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Quelle: themoviedb.org

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Ausgehend von Filmaufnahmen, die Eleanor Coppola während der Dreharbeiten zum Meisterwerk „Apocalypse Now“ gemacht hat, behandelt „Reise ins Herz der Finsternis“ den aufwendigen wie strapaziösen Dreh, den nicht nur Regisseur Francis Ford Coppola nahe des Wahnsinns brachten.

Kritik

Welche immense Bedeutung „Apocalypse Now“ heute in der Filmwelt genießen darf, ist allseits bekannt und vollkommen gerechtfertigt. Francis Ford Coppola hat ein Überwerk geschaffen; einen Film, so wuchtig und imposant, wie man ihn nur selten zu Gesicht bekommt. Aber „Apocalypse Now“ ist kein Film über den Vietnamkrieg, wie Coppola während der Dreharbeiten mit Rauschbart und Bierbauch feststellt: „Apocalypse Now“ ist Vietnam; das ganze Chaos, die unmenschlichen Torturen im fremden Territorium, bis die Soldaten aus den Staaten dehydriert, unter Drogeneinfluss und vollkommen ausgelaugt erkennen mussten, dass der wahre Gegner in der eigenen Uniform steckt und Tag für Tag im Spiegel lauert. „Apocalypse Now“ beschreibt dieses Gefühl der Ausweglosigkeit, der psychischen Auflösung, in dem er symbolisch ein Patrouillenboot immer tiefer in vietnamesischen Dschungel treiben lässt, um an der kambodschanischen Grenze einen hochdekorierten Offizier aus den eigenen Reihen zu exekutieren, der in einem Tempel seinen eigenen Krieg führt und sich den Befehlen der militärischen Führungsetage verweigert.

Mehr muss über den Film nicht gesagt werden, zählt er doch zum Grundwissen, selbst für Nicht-Cineasten, ein Meisterwerk eben, filmische Perfektion, so berauschend und arretierend wie nur wenige andere Werke. Die Produktionsgeschichte hinter „Apocalypse Now“ ist aber auch eine unglaubliche: Nachdem Coppola durch seine ersten beiden „Der Pate“-Filme zum Superstar und Multimillionär avanciert ist, wurden ihm die Rechte an der Verfilmung des schwierigen Stoffes übergeben, während zuvor Regisseure, wie beispielsweise George Lucas, immer auf Gegenwind stoßen mussten – Zum Glück. Nur taten sich bereits nach wenigen Arbeitsstunden die ersten Komplikationen auf. Coppola war mit seinem eigentlichen Hauptdarsteller Harvey Keitel („Bad Lieutenant“) alles andere als zufrieden und musste ihn kurzerhand durch den bereitstehenden Martin Sheen ersetzen. Doch das war nur der Startschuss für eine ganze Reihe von Steinen, die sich der spektakulären Arbeit in den Weg legten.

Wo Coppola seine Drehzeit immer und immer wieder überziehen musste, zweifelte er gleichermaßen an seinen inszenatorischen Fähigkeiten und war der festen Überzeugung, dass er mit „Apocalypse Now“ einen grottenschlechten Film abliefern wird. Er überlegte, wie er das – für ihn - sinkende Schiff verlassen konnte, welche Krankheit er sich einfangen muss, um „Apocalypse Now“ ein für allemal den Rücken zuzukehren. Aber Coppola blieb, während Michael Sheen, körperlich schon lange an seine Grenzen geraten, nach einem Herzinfarkt für einige Wochen ausfiel und das Ende der Dreharbeiten noch einmal in den Hintergrund rückte. Coppola verlor zunehmend die Übersicht, war vollkommen überfordert und fiel schließlich in Ohnmacht, die ihn jedoch nicht noch weiter runter ziehen sollte, sondern anspornte; die ihn geradezu dazu aufforderte diesen verdammten Film zu beenden. Egal, was es kostet.

Während also Michael Sheen nach dreiwöchiger Genesungszeit wieder zum Team dazu gestoßen ist, kam es zu der essentiellen Szene des Films, passenderweise gedreht an seinem 36. Geburtstag: Sheen sollte das Tier und die Dualität in seinem Inneren zum Ausdruck bringen, er sollte zeigen, dass er nicht nur der Gutmensch ist, für den ihn alle Menschen halten. Sturzbesoffen und ohne wirklich zu wissen, dass gerade eine Kamera auf ihn gerichtet ist, taumelt Sheen durch sein Zimmer, steht vor dem Spiegel und schlägt das Glas mit der blanken Faust in 1000 Teile – Versehentlich. Seine Hand blutet unaufhörlich, Sheen reibt seinen Körper mit dem Blut ein und fällt auf den Boden. Er weint, schreit, fleht, winselt und wird schließlich zur personifizierten Unberechenbarkeit, eingeschnürt in einem emotionalen Massaker. Sheen war zu Captain Willard geworden und hat sich komplett in seiner Rolle verloren. Für Coppola ein wichtiger Schritt, fragte Sheen ihn doch während einer Szene, wen oder was dieser Willard eigentlich darstellt, wer diese Person ist.

„Die Reise ins Herz der Finsternis“ ist nicht weniger wahnsinnig als der Film selbst. Wo Aufklärung und Abschreckung sich im Endprodukt verkuppelten und alles infrage stellten, ist auch „Die Reise in das Herz der Finsternis“ verloren in den verschiedensten Zeitschleifen, ähnlich wie der Krieg, und schwört dem künstlerischen Perfektionismus ab: Kubrick würde die Nase rümpfe und lieber noch ein paar Palmen einfliegen lassen. Für Coppola war dieses unendliche Durcheinander die Projektionsfläche für ein bedeutendes Filmerlebnis, eine, der Titel könnte nicht passender sein, Reise in das Herz der Finsternis, in die Seele eines Filmemachers und eines ganzen Mediums, gezeichnet von Schweiß, Erschöpfung,  Konfusion, Verzweiflung und noch mehr Schweiß. Von dem rigorosen Marihuanakonsum während der Dreharbeiten, der fehlenden Disziplin eines Marlon Brando, der übergewichtig und unvorbereitet auf dem Set eintrat und seinen Text schließlich improvisieren musste und dem allgemeinen, finanziellen Desaster, mal ganz zu schweigen.

Fazit

Die Zeit schrieb einst: „Nach 'Apocalypse Now' dürfte es eigentlich keine anderen Kriegsfilme mehr geben.“ Zustimmen muss man dem nicht, es trifft allerdings exakt den Kern des Films, welcher sich wie kein Zweiter mit dem Vietnamkrieg synchronisiert – und selbst zum Krieg wird. Die Dokumentation „Reise in das Herz der Finsternis“ ist das eindrückliche Komplementärstück zum Film, ein mitreißendes, schweißtreibendes Protokoll der Selbstaufgabe. Für die Kunst. Meisterhaft.

Kritik: Pascal Reis

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