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Inhalt

Bretagne, Côtes d'Armor, Eleanor ist mit ihrem Ex-Freund Samuel in das Haus ihres Vaters am Meer zurückgekehrt, in dem sie und Samuel viele glückliche Sommer verbracht haben, als sie noch ein Paar waren. Nach dem Tod ihres Vaters muss Eleanor das Haus verkaufen und Samuel hat ihr angeboten ihr zu helfen es für die potentiellen Käufer herzurichten. Eigentlich wissen beide, dass sie noch viel für einander empfinden, aber dazu gemeinsam in schönen Erinnerungen zu schwelgen kommen sie nicht, denn die Immobilienmaklerin Claire führt einen potentiellen Käufer nach dem anderen durch das Haus und eine Nachbarin die das ganze aus der Ferne beobachtet, scheint ihre ganz eigenen Erinnerungen an das Haus und Eleanors Vater zu haben.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Warum sich Samuel (Yannick Renier, Chanson der Liebe) darauf eingelassen hat, zusammen mit seiner Ex Eléonore (Emma de Caunes, Schmetterlinge und Taucherglocke) über das Wochenende in das Landhaus ihres verstorbenen Vaters zu fahren, um dieses ein Stück weit auf Vordermann zu bringen und anschließend zu verkaufen, weiß er selber nicht richtig. Einst nämlich hat sie ihn mit einem Musiker betrogen, den Schmerz dieses Vertrauensbruch spürt er noch heute. Vielleicht keimte noch ein Gefühl der emotionalen Verpflichtung auf, Echos aus der Vergangenheit, wenn man so möchte. Vielleicht aber wollte er sich zur Konfrontation mit der Frau zwingen, der er einst versprach, sie für immer zu lieben. Das Warum spielt in Olivier Jahans Die Schlösser aus Sand natürlich die entscheidende Rolle, interessanterweise aber verbleiben seine Antworten im angedeuteten, nur skizzierten Raum.

Man muss sich Die Schlösser aus Sand als einen Film vorstellen, in dem das gesprochene Wort der Charakter nur das umfasst, was sie sich trauen zu sagen. Die Wahrheit liegt, wie er es schon häufig in ähnlich gepolten Beziehungsdramen gesehen haben, vorzugsweise aus Frankreich, natürlich dahinter. In den Blicken, die sich Samuel und Eléonore zuwerfen. In sanften Berührungen, die sie sich noch gegenseitig schenken, obwohl sie längst dem Glauben anheimgefallen sind, sich vollends voneinander entfremdet zu haben. Immer wieder hinterfragt Die Schlösser aus Sand am Beispiel der Hauptfiguren, wie viel von einer Beziehung in den ehemaligen Partner übrigbleibt, nachdem sie zerbrochen ist. Und Olivier Jahan weiß: Eine ganze Menge. So viel nämlich, dass es Samuel und Eléonore vollkommen überfordert, ihre Gefühle ohne die (auch) gegen sich selbst gerichtete Verleugnung zu artikulieren.

Olivier Jahan bedient sich einem Erzählmodell, welches wir zuvorderst aus der Literatur kennen: Der auktorialen Perspektive. Eine gewisse (nicht negativ gemeinte) Dissonanz erweckt dabei jedoch der Umstand, dass Eléonore diesen auktorialen Erzähler darstellt. Sie behandelt sich selbst sowie die anderen Charaktere wie eine Art Fremdenführer. Später spricht sie dann auch geradewegs in die Kamera, durchbricht die vierte Wand und potenziert somit simultan dazu den Reiz der Beobachtung, den Die Schlösser im Sand innerhalb seiner Zuschauerschaft stimuliert. Denn, egal, wie viele Blickwinkel das Narrativ einnimmt, Olivier Jahan lässt seinen Protagonisten Geheimnisse. Er formuliert sie nicht aus, möchte sie nicht transparent machen (auch wenn gerade diese erzählerische Mittel dafür einstehen), sondern vielmehr auf mehreren Ebenen verstehen, wie sich Menschen gleichermaßen abstoßen und anziehen.

In der bretonischen Provinz sind Samuel und Eléonore nun gezwungen, sich zu begegnen – und Die Schlösser aus Sand scheint das (ehemalige) Paar von Minute zu Minute stärker einzukeilen. Ihnen keinen Ausweg mehr zu ermöglichen, jedenfalls so lange nicht, bis sie sich ihre immer noch bestehende Zuneigung eingestehen. Olivier Jahan hat einen Film über die Unmöglichkeit, wirklich loszulassen, gedreht. Die verblasst geglaubte Liebe, in die Samuel wie auch Eléonore einst alles investiert haben, ist noch nicht an ihrem Ende angekommen. Auch wenn Samuel eine neue Freundin hat und Eléonore inzwischen allzu gerne zur Tablettenpackung greift. Nein, zwischen Tränen, Ängsten und dem Bewusstsein über die eigene Vergänglichkeit, blüht verloren geglaubt Intimität. Eine Innigkeit, die vertraut wirkt. Ein Neuanfang, der unausweichlich war. Und damit auch neue Zweifel.

Fazit

"Die Schlösser aus Sand" erschlägt den Zuschauer keinesfalls als staubtrockenes Problemkino aus Frankreich. Stattdessen zeichnet sich Olivier Jahan für ein gerne subtiles, formidabel gespieltes Beziehungsdrama aus, in dem sich zwei Ex-Partner eingestehen müssen, nicht voneinander loskommen zu können. Besonders interessant erweist sich dabei die multidimensionale Erzählperspektive: Während ein allwissender Erzähler das Geschehen kommentiert, durchbrechen die Figuren die vierte Wand und bleiben dennoch spannend, weil Olivier Jahan den Andeutung Gewicht zu verleihen versteht.

Kritik: Pascal Reis

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