Inhalt
Die wilden siebziger Jahre. Die Suche nach einem neuen Bewusstsein, nach Spiritualität und sexueller Befreiung. In England hört der junge Hugh auf einer Audiokassette den spirituellen Lehrer Bhagwan Shree Rajneesh. Er reist auf der Suche nach sich selbst nach Indien. Die junge Inderin Sheela wird von ihrem Vater zum charismatischen Guru gebracht und weiß mit einundzwanzig: Bei diesem Mann zu sein ist alles, was sie will. In seinem Ashram in Poona hält Bhagwan seine Jünger zu Meditation und tantrischer Sexualität an, um sie zu höherem Bewusstsein zu führen. Hugh erlebt den Aufstieg des Gurus als Leibwächter. Sheela wird zur persönlichen Sekretärin und zur mächtigen Chefin von Bhagwans Modellkommune, die in den achtziger Jahren in den Bergen Oregons entsteht: 5000 junge Menschen wollen eine ideale Lebensgemeinschaft bilden, die der Welt als Beispiel dienen soll. Der Guru, in der westlichen Presse der siebziger Jahre als "Sex-Guru" verpönt, macht nun mit seinen Rolls-Royces Schlagzeilen. Der Traum endet in einem Alptraum, für Hugh in einem seelischen Zusammenbruch, für Sheela im Gefängnis.
Kritik
Ab wann ging eigentlich alles schief? Darüber sinniert sich Hugh Milne, vormaliger Bodyguard des Gurus Bhagwan Shree Rajneesh an einer Stelle. Komisch, dass er sich Frage offenbar erst vor Beat Häners und Sabine Gisigers Kamera stellte und nicht während seiner Zeit als Beschützer von Guru Bhagwan Shree Rajneesh, zuvor bekannt unter dem Namen Acharya Rajneesh und später als Osho. Der Sekten-Führer scharte in den 70ern und 80ern Tausende Jünger um sich, erst im indischen Poona, dann in Oregon. Milne fühlt sich von Osho an den Zauberer von Oz erinnert. Den enthüllt Judy Garland als Betrüger. Die Dorothy spielt in der Doku Sheela Birnstiel. Vor der Kamera sitzt eine ruhige alte Dame, die in einer Schweizer 900-Seelen-Gemeinde einige Pflegeheime führt. „Alle meine Brüder und Schwester liebten mich. Mein Vater war Anhänger Ghandis, meine Mutter voller Liebe“, erzählt sie. Der Ghandi-Fan-Vater habe sie als Teenager mit Bhagwan bekannt gemacht, dessen Sekretärin und Vertraute Sheela wurde. Es sei wie im Paradies gewesen, meint Milne. Bis plötzlich die Hölle los gewesen sei.
Um diese Jahre dreht sich der zweifelhafte Dokumentarfilm, der trotz seiner Unausgeglichenheit eines offenkundig macht: Eine harmlose Hippie-Party war die manipulative und ausbeuterische Sekte nicht. „Ist Ihre Religion mehr als eine Geldmaschine?“, wurde Sheela Anfang der 80er im Interview gefragt. Ihre Antworten lohnen, sie in voller Länge auf Youtube anzusehen. Eine davon lautete: „Schauen Sie sich den Vatikan an. Die sind auch eine Geldmaschine und außerdem lausige Geschäftsleute“ Häner und Gisiger wollten sich das augenscheinlich nicht sagen lassen. Ihr Film ist an einer reißerischen Story interessiert, nicht an Transparenz und Objektivität. Wie in einem Spielfilm sind die Rollen der Figuren klar festgelegt. Sheela ist das unschuldige Mädchen vom Land, Bhagwan der Zauberer von Oz und Milner – der Zinnmann? Bhagwans Einfluss vergleicht er mit Flugzeugen, die einem um den Kopf kreisen. Für Milne ging der Reiz allerdings von etwas anderem aus. Als Kind habe er selten Schokolade gehabt, berichtet er, aber in Bhagwans Gemeinde gab es viel zu vernaschen: „Frauen“.
Ma Anand Sheela, wie sie sich mittlerweile nannte, hatte mit Orgien, Geldscheffeln und Zuhälterei angeblich nichts zu tun. Etwas Recherche vermittelt einen anderen Eindruck als die Filmemacher. Sheela will keine Schokolade, sie will lieber Macht. Die bekommt sie als Bhagwans Sprecherin. Gegenüber einem australischen Nachrichtenmagazin sagte sie den Kritiker knapp: „Though titties!“ Sind das die Titties auf dem pornomäßigen Poster zu dem Film, dessen Titel die Filmtitel Secretary, Bodyguard und Guru eint? Tough ist sie jedenfalls. Man müsse wie Paramilitär denken, sagt Sheela. Den Sektengegner drohte sie damals buchstäblich, sie hole sich ihre Köpfe: „ AND I MEAN BUSINESS!“ Die Regisseure hatten scheinbar auch (Kino-)Business im Sinn und ignorierten solche Details, genauso wie einen von Sheela geplanten biologischen Giftanschlag. Einzig „hässliche böse Anschuldigungen“ hätten sie schließlich in den Knast gebracht. Goodby, little Sheela. Zum Glück hatte sie die Unterstützung ihrer Familie, die wüsste „ihre kleine Tochter könnte nie jemandem etwas tun“.
Fazit
In der Schweiz hat Ma Anand Sheela Birnstiel sich gut mit ihrer Vergangenheit arrangiert. Nur, dass manche sie für eine durchtriebene Ex-Kriminelle halten, belaste sie. Tja, Sheela - Though titties.
Autor: Lida Bach