Gesehen beim zehnten HARD:LINE International Film Festival
Schon während des Vorspanns macht Hunt Her, Kill Her unmissverständlich klar, worauf hier in den kommenden 90 Minuten viel Wert gelegt wird. Zu sehen ist eine lange Kamerafahrt durch die Lagerhalle, in der sich das Geschehen ausschließlich abspielen wird, zu hören sind brachiale Gitarrenriffs. Optik und Akustik sind bei diesem inhaltlich betont schlicht gehaltenen „Work-Invasion-Thriller“ (nennen wir es mal spaßeshalber so) von essenzieller Bedeutung. Die Handlung ist schnell erklärt: Karen (bei ihrem Spielfilmdebüt: Natalie Terrazzino) hat heute ihre erste Nacht in ihrem neuen Job als Reinigungskraft in einer Lagerhalle. Dort ist sie zunächst mutterseelenallein, bis vier maskierte Männer sich Zutritt verschaffen. Auf Beute scheinen sie es nicht abgesehen zu haben, offenkundig gilt ihr einziges Interesse Karen selbst, die sich ohne Chance auf Rettung irgendwann mit dem Mute der Verzweiflung zu Wehr setzen muss.
Hunt Her, Kill Her ist über 16 Jahre nach ihrem Debütfilm Five Across the Eyes erst der zweite Spielfilm des Regie-Duos Ryan Thiessen und Greg Swinson. Letzterer zeichnet sich auch für das Drehbuch verantwortlich. Dieses strotz im Grundsatz nicht gerade von Innovationen, muss aber auch nicht immer sein, wenn man das Gewohnte ansprechend umsetzt. Die Einleitung braucht nur wenige Minuten, in der lediglich die Protagonistin und das Setting vorgestellt werden. Danach geht es schnell zum Hauptpart des Plots voran, der aus einem einzigen Kampf ums nackte Überleben besteht. Dass es sich hierbei ohne Zweifel um eine sehr kleine Low-Budget Produktion handelt wirkt sich dabei zu keiner Zeit negativ aus, denn schlussendlich braucht man für ein derartiges Vorhaben auch nicht viel. Ein einfaches, so ohne große Veränderungen zu verwendbares Setting, nicht mal ein halbes Dutzend Darsteller (da die Antagonisten bis auf wenige Momente ausschließlich maskiert sind, müssten deren Darsteller theoretisch nicht mal durchgehend anwesend sein) und nur etwas Budget für die Gore-Effekte. Dann geht es rein darum, wie gut man eben seinen Job für die Inszenierung versteht. Und die ist in diesem Fall wirklich aller Ehren wert.
Optisch macht der Film einiges her, indem die Kamera immer wieder geschickt die verwinkelte Unübersichtlichkeit der Labyrinth-artigen Räumlichkeiten unterstreicht. Dadurch entsteht ein zusätzliches Gefühl von Anspannung, auch wenn es für die Protagonistin oft eher von Vorteil ist, um sich vor ihren wenig zimperlichen Jägern zu verstecken. Zudem werden auch die dynamischeren Szenen ansprechend eingefangen, noch viel besser ist jedoch das clevere Sounddesign. Dabei spielt die Musik gar keine so große Rolle, es ist in der Tat eher die Geräuschkulisse, die geschickt die Szenen in ihrer Effektivität aufwertet. Jedes Knacken, Klirren, Knacken oder Ächzen oder Scheppern wird bewusst hervorgehoben und ist manchmal sogar von entscheidender Wirkung. So verrät in einer Szene beispielsweise das Geräusch vom Tropfen von Karen’s Blut auf eine Metalltonne ihren Standort. Es sind generell die kleinen, manchmal gar nicht so auffälligen Details, die Hunt Her, Kill Her an mancher Stelle deutlich vom Genre-Durchschnitt abheben. Das Geschehen wirkt durchgehend glaubhaft, da Karen sich nicht urplötzlich in eine stallharte Kriegerin verwandelt, sondern sich in den Konfrontationen mit den Killern eigentlich immer nur hektisch verteidigt und dabei das ein oder andere Mal einfach nur Glück hat. Dabei entstehen durchaus recht drastische Momente, in Sachen Gewaltdarstellung geht man hier wenig Kompromisse ein.
Natürlich hat der Film aber auch so seine Schwächen. Da man sich recht schnell im akuten Bedrohungsszenario befindet und dieses nun aber gut 70 Minuten aufrechterhalten werden muss, tritt man notgedrungen irgendwann etwas auf der Stelle. Schließlich spielt auch alles nur an einem Ort. Eintönig wird es Gott sei Dank dabei nie, etwas Abwechslung in Form von kreativen Einfällen hätte aber mit Sicherheit nicht geschadet. In vergleichbaren Filmen wird ja gerne zu diesem Zweck in der Mitte oder zum Finale hin noch eine überraschend auftauchende Figur eingeführt und sei es nur, um den Bodycount noch zu erhöhen. Überraschungen besitzt der Film wirklich gar nicht, das läuft wie am Schnürchen auf eine vorhersehbares Finale zu. Da ist dann auch nicht immer alles logisch, aber sei es drum. Dafür stimmt die grundsätzliche Stimmung, das Tempo flacht nie entscheidend ab und es sind eben diese kleinen Details – wie z.B., wenn sich Karen im Showdown einen Hammer an die gebrochenen Hände tapen muss -, die diesen gradlinigen und kompromisslosen Thriller zu einem sehr angenehmen Zeitvertreib machen.