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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Da ihrem Vater die Beziehung zu ihrem Freund Rolf ein Dorn im Auge ist, verlässt die 17jährige Susanne ihr Elternhaus in der Provinz und kommt bei ihrem schwulen Onkel in Frankfurt unter. Während Rolf seinen Wehrdienst ableistet, gerät Susanne im Rotlichtmilieu an den schmierigen Zuhälter Johnny, der das unbedarfte Mädchen zur Edel-Hure machen will…

Kritik

Mit seiner Mädchen-Trilogie (Mädchen, Mädchen / Häschen in der Grube / Mädchen: Mit Gewalt) machte sich Roger Fritz zwischen 1967 und 1970 in der deutschen Independent-Szene einen Namen und galt als ein vielversprechender Regisseur des jungen, deutschen Films. Danach verabschiedete er sich aber für eine lange Zeit vom Kino und schlug einen verblüffend konservativen Weg ein, indem er lediglich fürs Fernsehen inszenierte. Auf der großen Leinwand war er in den folgenden zehn Jahren vereinzelt mal in kleine Rollen zu sehen, u.a. für Rainer Werner Fassbinder in Lilli Marleen oder sogar Sam Peckinpah in Steiner – Das eiserne Kreuz. 1981 folgte dann aber doch noch mal eine Regiearbeit, die bis heute tatsächlich seine letzte sein sollte und da der gute Mann dieses Jahr - hoffentlich - 88 Jahre alt wird, kommt da vermutlich auch nichts mehr. Frankfurt Kaiserstraße könnte grob auch sein bisheriges Schaffen zur Mädchen-Quadrologie ausbauen, denn thematisch bleibt er sich weitestgehend treu. Wieder mal steht im Mittelpunkt der Handlung eine junge Frau, die sich mit der harten Realität einer Männerwelt konfrontiert sieht.

Susanne (Ex-Playmate Michaela Karger in ihrer ersten von insgesamt nur zwei Filmrollen) hat frisch ihren Schulabschluss in der Tasche und ist glücklich mit ihrer Jugendliebe Rolf (Dave Balko in seiner letzten von insgesamt nur zwei Filmrollen) liiert. Ihrem Vater, dem erzkonservativen Dorfmetzger in einem kleinen Kaff in der Nähe von Frankfurt, passt es aber gar nicht, dass die Susi mit ihrem halbstarken Mofa-Lover schon fleißig Matratzensport ausübt. Das wird in hessischer Mundart babbelnd überdeutlich Kund getan, aber Susanne lässt sich nichts verbieten. Kurzerhand packt sie ihre sieben Sachen und macht sich auf in die Mainmetropole, um dort das pulsierende Großstadtleben am eigenen Leib mitzuerleben. Gott sei Dank lebt dort ihr Onkel Ossi (großartig neben der Spur: Kurt Raab, Die Zärtlichkeit der Wölfe), ein stockschwuler Crossdresser, der mit seinem Lebensgefährten einen Blumenladen im berühmt-berüchtigten Bahnhofs- und Rotlichtmilieu betreibt. Da Rolf gerade seinen Wehrdienst ableisten muss, ist Susanne dort erstmal etwas auf sich allein gestellt, denn obwohl Ossi mit der Zeit tatsächlich so was wie „Mutterinstinkt“ entwickelt, ist er nicht gerade das Vorzeigemodell eines verantwortungsvollen Erziehungsberechtigten. Durch einen von ihm organisierten Job als Blumenmädchen in einschlägigen Szeneclubs wird der skrupellose Lude Johnny (Hanno Pöschl, Before Sunrise) auf sie aufmerksam. Und der hat sehr spezielle Pläne mit der blauäugigen Dorfschönheit (-„ Wenn dir eine über den Weg läuft, machts du sie an. Und wenn sie in dich verknallt ist, schickst du sie auf den Strich!“ –„Na und? Andere schießen Elefanten in Afrika und das ist eben mein Hobby!“)

Frankfurt Kaiserstraße hatte sicherlich ein etwas ungünstiges Timing, zumindest sollte hier ein gewisser Anspruch verfolgt werden. Im selben Jahr erschien mit Christiane F. – Wir Kinder vom Bahnhof Zoo DER deutsche Szene-Film überhaupt. Der nicht nur ungemein gelungen und erfolgreich war, natürlich auch einen Film wie diesen nicht nur knallhart in den Schatten stellt, sondern auch ein stückweit „pietätlos“ erscheinen lässt. Um den Konsum harter Drogen geht es hier zwar nicht, gewisse Parallelen lassen sich beim Thema Zwangsprostitution und der generellen Darstellung von Rotlichtkriminalität aber auch nicht von der Hand weisen. Aber das wäre wirklich zu hart, denn genau genommen ist das hier eine ganz andere Baustelle. Von Roger Fritz ursprünglichen Mädchen-Trilogie war man auch etwas Anderes gewohnt, denn obwohl auch diese Filme schon ein sehr schroffes und teilweise exploitatives Wesen hatten, waren sie doch immer deutlich mehr als reines Genre-Kino. Dem kommt dieses Exemplar schon klar am nächsten. Um nicht zu sagen: Das hier ist eigentlich reinrassiges Exploitation-Kino. Was in Deutschland ja jeher einen absoluten Exoten-Status besaß und nach wie vor besitzt, 1981 aber bereits komplett aus der Zeit gefallen schien. Da war es dann eher vollkommen anspruchsvoll oder nur dümmliche Unterhaltung (also praktisch wie heute, leider), so einen wüsten Hybriden mit gewollten Schmuddel-Flair gab es eigentlich gar nicht mehr.

Einen gewissen Teil dazu trägt auch die manchmal sehr skurrile Nachsynchronisation bei, die im deutschen Independent-Kino dieser Tage öfter verwendet wurde und das Ganze noch etwas schnodderiger erscheinen lässt als ohnehin schon der Fall, aber es verstärkt den ursprünglichen Eindruck eigentlich nur minimal – oder eher, „umarmt“ ihn sehr passend. Wenn da am Anfang eine Gang-Attentat mit einer explodierenden Billard-Kugel ausgeübt wird, ganz Frankfurt abwechselnd wie ein Abklatsch von New York oder ein einziger, riesiger Puff dargestellt wird und viele Figuren chargieren wie in einer billigen Travestie-Show auf Koks ist das einfach nichts anderes als pures, völlig übertriebenes Bahnhofskino. Aber warum auch nicht? Macht doch auch Spaß, zumindest wenn man keinem falschen Anspruchsdenken hinterherhechelt und das mit das mit dem notwendigen Enthusiasmus vorgetragen wird. Frankfurt Kaiserstraße ist ganz klar der „schwächste“ Film von Roger Fritz, wobei das eigentlich auch nicht ganz stimmt. Er ist lediglich der entspannteste. Der sich am wenigsten selbst ernst nimmt und auch nicht wirklich ernst genommen werden kann – und vor allem: das auch gar nicht will. Wenn man damit klarkommt, ist dieses temporeiche und überkandidelte Rotlicht-Sause ziemlich unterhaltsam und trotz seiner überspitzen Art wesentlich „authentischer“ als dieser verkrampfte Spießbürger-Schrott, mit dem man aus der heimischen Filmschmiede sonst so zugemüllt wird.

Fazit

Lebendiges Exploitation-Kino aus Deutschland. Ohne höheren Anspruch, dafür mit viel Verve und dem berühmten „Stallgeruch“, den einheimische Produktionen leider so oft vermissen lassen. Wirklich bedauerlich, dass Roger Fritz danach nichts mehr gedreht hat. Mit seinen vier Kinofilmen hat er mehr für den deutschen Film getan als gewisse andere Wichtigtuer, die uns seit Jahrzehnten mit der ewig gleichen Sülze belästigen.

Kritik: Jacko Kunze

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