Wenn ein bescheidener Verwalter des britischen Goldes sich plötzlich ganz anders benimmt, als man es erwartet hätte, dann hat man schon mal eine solide Grundlage für eine spannende Story. Henry Holland (Alec Guinness, Krieg der Sterne) ist eben kein Ganove, der mit Gewalt eine Bank ausrauben will, sondern ein zuverlässiger, stets pünktlicher und total unauffälliger Mitarbeiter, den man auch im wahren Leben niemals verdächtigen würde, einen Raub zu begehen. Das macht ja die ganze Geschichte so interessant, dass die Figuren sich so ungewöhnlich verhalten und aus ihren eingefahrenen Rollen ausbrechen. Henry Holland ist ein sanftmütiger Bankangestellter und sein Komplize Pendlebury (Stanley Holloway, Erster Sieg) ist eigentlich ein Künstler mit Leib und Seele, muss aber Souvenirs herstellen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Beide Figuren möchten aus ihrem bisherigen Leben ausbrechen und der Kontrast zwischen ihrem bisherigen Leben und dem Leben, das sie sich erträumen, lässt die Entstehung vieler skurriler Situationen zu, die sich allein aus ihrer Unerfahrenheit als Räuber ergeben.
Schon die Art und Weise, wie sie zueinanderfinden, ist herzallerliebst, weil Holland sich vorsichtig vorantastet, um herauszufinden, ob sein Gegenüber sich auf einen Raub einlassen würde. Aus dem minimalistischen Schauspiel ergibt sich viel mehr als man sich vorstellen könnte, weil die beiden mit bedeutungsvollen Blicken und kleinen Gesten jede Menge aussagen können und das, was die Schauspieler in ihren Rollen darstellen, ist unfassbar lustig. Alec Guinness wurde für seine Darbietung in dem Film sogar für den Oscar nominiert. Mit dem komödiantischem Talent war er allemal gesegnet. Allein die Darbietung als die beiden versuchen, den schweren Jungs eine Falle zu stellen, um sie als Komplizen an Land zu ziehen ist goldwert und auch ihr Abenteuer am Hafen, bei dem sie der Schikane des Zolls ausgesetzt sind, ist unglaublich witzig. Entscheidend für die Krimikomödie ist die Tatsache, dass nur der Zuschauer das überlegende Wissen hat und die Möchtegern-Ganoven durch ihre Unwissenheit in Bezug auf das große Ganze sich hin und wieder aufs Glatteis manövrieren, denn alles, was schief hätte laufen können, läuft auch schief und es geht nur noch darum die Fehler, die gemacht wurden, wieder auszubügeln.
Die Verkettung unglücklicher Umstände führt dazu, dass ein genialer Plan scheitert, doch dieser Umstand erweist sich als großartig für den Film, weil sich die Situationskomik so viel besser entfalten kann und was wäre es schon für ein Film, bei dem alles glattlaufen würde? Ein ziemlich langweiliger, doch Einmal Millionär sein ist alles andere als langweilig, weil der Film viele überraschende Wendungen, Verfolgungsjagden und Komik zu bieten hat, darum wurde das Originaldrehbuch sogar mit einem Oscar ausgezeichnet. Doch wie kam T.E.B Clarke (Zwei Städte) auf die Idee, diesen genialen Plot zusammenzuschustern? Fairerweise muss man sagen, dass er nicht ganz allein für die Entstehung des Drehbuchs verantwortlich war. Er kreierte zunächst eine Figur des Beamten, der bei der Bank of England arbeitete und diese Bank ausrauben wollte. Doch wie genau sollte es seine Figur anstellen? Diese Frage stellte sich T.E.B. Clarke und darum entschied er sich dazu einfach in die Bank of England hineinzuspazieren und zu fragen, wie man Goldbarren stehlen könnte. Er sollte ein Formular ausfüllen, um sein Anliegen darzulegen und er schrieb: „Brauche Tipps zum Diebstahl von Goldbarren“.
Nach einer recht langen Wartezeit, empfing ihn ein wichtiger Bankmitarbeiter in seinem Büro und fragte ihn höflich, ob er tatsächlich vorhat, die Goldbarren zu stehlen. Darauf antwortete er, dass er nur ein Autor sei und, dass er ein Drehbuch schreiben möchte. Als der Bankmitarbeiter sich sicher war, dass Clarke harmloser war, als er aussah, rief er den Leiter der Goldabteilung an, doch er war sich sicher, dass keiner seiner Mitarbeiter unentdeckt mit den Goldbarren davonkommen würde. Er sagte: „Der Goldraub muss auf dem Weg von der Raffinerie stattfinden.“ Deswegen wurde der Leiter der Transportabteilung gerufen. Die drei waren so vertieft in die Planung des Raubüberfalls, dass sie Clarke kaum Beachtung schenkten. Er saß zufrieden und still da, während die Mitarbeiter der Bank von England den Kern seiner Handlung ausgearbeitet hatten. Letztendlich verläuft der Raubüberfall bei Einmal Millionär sein, fast genauso, wie es die Führungskräfte der Bank of England geplant hatten und sie stehen nicht einmal im Abspann. Das ist natürlich eine lustige Anekdote am Rande, die zusätzlich viel Freude bereitet. Heutzutage wäre so etwas aufgrund von hohen Sicherheitsvorkehrungen undenkbar, aber damals konnte man einfach in eine Bank spazieren und sich Tipps für einen Bankraub holen. Was für eine kuriose Geschichte!