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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die junge Lehrerin Juci versucht, die veralteten Methoden ihrer Schule in Frage zu stellen, während die neue Schülerin Palkó, die kürzlich aus dem Ausland umgezogen ist, Schwierigkeiten hat, sich an das anspruchsvolle Bildungssystem anzupassen. Ihre persönlichen Geschichten bieten Einblicke in ein Unterdrückungssystem und spiegeln die breitere ungarische Gesellschaft wider.

Kritik

Es beginnt harmlos. Sowohl für die Zuschauenden im Kinosaal von Locarno, wo Bálint Szimlers (Explanation for Everything) systemkritisches Schuldrama im Wettbewerb seine Premiere feiert, als auch für dessen Charaktere. Einer ist der zehnjährige Palkó (ausdrucksvoll: Paul Mátis), der nach einem längeren Berlin-Aufenthalt neu an der ungarischen Grundschule im Mittelpunkt der emblematischen Ereignisse ist. Bereits diese punktuelle Parallele verbindet ihn mit der Vertretungsklassenlehrerin Juci (nuanciert: Anna Mészöly). Nicht nur alterstechnisch ist sie ihrer Klasse näher als dem konformistischen Kollegenkreis. 

Der sieht seinen Lehrauftrag nicht im Fördern eigenständigen Denkens, zu dem Juci die Kinder ermutigt, sondern im Einpauken von Fakten und zum Selbstzweck erhobenen Regelgehorsam. Vorschriften brauchen keinen Sinn machen, sie werden befolgt, weil sie Vorschriften sind und die Unerlässlichkeit struktureller Einordnung vermitteln. Beim Sport muss Palkó Strafrunden laufen, weil er nicht das vom drakonischen Sportlehrer festgelegte rote Shirt trägt und wer das Gebäude durch den falschen Türflügel betritt, muss nochmal durch den richtigen reingehen.

Wer sich nicht anpasst, wird systematisch drangsaliert. Auch Juci, deren Nonkonformismus anfangs als Weichherzigkeit verziehen wird. Der Erfolg ihrer progressiven Methoden werden als Misserfolge interpretiert. Revoluzzer-Gedichte sollen die Kids nicht begeistert zitieren, selbst wenn sie von Nationaldichter Sándor Petőfis stammen. Mit subtilem Sarkasmus inszeniert Szimler den abbruchreifen Schulbau als Synonym eines kaputten Lehrsystems, das seinerseits für das eines repressiven Staates steht. Was wild wächst, wird abgesägt. Ob liberale Lehrkraft, unbeugsamer Kindergeist oder nur ein Baum.

Fazit

Was als humorvolle Schul-Studie beginnt, spitzt sich analog zur trügerisch harmlosen Handlung zu zu einem ebenso bissigen wie bitteren Diagramm autoritärer Pädagogik. Jene ist zugleich Spiegel und Nährboden systemischer Repression, bei der jede*r entweder Rädchen oder Sand Getriebe sein kann. Die in ihrem lebensnahen Naturalismus dokumentarisch anmutenden Aufnahmen und das hervorragende Schauspiel machen die Konfrontation junger Freigeistigkeit und institutionellen Autoritarismus in Bálint Szimler scharfsichtigem Spielfilm-Debüt bedrückend wahrhaftig. Ein klarer Favorit für den Goldenen Leopard.

Kritik: Lida Bach

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