{{ tweet.login }}

{{{ tweet.body | format }}}

Wird geladen...

×
×

Erwähnungen

×

Benachrichtigungen

Quelle: themoviedb.org

Verfügbar auf

Realeyz Netzkino Mubi Netzkinoplus

Inhalt

Der junge Literaturstudent Jarle (Rolf Kristian Larsen) genießt sein Leben in vollen Zügen: Denn zwischen Theorie, ungezügelten Partys sowie fröhlicher Liebelei, wechselt der talentierte Schriftsteller genüsslich hin und her und verbringt währenddessen auch noch Zeit mit seinem Lieblingsphilosophen Marcel Proust. Als ihn jedoch eines Tages ein Brief von einem ehemaligen One-Night-Stand erreicht, ist plötzlich der Spaß vorbei. Nicht nur, dass Jarle fortan Vater ist, sondern die kleine sechsjährige Lotte (Amina Eleonora Bergrem) wird von ihrer Mutter auch noch für eine Woche zu ihm geschickt, während sie in den Urlaub fährt. Bis zu ihrem 7. Geburtstag, müssen sich fortan beide mit der neuen Situation anfreunden. Da allerdings weder Jarle noch Lotte dazu Lust haben, ist die Katastrophe vorprogrammiert. Doch dies ist erst der Beginn, einer wahren emotionalen Achterbahnfahrt…

Kritik

Zugegeben, die Geschichte von Ich reise allein dürfte einen gewissen Wiedererkennungswert ausstrahlen und so durchaus an Filme wie Kokowääh erinnern, die eine ähnliche Prämisse erzählten. Dies sollte jedoch nicht davor täuschen, dass es Regisseur Stian Kristiansen (Der Mann, der Yngve liebte) erneut mit Leichtigkeit gelungen ist, aus einfachsten Mitteln ein fantastisches Drama zu erschaffen, welches ohne viel Kitsch sowie Klamauk eine tiefe Charakterstudie offenbart, die vor allem von ihren verschiedenen Figuren lebt. Denn die eigentliche Dramödie, lebt ganz klar von ihrer Tragik, der melancholischen Stimmung und dem Fakt, dass hier Figuren aufeinandertreffen, die wahrlich schwierige Beziehungen zu einander haben. Da wäre zu aller erst natürlich der Lebhafte Jarle, der es gar nicht einsehen will, auch nur ansatzweise erwachsen zu werden oder gar Verantwortung für irgendwas zu übernehmen. Was zählt sind eher die vielen Partys, die erquickenden (wie recht theatralischen) Diskussionen mit seinen Freunden oder gar sein anstehendes Essay, zu seinem  Lieblingsphilosophen Marcel Proust. Das gerade dieser Name indes immer wieder Erwähnung findet, kommt nicht ganz von ungefähr. Denn Prousts fiktionale Autobiografie Die verlorene Zeit beinhaltet eine Geschichte, in der der Erzähler versucht, seine Kindheit zu rekonstruieren, bis er schließlich auf den Punkt hinauskommt, dass es keine objektive Wahrheit gibt. Jeder lebt in seinem eigenen Kosmos. Doch gerade hier, kommt schließlich der Brief von seinem ehemaligen One-Night-Stand ins Haus.

Was folgt ist vor allem ein Treffen von zwei verschiedenen Welten. Denn Lotte (fantastisch gespielt von der kleinen Amina Eleonora Bergrem) ist hin und her gerissen zwischen familiärer Einsamkeit und der neuen Abstoßung durch ihren leiblichen Vater. Jarle versucht nämlich den Zustand ganz einfach zu ignorieren, dass er nun fortan Verantwortung übernehmen soll. Er schiebt die kleine Lotte lieber zu der freundlichen Nachbarin ab, um sich dann anschließend auf einer Party ordentlich die Kante zu geben. So verschließt einzig Jarle den Blick vor der aufkommenden Realität, während seine ganzen Freunde, und auch seine Mutter, sich über Lotte freuen und die warmherzige wie intelligente sechsjährige mit offenen Armen empfangen. Warum allerdings gerade ihre eigene Mutter sie zu einem wildfremden (trotz leiblicher Vaterposition) schickt, bleibt lange ein Rätsel. Und wäre dies nicht schon Chaos genug, macht auch noch Jarles Freundin Schluss, sein Artikel will nicht fertig werden und das abendliche Bier muss auch warten. Die Sympathien sind dabei ganz klar verteilt:  Lotte steht im Mittelpunkt der Geschichte und ist die treibende tragische Figur des kompletten Schauspiels. Besonders hier wird deutlich, dass Regisseur Stian Kristiansen ein gutes Gespür dafür hat, seine Charaktere realistisch wie ausdifferenziert zu beleuchten. Obgleich, sich Jarle an vielen Stellen zu sehr verschließt und Lotte regelmäßig vor den Kopf stößt, was selbst schon an grausamer Ignoranz grenzt. Dass hierbei die sechsjährige trotz vieler Katastrophen immer wieder zu Jarle zurückkommt, mag sich dann nicht mehr so recht ins Gesamtkonzept einfügen. Was bleibt ist aber ein Film, der sehr feinfühlig an seine Thematik geht, ohne in typische Konventionen des Genres unterzugehen.

Einzig die Inszenierung hätte noch etwas stringenter sein können. Denn während ein emotionaler Moment nach dem anderen auf den Zuschauer einprasselt, bleibt dieser selbst viel zu oft außen vor. Dies liegt vor allem an der Tatsache, dass Regisseur Stian Kristiansen fast durchweg auf eine musikalische Untermalung verzichtet. Ob sich dies als Vorteil erweist, muss schlussendlich wohl jeder Zuschauer selbst entscheiden, tiefe Berührungen bleiben dadurch aber oft aus. Während sich so schließlich alles Richtung Ende der Geschichte bewegt (mit kleineren Längen die durch die vielen Nebenfiguren entstehen), ist es besonders das Finale, welches trotz vorher gezeigten eigenen Stils, ein wenig zu glatt gebügelt daherkommt. Nicht nur, dass ein Happy End unweigerlich vorprogrammiert ist, Ich reise allein erfüllt dieses auch noch fast vollkommen. Doch nur fast, denn wie es schließlich mit der schwierigen Beziehung zwischen Jarle, seiner Tochter und ihrer Mutter weitergeht, entscheidet dann doch jeder für sich selbst. Denn im eigenen Kosmos, reist jeder für sich allein.

Fazit

"Ich reise allein" beweist, trotz einiger kleiner Mankos, mit Bravur, dass es nicht unbedingt viel benötigt, um eine tiefe bewegende Geschichte zu erzählen. So versteht es Regisseur Stian Kristiansen gekonnt, seine vielen hervorragenden Charaktere in Einklang zu bringen, wodurch eine regelrechte tragische Grundstimmung entsteht, die nur durch die junge Lotte aufgebrochen werden kann. Wer auf feinfühlige sowie intelligente Coming-of-Age-Geschichten steht, sollte sich diesen kleinen Geheimtipp nicht entgehen lassen.

Kritik: Thomas Repenning

Wird geladen...

×