In den 90ern machte Tom Green (Road Trip - Heißer Trip nach Texas) erstmals in den Medien auf sich aufmerksam. Nach Stand-up-Auftritten und einer Rap-Karriere, die eher von vorübergehender Dauer war, traf er mit seiner The Tom Green Show einen ähnlichen Nerv wie die chaotische Jackass-Truppe, die mit versteckter Kamera und provokanten Extrem-Stunts sämtliche Sympathien der MTV-Zuschauerschaft auf ihrer Seite hatten. Wahren Kultstatus, wenn auch überwiegend fragwürdiger Natur, sicherte sich Green allerdings mit seinem Film Freddy Got Fingered. Dieses Werk, das gleich fünf goldene Himbeeren einsackte, ist höchstens noch mit Tommy Wiseaus (The House That Drips Blood on Alex) legendärem The Room vergleichbar und ansonsten ein Film, den man selbst gesehen haben muss, um ihn auch nur ansatzweise fassen zu können.
Freddy Got Fingered wirkt so, als hätten Wiseau, Helge Schneider (Praxis Dr. Hasenbein), Alejandro Jodorowsky (El Topo) und das Duo Friedberg/Seltzer (Date Movie) gemeinsam einen Film auf die Menschheit losgelassen, um so viele Zuschauer wie nur möglich unerbittlich vor den Kopf zu stoßen. Greens Arbeit als Regisseur, Co-Autor und Hauptdarsteller ist nichts weniger als ein bizarrer Anti-Film, der auf eine Form von sinnlosen Szenenverläufen, einem selten dargebotenen Humorverständnis und improvisiert wirkende Dialogen setzt, woraus ein Gesamtwerk entstanden ist, bei dem man kaum glauben kann, dass ein Studio wie 20th Century Fox tatsächlich 14 Millionen Dollar als Unterstützung investiert hat.
Die Reaktion auf Freddy Got Fingered kann sich daher nur in zwei Lager aufteilen. Die einen werden in dem Film einen der miesesten Filme aller Zeiten erkennen, der auf allen Ebenen unterirdisch ist, während andere in ihm eine Art Neo-Surrealismus sehen, der auf ebenso gewagte wie extreme Weise Szenen enthält, die Grenzen nicht nur überschreiten, sondern völlig für sich eine neue Form von innovativem Nischen-Humor entwickeln. Zunächst funktioniert dieser Ansatz auch überraschend gut, denn die Parade von kranken Witzen, irritierendem Nonsense, widerlichen Sketchen und einigen Momenten, die einen fast schon dazu treiben, sich die Augen ausstechen zu wollen, bringt Gags hervor, die es so noch nie zu sehen gab und vermutlich in dieser Form und Dichte auch nie wieder geben wird.
In einer Szene besucht Hauptfigur Gord seinen verletzten Freund im Krankenhaus, während im Nachbarbett eine schwangere Frau liegt. Durch sein gewohnt aufgedrehtes, geradezu unerträgliches Verhalten setzt er bei der Frau plötzlich die Geburt in Gang und springt umgehend als Arzt ein, um das Baby selbst auf die Welt zu bringen. Daraufhin beginnen afrikanische Frauen in den umliegenden Betten wild zu trommeln, während Gord das Kind förmlich aus der Mutter herauszieht, die Nabelschnur hysterisch durchbeißt und das anschließend leblose Baby an dieser Schnur durch den Raum schwingt, bis es wieder zu Atmen beginnt. Und diese Szene ist lediglich ein Beispiel von vielen, die Freddy Got Fingered im Minutentakt auffährt.
Das macht den Film allerdings trotzdem kein bisschen erträglicher, denn trotz vereinzelter Höhepunkte, die zum ungläubigen Kopfschütteln und lauten Lachen animieren, entwickelt sich diese Ansammlung maximal gewöhnungsbedürftiger Szenen über fast 90 Minuten hinweg zu einer Geduldsprobe, die ungefähr nach der Hälfte der Laufzeit ermüdende Anstrengung beim Betrachter auslöst. Für einige Hartgesottene dürfte diese Tatsache ebenfalls kein Hindernis darstellen, doch jeder, der vorab überhaupt nicht weiß, worauf er sich bei diesem Film einlässt, sei hiermit gewarnt.