oftmals unvorteilhaft alberner Quatschkram, bei dem schon sehr deutlich wird, dass der spärliche Einsatz der Krokos nicht dazu dient die Spannung subtil zu erhöhen. Wenn das Vieh plastisch in Szene gesetzt wird, ist das mal recht okay und mal…puh. Da dümpelt eine unbewegliche Luftmatratze in Krokodilform gegen ein Boot. Hat man ja beinah mehr Angst um die als um den Kahn. Ein rausstehender Nagel oder nur ein harter Splitter und puff.
Witzig, dass die Größe des Tiers optisch immer wieder variiert. Mal riesig, mal bald Aquariums-tauglich, da stimmt die Relation selten. Aber mit solchen Details hat es der Film eh nicht so. Die urigen Miniatur-Modelle von Gebäuden und Fahrzeugen um an den Special-Effects zu sparen sind schon wieder ganz Retro-charmant, aber richtig kurios wird es eigentlich erst, als die Messe bereits gelesen ist. Das Finale ist, wie gesagt, mit Abstand das Beste am Film und macht in seinem Tempo und Alarm durchaus Spaß. Aber wie kann es denn sein, dass unsere Helden mitten in der Nacht unter Wasser zum Showdown mit dem dämonischen Reptil antreten und nach ein paar Minuten bei strahlender Mittagssonne wieder auftauchen? Was ist denn da los? Super auch, dass die restlichen Überlebenden – nachdem gerade eben (aber wer weiß, ist ja auch schon wieder hell) um sie herum dutzende Menschen aufgespießt, gehängt, erschossen, angebrannt oder gefressen wurden – plötzlich total gute Laune haben und das kleine Nervensägen-Mädchen noch einen flotten Spruch zum Abspann durch die Zahnlücke rauspfeift. Wir sind schließlich zum Urlaub hier, bezahlt ist bezahlt. Ein Schmarn, ehrlich, aber leider nicht unterhaltsam genug darin.