Die Idee ist simpel und doch extrem wirksam: „Es“ tötet dich, wenn „Es“ dich kriegt, „Es“ folgt dir zu jedem Ort, doch außer dir kann „Es“ keiner sehen. Und als wäre das nicht genug, kann „Es“ auch noch das Aussehen jeder x-bliebigen Person annehmen, egal, ob du sie kennst oder nicht. Die einzige Chance, wie du „Es“ erkennen kannst, ist am schlurfenden, langsamen Gang, dem starren Blick und der Unmöglichkeit zu sprechen. Übertragen wird „Es“ durch Sex und selbst, wenn du „Es“ an eine andere Person weitergereicht hast, wird „Es“ dich sofort wieder verfolgen, wenn „Es“ die neu infizierte Person getötet hat. Daraus ergeben sich natürlich einige interessante Fragen. Wo kommt „Es“ her? Wo und mit wem fing „Es“ an? Was ist „Es“ überhaupt: Nur ein Monster, oder gar eine Metapher für die Gräuel von Krankheit und Vergewaltigung? Mit den Antworten auf dieserlei Fragen beschäftigt sich „It Follows“, der neue Film von Regisseur David Robert Mitchell ("The Myth of the American Sleepover"), leider weniger. Dennoch erschafft Mitchell mit seiner hervorragenden Inszenierung, der tollen Grundidee und der großartigen Soundkulisse einen Film, der den umfangreichen Begriff der „Unentrinnbarkeit“ auf extrem interessante und dennoch simple Weise behandelt und sich dabei wie kaum ein anderer moderner Horrorfilm tief vor seinen 80er-Jahre Vorbildern verbeugt.
Was Mitchells Idee so großartig macht, ist nicht nur der Inhalt selbst, sondern auch die Vorzüge, die diese Idee bei der Produktion des Films mit sich bringt. Denn dadurch, dass „Es“ nur für den Betroffenen und seine Vorgänger sichtbar ist und dabei immer Menschengestalt annimmt, braucht „It Follows“ keine aufwendigen Special-Effects und ausschweifende Goreszenen um zu unterhalten. Ganz im Gegenteil inszeniert Mitchell seinen Film mit einer ausgesprochenen Ruhe, langen Einstellungen und vielen Dialogen. Für einen Horrorfilm doch eine arg entspannte Art der Inszenierung, die zwar durch und durch hochwertig daherkommt, dem eigentlichen Inhalt in mancher Szene aber zu sehr zu widersprechen scheint. Denn Protagonistin Jay (sehr gut: Maika Monroe) befindet sich eigentlich in einem steten Stress- und Angstbefinden, was man der Figur selbst auch anmerkt, der Bildsprache jedoch weniger. Damit soll nicht gesagt werden, die Bildsprache von „It Follows“ wäre in irgend einer Art schlecht. Der Film ist toll gefilmt, hat mehrere beeindruckende Einstellungen und bringt die herbstliche Atmosphäre des Film gelungen und eindringlich auf die Leinwand. Es ist in diesem Moment schlicht unglücklich, dass sowohl Inhalt, als auch Inszenierung zwar sehr gut sind, miteinander aber einen für den Film nachteiligen Effekt erzeugen und den Stress und die Angst der Figur nur in sehr wenigen Szenen auf den Zuschauer übertragen. Und das mach „It Follows“ zwar zu einem äußerst interessanten, aber leider kaum ängstigenden und sogar relativ entspannenden Film. Ein Ton, der bei dieser Geschichte durchaus härter hätte gelöst werden können.
Der Stress und die Spannung übertragen sich immer dann auf Zuschauer, wenn die bedrückende Soundkulisse des Films ihre volle Kraft entfaltet. Das hier dargebotene erinnert gar an eine krassere, bösere und härtere Version des Soundtracks von Franck Khalfouns „Maniac“-Remake, dessen großartige Soundkulisse ebenfalls schon nicht ohne war. Daneben ist auch dieser düstere, elektrische Soundtrack ein nicht misszuverstehendes Zitat älterer Horrorfilme. Fans des Genres werden bei "It Follows" ihre wahre Freude erleben und sich nicht nur in ein paar Szenen an Meisterwerke wie Carpenters"Halloween" erinnert fühlen. Auch das Ende muss in diesem Zuge rundum gelobt werden, passt es sich doch perfekt in den Film ein und bietet dem Zuschauer im Kontext des Films die einzige logische Konsequenz, wobei man dennoch dazu aufgefordert wird sich selbst Gedanken zu machen. Sowieso ruht sich der Film wenig darauf aus, dem Zuschauer alles zu erklären, sondern er schätzt jenes als mitdenkendes Ganzes und fordert es in vielerlei Szenen geradezu dazu auf, sich selbst Gedanken über das Gezeigte zu machen. Eine gute, neuerdings doch seltene Sache. Fraglich bleibt nur, warum der Film größtenteils bei seinen ausgesprochen guten jungen Darstellern verbleibt und wenig auf Elternfiguren oder das „Es“ selbst eingeht.
Innerhalb dieses Textes wurde der Film also erstaunlich viel gelobt, es wurde gar von einer genialen Idee und einer tollen Inszenierung gesprochen. Dass die Wertung dann dennoch nicht die 7er-Marke knackt, liegt schlicht und ergreifend daran, dass sich die Gefühlslage der Hauptfigur kaum auf den Zuschauer übertragen und sich der Film zu entspannt für das Gezeigte angefühlt hat, wodurch sich durchaus einige Längen in das Gezeigte einschleichen und der Film selbst nie so richtig gruselig wird. Aber dies ist, wie gesagt, ein sehr persönlicher Kritikpunkt des Kritikers, weshalb hier nachdrücklich empfohlen wird sich „It Follows“ anzusehen. Wenn angesprochene Kritikpunkte nämlich funktionieren sollten, hat man es hier mit einem der besten Horrorfilme der letzten Zeit zu tun.