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Quelle: themoviedb.org
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Inhalt

„Bitte erhöre mein Gebet. Du weißt, dass ich deine Hilfe brauche. Du weißt, dass ich allein bin. In einem Land, das ich nicht kenne. In einer Sprache, die ich nicht spreche. In einem Leben, das ich nicht verstehe.“

In einem Kloster, mitten im vom Schnee bedeckten Bergmassiv des Schweizer Simplon, faltet die 14-jährige Fortuna, vor einer Marienstatue kniend, die Hände zum Gebet. Ein Foto erinnert an ihre Eltern, die sie seit der traumatisierenden Überquerung des Mittelmeers nicht mehr gesehen hat. Wie viele andere Geflüchtete ist das äthiopische Mädchen bei katholischen Ordensbrüdern untergekommen – übergangsweise, bis ihr Aufenthaltsrecht geklärt ist.

Kritik

Die Stille der Landschaft ist in Germinal Roaux' (Left Foot Right Foot) didaktischer Leidensstudie zugleich Spiegel und Kontrastbild zur Psyche der kindlichen Hauptfigur. Die 14-jährige Fortuna (Kidist Siyum, Ephraim und das Lamm) verharrt gegenüber ihrem menschlichen Umfeld abweisend und schweigsam wie die verschneite Bergwelt. Doch in ihrem Herzen toben Gefühle, die sich dem Publikum genauso schwer erschließen wie ihren Betreuern in dem abgelegenen Kloster. Das Gemäuer, in dem eine Handvoll Ordensbrüder und der greise Vorsteher (Bruno Ganz, Der Trafikant) in Abgeschiedenheit und Schweigen zu leben gedachten, beherbergt nun Flüchtlinge. Unter denen, die ihre leidvolle Reise hierher verschlagen hat, ist die Äthiopierin die einzige unbegleitete Minderjährige. Ihre vorübergehende Aufnahme in eine Ortsfamilie steht bevor, doch Fortuna weigert sich verzweifelt, den Zufluchtsort zu verlassen. 

Die Motive dieses sinnlosen Klammerns an einen überfüllten und kargen Ort, dessen persönliche Bedeutung für Fortuna wie so vieles in den erhabenen Schwarz-Weiß-Bildern im Dunkeln bleibt, bleibt das Geheimnis des Regisseurs und Drehbuchautors. Sein Interesse gilt augenscheinlich einzig den stilisierten Aufnahmen des drohenden Bergmassivs, der strahlenden Schneedecke und der zur Marienikone stilisierten Protagonistin. Ihr Geheimnis, von dem sie aus dem Off erzählt, ist leicht erraten. Unbegreiflich bleibt dafür ihr Verhalten, das in krassem Widerspruch zu den angedeuteten Umständen steht. Sie hängt mit masochistischer Liebe an dem doppelt so alten Kabir, der sie missbraucht, misshandelt, ihr seine Verbrechen anlastet und sie schließlich unvermittelt verlässt. Fortuna liebt und leidet, wie es ihrem Name entspricht.

Das harsche Szenario ist so übervoll von christlicher Symbolik, überhöhter Selbstkasteiung und Ikonographie, dass jeden Moment Orffs "Carmina Burana" über die Gipfel schmettern könnte. Tut sie zwar nicht, aber der sinnliche Genuss, den Roaux aus der psychischen Qual seiner Opferfigur zu ziehen scheint, ist dennoch unerträglich sadistisch. Eine pathologische Dimension bekommt das Jugenddrama durch eine „Reflektion“ des Klostervorstehers, die als Apologie des sexuellen Missbrauchs dient. Der gottergebenen Gleichmut der Ordensbrüder erscheint als humanistisches Gegenbild zur weltlichen Gesetzgebung, die für Fortunas Unglück (subtile Ironie) verantwortlich scheint. Oder wie es Fortunas ausdrückt: das Problem ist nicht ihr Alter, sondern Gesetze, die verhindern sollen, dass Kinder Kinder von doppelt so alten Typen bekommen. Oh, Fortuna!

Fazit

Einige elegische Aufnahmen der eindrucksvollen Naturkulisse sollen der gravitätischen Pieta den Anstrich von Poesie geben. Doch unter der künstlerischen Patina steckt ein altväterlicher Leidensethos, der die kindliche Titelfigur für anderer Untaten büßen lässt und ihre Verzweiflung in ästhetisiert. Der christliche Schwulst gipfelt in einer Allegorie von Kindesmissbrauch und daraus resultierender Schwangerschaft als unbefleckter Empfängnis. Und das alles läuft auf der Berlinale unter dem Label Kinderfilm.

Kritik: Lida Bach

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