Eine Escort und Burlesque-Tänzerin hinterfragt ihren Weg, bis ein letzter Kunde, ein behinderter Mann, sie mit der Frage konfrontiert, wer sie ist und wer sie werden könnte.
Kritik
NachKikaundFucktoysstellt sich mit Junna Chif ambitioniertem Sozialporträt ein weiterer leicht zugänglicher Kinofilm in ostentativer Solidarität mit Sexworkern. Zu denen gehört auch die selbstbewusste Protagonistin, die sich mit dem Gedanken an einen Berufswechsel trägt. Grund ist keines der gängigen Klischees von Ausbeutung und Zwang, sondern die psychische Belastung des Doppellebens, zu dem die de facto Kriminalisierung von Sexarbeit in Kanada sie zwingt. Ihr letztes geplantes Date wird zu einem unerwarteten Wendepunkt, der sie ihre Profession von einer neuen Seite entdecken lässt.
Als Burlesque-Tänzerin und Full Service Escort in Montreal sieht sich Elizabeth (Nadia Essadiqi) genötigt, den Escort-Job geheim zu halten. Ihr Date mit dem körperlich behinderten Floyd (Floyd Lapierre-Poupart), der zum ersten Mal ein erotisches Treffen bucht, sollte eigentlich das Letzte sein. Obwohl die Begegnung für beide mit Verunsicherung verbunden ist, entschließt sich Elizabeth zu einer Wiederholung - und erschließt sich unversehens ein neues Kundensegment. Weitere Dates mit Menschen mit Behinderung konfrontieren sie mit ihren eigenen Vorurteilen gegenüber einer sozialen Gruppe, die wie sie als Opfer abgewertet wird.
Diese Erkenntnis führt die zwischen Begeisterung und Zweifel schwankende Hauptfigur auch zu einer Reevaluierung ihres Escort-Jobs. Anhand der positionellen Parallelen in der sozialen Wahrnehmung von Sexworkern und Menschen mit Handicap wagt sich die Inszenierung an eine aktivistische Auseinandersetzung mit Identität, Intimität und Intoleranz. Pädagogische Ansätze und Positivismus überwiegen in der idealistischen Inszenierung gegenüber konsistenter Dramaturgie und Charakterentwicklung. So hindern eine Reihe psychologischer Widersprüche und loser Handlungsstränge die engagierte Story an der Entfaltung ihres systemkritischen Potenzials. Den Mangel an narrativer Kohärenz unterminiert den strukturellen Authentizitäts-Anspruch.
Fazit
Als sympathisches Statement für selbstbestimmte Sexualität - sei es in der Form von Sexarbeit und seitens Menschen mit Handicap - funktioniert Junna Chifs entschlossenes Leinwand-Debüt besser denn als Milieuskizze. Obwohl die Regisseurin und Drehbuchautorin Sexworker und Menschen mit Handicap in den Filmprozess integrierte, klaffen in ihrem Plot zu viele Logiklücken und thematische Leerstellen. Die verheerenden Auswirkungen von Kriminalisierung bleiben weitgehend unsichtbar, zwischenmenschliche Konflikte werden abrupt revidiert und Nadia Essadiqis Spiel bleibt so unentschlossen wie die Figurenentwicklung. Die Komplexität struktureller Marginalisierung, Stigmatisierung und Reglementierung wird aufgezeigt, aber nicht ergründet.
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