Die frühen 80er waren so was wie die vogelwilde, experimentierfreudige Phase des noch relativ jungen US-Slashers, als jeder Glückstreffer eventuell den Grundstein für ein lukratives Endlos-Franchise hätte legen können. Aus dieser ersten Periode gelang es lediglich (dem bereits früher etablierten) Halloween und Freitag, der 13. zum echten Serientäter zu werden, beide Serien waren 1981 bereits mit ihrem ersten Sequel am Start. Gleichzeitig starteten Filme wie Blutiger Valentinstag, Brennende Rache, Terror Eyes – Der Frauenköpfer oder eben Graduation Day, die es nicht über ihr Eintagsfliegen-Dasein hinaus schafften, mal mit mehr oder weniger Potential. Zu zweiter Kategorie gehört eindeutig eines der Frühwerke aus dem TROMA-Trödel-Wunderland, das aber durchaus mehr bieten könnte, wenn man sich denn für eine klare Route entschieden hätte.
Unter dem fast ekstatischen Jubel eines für US-Highschool-Filme erstaunlich unattraktiven Publikums (TROMA, die zahlen nicht mal für das Äußere) bricht eine Sprinterin urplötzlich zusammen, verstirbt kurz vor ihrem Abschluss, offiziell an einem Blutgerinnsel. Tragisch, aber The Show Must Go On. Die durch ihren Dienst bei den Marines kampferprobte Schwester Anna reist eine Woche vor dem Graduation Day daheim an, um…joah, keine Ahnung, um ihre Respekt zu zollen und ihren Pokal entgegen zu nehmen? Schon etwas merkwürdig, unsinnig und makaber, aber egal, so hat man gleich eine an sich ganz interessante Alternative zum üblichen Final Girl initialisiert. Sonst wurde dieses erst aus der Situation mehr oder weniger unvorbereitet erschaffen, nun gibt es gleich eine starke Frauenfigur, der jeder Killer maximal auf Augenhöhe begegnen dürfte. Was macht man mit dieser Figur? Richtig, wir lassen sie nach der Einführung für praktisch die gesamte Restlaufzeit verschwinden, bis sie zum Showdown auf einmal schmerzlich vermisst wird und dann so schwach dargestellt wird, als wäre sie auch nur Uschi-XY. Grandios, so macht man das.
Diese unentschlossene, unglückliche Kuriosität in Bezug auf seine vermeidliche Hauptfigur (genau genommen gibt es gar keine, nur ein Kollektiv von Nebenfiguren) zieht sich durch den ganzen Film. Gefühlt soll Graduation Day nicht so ein radikaler Unfug wie vieles aus dem Hause TROMA sein, orientiert sich deutlicher am ersten Freitag, der 13. und wirkt insgesamt relativ ernst gemeint, wenn er denn nicht immer mal wieder durch die Unterhose geblasenen Flachwitze rausflöten würde. Die so weder richtig bescheuert zünden, noch dem eigentlichen Anliegen des Projekts zuträglich sind. Die für das Subgenre unabdingbaren Kills treten kontinuierlich auf, fallen ähnlich schwankend zwischen völlig uninteressant, halbgar und ein einziges Mal sogar ganz witzig-kreativ aus, auch da ist Inkonsequenz trumpf. In Memoriam an den hauseigenen Vorgänger-Hit Muttertag - Ein Alptraum aus Blut und Gewalt gibt es eine billige Schaufensterpuppen-Enthauptung, womit die Preisklasse auch direkt geklärt wäre.
Würde wenigstens eine ulkige, überraschende Auflösung der Slasher-üblichen Whodunnit-Frage angewandt werden, doch davon hat Graduation Day wohl noch nicht viel gehört. Letztendlich sollte man deren Zweckdienlichkeit auch nicht zu sehr durch die Mangel drehen, welches Vergleichswerk ist da schon entscheidend besser? Nur wäre das vielleicht noch der Kniff, der diesen offensichtlich billigen und wenig talentierten Trittbrettfahrer eventuell hätte aufwerten können. Lediglich dem enormen Selbstbewusstsein gebührt Respekt: Es ist kaum zu ignorieren, wie sehr sich im Finale in Bild und (musikalischen) Ton an Psycho angelehnt wird. Das erzeugt das wohl größte Lächeln und das ist wenigstens etwas. So umschreibt sich wohl am gnädigsten, dass hier nur mit krudem Charme gepunktet wird. Auch den muss man sich erstmal verdienen.