Inhalt
Inspiriert von der fesselnden wahren Geschichte eines Mannes, der alles für seine Familie tun würde - und für die Freiheit. Als Peter, ein versklavter Mann, sein Leben riskiert, um zu entkommen und zu seiner Familie zurückzukehren, begibt er sich auf eine gefährliche Reise voller Liebe und Ausdauer.
Ab dem 9. Dezember auf Apple TV+
Kritik
Es fällt so unglaublich schwer über Emancipation zu reden, ohne die Ohrfeige zu erwähnen. Der bereits vorm Skandal gedrehte und von Apple eingekauft Film, galt schon in der Phase seiner Vorproduktion als große Oscar-Hoffnung für Will Smith, der den Academy Award schließlich für seine Leistung in King Richard erhielt und diesen eigentlich glorreichen Moment selbst einäscherte, als er Komiker Chris Rock vor der gesammelten Weltöffentlichkeit und Hollywood-Prominenz wegen eines Witzes eine schallende Gesichtsklatsche verpasst. Der Oscar Slap war geboren, die Karriere des Men In Black-Stars erst mal ruiniert und Apple wusste nicht, was sie machen sollten.
Das ist schon alles irgendwie ironisch und am Ende durchaus auch etwas überraschend, dass Apple – nach einer frenetisch gefeierten Weltpremiere – sich dazu entschloss, das Sklaven-Drama doch noch Ende 2022 zu veröffentlichen. Natürlich einhergehend mit allerlei Promotion, die sich weit weniger um den Film, als viel mehr um Will Smith drehte, der sich immer wieder entschuldigte. So könnte Emancipation zumindest für den Streamingdienst zu einem Erfolg werden, denn in aller Munde ist zumindest der Hauptdarsteller des Films kurz vorm globalen Release wieder. Da scheint die Frage, ob das Werk die vorausgegangen Vorschusslorbeeren wirklich verdient hat, fast nebensächlich.
Wenn dann doch mal nicht vom Oscar Slap, sondern vom Film an sich geredet wird, fallen immer wieder Ausdrücke wie künstlerisch ambitioniert, preiswürdig, Herzensprojekt oder wichtige Geschichte. Den letzten Beiden kann man zustimmen. Nicht nur Smith, der den Film mitproduzierte, sondern auch für Regisseur Antoine Fuqua (The Equalizer-Trilogie) handelt es sich hierbei gewiss nicht bloß um das nächste Projekt, sondern um einen Wunschfilm. Einen, der dank Quentin Tarantino-Stammkamermann Robert Richardson in einer monochromen Optik erstrahlt. Deren Zweckhaftigkeit ist klar. Hier wird eine traurige, brutale und auszehrende Odyssee bebildert. Für Freude sowie Farbe ist verständlicherweise kein Platz. Selbst das Blut hat keine Strahlkraft. Stilistisch mag Emancipation also ambitioniert sein, aber im Grunde seines Herzens ist es Genre-Kino, welches visuell umlackiert wurde, damit es zumindest optisch zum klischeebelasteten Bild passt, dass viele vom anspruchsvollen Film haben.
Drehbuchautor Bill Collage (Exodus - Götter und Könige) sowie Regisseur Antoine Fuqua erzählen die wahre Geschichte eines Sklaven, der sich 1863 zehn Tage lang durch die Sumpflandschaft von Louisiana kämpfte, gnadenlose Verfolger im Rücken und unerbittliche Gefahren voraus, um sich im Norden der Unionsarmee anzuschließen. Eine wahre Geschichte, die gewiss für den Film angepasst wurde, was ihre Kraft und Wichtigkeit nicht schmälert. Im Grunde nutzen die Macher aber fast die gleichen Mechaniken wie viele andere Rachefilme, besonders die des skandalumwitterten Sub-Genres Rape-and-Revenge. Das Opfer (hier Will Smith als Sklavenrepräsentant Peter) wird teils drastisch gepeinigt und gedemütigt, kann sich befreien und dreht nach und nach den Spieß um. Bei Emancipation kulminiert dies in Pathos getunkte Szenen, die an Überwältigungspompösitäten aus Braveheart oder Last Samurai erinnern. Das Ziel der Macher ist klar: Emotionen sollen entfacht werden. Wir Zuschauer sollen mit Peter mitfiebern, ihn anfeuern und zufrieden sein, wenn er endlich alle Schikanen, Leidenswege und Hürden gemeistert, überwunden oder zerstört hat. Klassisches Konzept, welches nicht aufgeht.
Will Smith agiert hier nämlich komplett im Oscar-Modus. Er spielt keinen Menschen, er spielt ein Vorbild, eine geschundene Idealvorstellung, was unbeschreibliches Leid und Ungerechtigkeit aus einer Person machen können. So gut und glasklar die Haltung gegen die Schrecken der Sklaverei hier auch eingefangen wurden, im Grunde ist Emancipation ein stilistisch aufgewerteter B-Movie-Reißer über einen Unberührbaren. Peters Martyrium verkommt zu einer Leidensschau und der Charakter an sich zu einem Helden, der vom Sieg der Menschlichkeit erzählen möchte, aber vom Drehbuch selbst zu einem fast schon unmenschlichen Wesen degradiert wird, welches anscheinend nur dafür gut ist Gewalt einzustecken oder auszuteilen. Als Krönung dieses Königs darf er noch mit stetiger moralischer Überlegenheit hantieren, die er auch anderen Opfern der Sklaverei gerne dick aufs Brot schmiert. Mit etwas Häme könnte man Emancipation auch als Die Passion Christi von Will Smith bezeichnen. Allerdings kämpfte Jesus nie gegen einen Alligator und wie war das noch gleich mit dem Messias? "Wenn dich jemand auf deine rechte Wange schlägt, so wende ihm auch die andere zu." Tja, wie schon zu Beginn gesagt, es fällt schwer nicht über die Ohrfeige zu reden.
Fazit
Ein unter monochromen, kunstgewerblichen Bildern verborgener Reißer, in dem Will Smith darstellerisch auf Oscar-Auto-Pilot agiert. Mag die wahre Geschichte noch so aufreibend und inspirierend sein, der Film, der daraus gemacht wurde, ist all das nicht.
Autor: Sebastian Groß