Inhalt
Michael Myers führt als zehnjähriger Spross einer White-Trash-Familie eine bedauernswerte Existenz als stets gehänselter und verlachter Außenseiter - bis ihm an Halloween der Kragen platzt und er zum Massenörder wird. 17 Jahre später ist der mittlerweile zum Reisen herangewachsene Junge in der Psychiatrie von Dr. Sam Loomis zum Enigma geworden. Dann erwacht die Wut an Halloween von Neuem, und er macht sich auf den Weg, das letzte verbleibende Familienmitglied, die ahnungslose Laurie Strode, zu töten.
Kritik
Manche Filme sollten kein Remake bekommen. Wer wäre schon so dumm, sich erneut an Der Pate, Apocalypse Now oder Citzen Kane zu versuchen (eigentlich sollte man an der Stelle auch Psycho nennen, aber einen Trottel gibt es immer...)? Da Horrorfilme grundsätzlich nicht diesem Denkmalschutz unterliegen, wurde natürlich auch John Carpenters Meisterwerk Halloween – Die Nacht des Grauens im Jahr 2007 zum Abschuss freigegeben. Rückwirkend darf man froh sein, dass dem relativ unerfahrenen Rob Zombie (The Devil’s Rejects) diese undankbare Würde/Bürde zu Teil wurde und sich gleichzeitig ärgern, das dem hoch talentierten, mutigen und experimentierfreudigen Fan des Originals nicht gestattet wurde, seine Version in Gänze zu verwirklichen.
In der ausführlichen Exposition darf Rob Zombie seine Interpretation noch (auf dem Papier) ausleben. Während bei Carpenter das Grauen nach nicht mal 5 Minuten plötzlich und unerklärt entfesselt wurde, gönnte sich Zombie eine – zur Blasphemie verschriene - Erklärung. Was einem Remake, oder eher geplantem Reboot, einzig und allein Sinn verleiht. Carpenter hat einen idealen Horrorfilm erschaffen, was kann man dem entgegen setzen? Nichts, außer man findet den eigenen Ansatz. Sucht den Hintergrund, den Carpenter selbst rückwirkend durch Nachbearbeitungen in die spätere TV-Ausstrahlung seines Films integrierte, um der Story der Fortsetzung auf den Weg zu helfen. Aus dem schwarzen Mann wurde plötzlich der verlorene Sohn, der unbekannte Bruder, der dunkle Familienfluch. Im Gegensatz zum Original arbeitet das Remake sofort mit diesem Gedanken, baut ihn nur geringer-dämonisierend als psychologisch halbwegs nachvollziehbare, traumatische White-Trash-Familien-Tragödie auf. Kreiert einen Backround, erzeugt Transparenz und demaskiert damit den Mythos natürlich unweigerlich wie bewusst. Daraus bezieht Zombies Version seine Daseinsberechtigung, nicht etwa seine Schwäche. Wie sonst wäre ein neuer Halloween denn denkbar gewesen? Als 1:1-Kopie? Bitte nicht! Das sollte sich jeder vor Augen halten, der das in der ersten Stunde gezeigte vorschnell aufgrund seiner Ausrichtung an den Pranger stellt. In diesen Szenen ist dieser Halloween an der Grenze der ihm ermöglichten Kreativität, die auch dort schon enorm beschnitten wurde, was sich massiv im Schlussspurt bestätigen sollte.
Der angepeilte Weg des Regisseurs wurde von den allmächtigen Weinstein-Brothers nur bis zur Hälfte (theoretisch) genehmigt, dann erfolgt er narrative Bruch, der sich vorher schon inszenatorisch bemerkbar macht, betrachtet man die anderen Arbeiten von Rob Zombie. Seine Halloween-Adaption wirkt trotz der vorgetragenen, ausdrücklichen Härte viel angepasster, unfreiwillig „moderner“ als sein üblicher Output. Eine Mainstreamaufgabe, die Zombie nur gezwungen erfüllen mag. Sein roher, exzentrischer Retro-Stil findet sich in Momentaufnahmen, nicht aber in den allgemeinen Bildern wieder, die manchmal wie ein Fremdkörper wirken. Man bemerkt den Willen, aber gleichzeitig das Kreuz der Produzenten, dass Zombie zu tragen hat. Seine Film-übergreifende Familienthematik durfte er endgültig im bei uns nur noch im Heimkino veröffentlichten, genialen Sequel Halloween II verwirklichen. Da fuschte ihm keiner mehr ins Handwerk, da die Inverstoren – und Gott sei Dank auch die Gebrüder Weinstein - das Interesse und Vertrauen in ihn verloren. Was er dort austoben durfte, bleibt einem bei seinem ersten Halloween weitestgehend verwehrt bzw. versickert im aufgedrückten Remake-Dogma.
Fazit
Im Finale ist es auf einmal und leider nur noch eine explizitere, schnellere Adaption des Originals, ohne dessen bedrohliche, gespenstische Stimmung dadurch auffangen zu können. Was nie die dem Vorhaben von Rob Zombie entsprach, mit dem Dargebotenen holt er aber noch das Beste heraus. Wenn schon, denn schon. "Halloween" ist für vom Original gelangweilte Zuschauer eine klare Empfehlung, für Puristen grenzwertig und für den neutralen Betrachter eine schwierige Kiste, da der Film lange vieles richtig macht und dann verwässert wird. Man darf froh sein, dass "Halloween II" dann endgültig die Rob-Zombie-Version wurde, die dieser Film gerne wäre. Auch wenn das kaum jemand zu schätzen weiß…bis jetzt.
Autor: Jacko Kunze