Manche Filme sind von vornherein zu Höherem bestimmt und gehen urknallartig, ob verdient oder nicht, durch die Decke. Andere Filme hingegen sind dazu verdammt, geradewegs in der Versenkung zu verschwinden und können sich darüber glücklich schätzen, wenn die ihnen angemessene Anerkennung einige Jahre später einkehrt – doch auch das ist selbstverständlich nicht Usus. Einer der Filme, die sich einen gewissen Kultstatus verdient hätte, mit denen es das Schicksal allerdings von Beginn an nicht wirklich gut meinte, ist Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile von Steve De Jarnatt (Cherry 2000). Großen Dank also muss man der Turbine Media Group an dieser Stelle aussprechen, die es den Filminteressierten dieses Landes nun ermöglich hat, diese unscheinbare Perle des Endzeit-Kinos ungeschnitten und in hochwertiger Qualität zu goutieren.
Nachdem sich Steve De Jarnatt beinahe ein ganzes Jahrzehnt durch die Produktionshölle bewegte, dabei immer wieder scheiterte, sein Drehbuch unter den Mann zu bekommen und mit künstlerischen Kompromissen an der langen Leine geführt wurde, sollte es 1988 endlich so weit sein: Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile, für den De Jarnatt übrigens den Regieposten beim 1980er Jahre Klassiker Police Academy – Dümmer als die Polizei erlaubt ablehnte, startete in den amerikanischen Kinos. Die größte Hürde war genommen, doch Entspannung war noch lange nicht in Sicht, denn nicht nur wurde DeJarnatts Herzensprojekt fälschlicherweise als Actionfilm beworben, auch wurde Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile gnadenlos von Steven Spielbergs Breitwandabenteuer Indiana Jones und der letzte Kreuzzug und dem dreifach Oscar-nominierten Feld der Träume verdrängt.
Warum es sich aber lohnt, sich Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile zu Gemüte zu führen, ist sein stilistisches Geschick, Erwartungshaltungen zu untergraben. Wer also mal wieder Lust hat, sich dem Endzeitkino zu widmen, ohne dass sich das Szenario im effektüberladenen Schall und Rauch ergießt, dem sei Steve DeJarnatts Passionswerk nur wärmstens empfohlen, sehen sich die herkömmlichen Tropen des Genres hier doch gekonnt gegen den Strich gebürstet. Mag der Plot vorerst auch noch so simpel anmuten, die kausalen Konsequenzen, die dieser aufwirbelt, sind nicht nur in der Theorie genial, sondern auch in der Umsetzung ungemein fesselnd. Denn durch einen Telefonanruf, den irrtümlicherweise Hauptakteur Harry (Anthony Edwards, Top Gun) entgegennimmt, erfährt dieser von einem bevorstehenden Atomangriff auf Los Angeles. Streich oder Warnung?
Schon mit den ersten Bildern wird deutlich, dass Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile von ganz abseitigen, herrlich einzigartigen Aufnahmen zehren wird (Kameramann Theo van de Sande leistet großartige Arbeit), die gerade durch die Kombination mit der ungreifbaren Drohkulisse und dem Soundtrack von Tangerine Dream zusehends an Strahlkraft gewinnen. Ohnehin ist der Wettlauf gegen die Zeit, den Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile beschreibt, ungemein sensorisches Kino, mit dem Steve De Jarnatt ein wunderbares Beispiel für ökonomisches Arbeiten abliefert: Aus geringen Mitteln wird hier dermaßen viel Potenzial geschöpft, dass es so mancher Big-Budget-Produktion die Schamesröte ins Gesicht treiben sollte. Und doch, am Ende, wenn sich die Katastrophe zuspitzt, offenbart der Film endgültig sein wahres Wesen: Die Nacht der Entscheidung – Miracle Mile ist ein wirklich romantischer, bittersüßer Liebesfilm.