Inhalt
Am 11. März 2011 um 14:46 Uhr Orszeit wird Japan vom schlimmsten Erdbeben in der Geschichte des Landes erschüttert. Das Beben löst einen verheerenden Tsunami aus, der das Kernkraftwerk von Fukushima unter einer gigantischen Flutwelle begräbt. Die Naturkatastrophe verursacht einen gefährlichen Stromausfall in der gesamten Anlage – Explosionen, Brände und irreparable Schäden an vier Reaktorblöcken führen zu Kernschmelzen und massiver Freisetzung radioaktiver Stoffe. Schichtleiter Isaki und Werkschef Yoshida stehen vor einer schweren Entscheidung: Sollen sie und ihre Arbeiter vor der gefährlichen Strahlung fliehen oder ihr Leben aufs Spiel setzen, um den Super-GAU zu verhindern ...
Kritik
Die Nuklearkatastrophe von Fukushima ist wohl ohne Zweifel eine der größten Katastrophen der jüngeren Menschheitsgeschichte: Während ein zerstörerischer wie tödlicher Tsunami am 11.03.2011 die Küste Japans trifft – mit über 15.000 Toten – beginnt im Kernkraftwerk Fukushima Daiichi (Fukushima I) der Kampf gegen eine atomare Katastrophe. Eine die sowohl im Nachgang Gier als auch Inkompetenz offenlegte und dazu führte, dass nicht nur Japan klar über seine Energiepolitik nachdachte (es sollen nach dem Beschluss aus dem Jahre 2019 alle Atomkraftwerke Japans vom Netz gehen). Filmisch aufgearbeitet wurde indes das Schicksal Fukushimas schon mehrere Male, vor allem erwähnenswert sind hier Der ewige GAU? 10 Jahre Fukushima vom ZDF, Phone of the Wind: Whispers to Lost Families oder Fukushima: A Nuclear Story. Im Falle von Fukushima (OT: Fukushima 50) von Regisseur Setsurô Wakamatsu geht es indes weniger um die Auswirkungen, sondern um die Menschen vor Ort. Die Menschen, die im und um den Reaktor ihr Leben riskierten und wie sie die Katastrophe erlebt haben. Unterstützt von Ken Watanabe, Takumi Saitoh sowie Tomorô Taguchi entsteht dabei ein Drama, welches zwischen Heldentum und Wahnsinn hin und herwechselt.
Regisseur Setsurô Wakamatsu und Autor Yoichi Maekawa, basierend dabei auf dem Buch des Journalisten Ryûshô Kadota, sind indes weniger daran interessiert einen klassischen Katastrophenfilm zu erzählen, und wollen viel lieber ein Gesamtblick auf die Ereignisse werfen. Kein Wunder also, dass sich der Film zu Beginn überhaupt keine Zeit für Figuren nimmt und direkt mit dem Erdbeben und der Flutwellte startet. Genau hier, liegt aber eines der größten Probleme von Fukushima: So edel auch die Absichten des Films sind, durch seine Mischung aus dokumentarischer Erzählweise, einigem Pathos, sowie jeder Menge Gespräche und politischen (inkompetenten) Machtspielchen, ist der Film an vielen Stellen anstrengend geworden. Der Wechsel aus Spannung, Wut, Fassungslosigkeit, typischer filmischer Inszenierung und jeder Menge Dialoge ist zermürbend – wenn auch wichtig. So haben wir zum einen die Mitarbeiter*innen vor Ort, die Trümmer beseitigen, Ventile öffnen, die Reaktoren kühlen sowie Daten sammeln, aber eben auch viele Konferenzräume, wo Entscheidungen getroffen werden, die oftmals für Kopfschütteln sorgen (Stichwort Ministerpräsident). Und dennoch: Richtig in die Tiefe geht Fukushima dabei nie. Kritik wird zwar geäußert (Diesel Generatoren in Tsunami Reichweite), zieht sich aber niemals konsequent durch den ganzen Film.
Dies liegt auch daran, dass dann doch die Menschen im Vordergrund stehen sollen. Das Problem ist jedoch, dass wir bis auf Izaki (Riho Yoshioka) und Yoshida (Ken Watanabe) wenig über sie erfahren. Ihre Ängste, Sorgen, ihre Hoffnungen oder ihr möglicher Verlust. Bei Izaki und Yoshida wird dies zumindest per Flashbacks versucht und auch der Blick auf Angehörige und Menschen aus Fukushima, hilft hier sehr. Ausreichend für durchweg gute Unterhaltung, ist dies an vielen Stellen aber nicht. Hier kommt dann auch zum Tragen, dass Fukushima kein klar adressierter Katastrophenfilm ist. Gewohnte epische Inszenierungen bleiben hier ebenso fern wie dramatische Actionsequenzen oder Einlagen. Es bleibt an vielen Stellen unaufgeregt und nur selten, gibt es einige Dramatik. Zwar wird viel geschrien und gezweifelt, aber nach Chernobyl ist die Erwartungshaltung für solche Art der Erzählung eben sehr hoch. Was bleibt ist aber dennoch ein Film, der hervorragend den damaligen Irrsinn, die Fehler und die Katastrophe beschreibt. Zudem bekommen wir einen Blick auf die Menschen, der sonst eher vorborgen bleibt. Die gefühlsdusselige Bilderbotschaft am Ende, hätte es dafür gar nicht mehr gebraucht.
Fazit
"Fukushima" von Regisseur Setsurô Wakamatsu ist viel mehr dokumentarisches Drama, als klassischer Katastrophenfilm. Und so schwankt auch gerne die Erzählweise, sodass nicht immer klar ist, welche Richtung der Film eigentlich gehen möchte. Was bleibt ist aber dennoch ein guter Beitrag zum Thema, der noch einmal einen anderen Blick auf die Katastrophe gewährt. Etwas mehr Feinschliff und Tiefe für die Figuren, hätte aber nicht geschadet.
Autor: Thomas Repenning