Inhalt
Jasmin, Gina und Anna wollen Spaß beim Junggesellinnenabschied auf Ibiza. Doch erst sagen die meisten Freundinnen wegen ihrer verschnupften Kinder ab und zur Krönung fällt auch die Braut aus, weil sie schwanger ist. Übrig bleiben die drei Singles, die den Junggesellenabschied dann eben ohne Braut fortsetzen wollen. Es könnte ein lustiges Wochenende werden, würden sie auf Ibiza nicht ausgerechnet in die Arme von Jasmins nie vergessenem Ex-Freund und seiner Entourage laufen, die ebenfalls einen JGA feiern. Um sich nicht die Blöße zu geben, gibt Jasmin sich als künftige Braut aus. So nehmen die Wirrungen ihren Lauf und Jasmins Reise zu sich selbst beginnt.
Kritik
Oftmals ist es gleich die erste Szene, die ein wichtiger Entscheidungsfaktor ist, ob ein Film einem zusagt oder nicht. Im Frühjahr 2022 hatte Nightmare Alley so ein Opening, das mit einem Wimpernschlag unser Interesse weckte. Stilistisch ganz anders gelagert als Guillermo del Toros Thriller-Psychogramm beginnt JGA: Jasmin. Gina. Anna.. Doch auch hier sind es die ersten paar Sekunden, die wunderbar offenbaren, was uns in den kommenden knapp zwei Stunden erwartet. Es ist nur ein Schnitt, aber das damit einhergehende Zusammenspiel aus Mimik, Körpersprache und vor allem Kontrast sagt schon viel über die Art von Komik aus, die Regisseur Alireza Golafshan in seinem zweiten Kinofilm auf sein Publikum – und seine Figuren – loslässt: Eine Melange aus Sympathie, Charme, Fremdscham. Auf den ersten Blick eine willkürliche Aneinanderreihung von dümmlichen Zoten, aber eigentlich mehr eine durch und durch empathische, wunderbar getaktete Spaßrevue, die im Gegensatz zu ähnlich gelagerten Sauf- und Partykomödien ihre Figuren ernst nimmt, ohne dabei verzichtet sie durch diverse Peinlichkeiten zu schicken. Ja, JGA ist ein großer Spaß.
Das liegt an mehreren Faktoren. Einer davon ist es, dass JGA weiß, wie er mit Bildern umgehen muss. Immer wieder gibt es kleine, kurze Tableaus. Fein komponierte und durchgeführte Visual Comedy, die teils erfrischend konträr zum restlichen Humor des Filmes steht. Hier wird nämlich gerne auch mal in die Vollen gegangen. Doch auch hier verliert das Drehbuch die Figuren nie aus dem Auge. Jasmin, Gina und Anna sind nicht bloß wandelnde Bestätigungen von partywütigen Frauen, die einst in der Sitcom How I Met Your Mother als Woo-Girls tituliert wurden. Unter den bunten Perücken stecken echte Figuren. Ähnlich wie bei seinem Die Goldfische hat Alireza Golafshan keine Probleme seine Protagonisten*innen durch Minenfelder der Peinlichkeiten zu schicken, aber niemals macht er sich über sie lustig. So wachsen einem die naive sowie liebenswerte Anna (Teresa Rizos, Im Labyrinth des Schweigens), das resolute Großmaul Gina (Taneshia Abt, Nightlife) und vor allem die unsichere Jasmin (Luise Heyer, Der Junge muss an die frische Luft) ans Herz.
Dem Trio ist es zu verdanken, dass auch eher bräsige Passagen dem Unterhaltungswert der Komödie nichts anhaben kann. Wobei das Tempo des Films tatsächlich erst gegen Ende hier und da mal ins Stottern kommt. Der letzte Akt wirkt nämlich wie ein Anhang. Nicht falsch verstehen, auch hier gibt es eine Menge amüsanter Momente und vor allem steht hier die Entwicklung von (vor allem) Jasmin im Vordergrund. So mag das Finale ein wenig den Eindruck vermitteln, tonal nicht wirklich zu passen, aber eigentlich bietet es genau den richtigen Schlusspunkt. Einen, der für Jasmin eine ehrliche wie befreiende Erkenntnis bereithält, die wir so von Komödien und Feel-Good-Movies nicht unbedingt gewohnt sind.
JGA ist wirklich eine schöne, urig-verspielte Komödie gelungen. Bereits mit seinem Die Goldfische bewies Golafshan, dass Deutschland kein Friedhof für effektiv inszenierte Spaßfilme sein muss. Seine neuste Regiearbeit unterstreicht dies und mach erneut klar, dass wir ihn vielleicht nicht nur als nationalen Hoffnungsträger des Genres bezeichnen sollten. Vielleicht sind seine Filme ein gutes Indiz dafür, dass aus Deutschland mehr kommen kann als komödiantische Totgeburten. Mag sein, dass diese Junggesellinnenparty äußerlich wenig einladend und frisch erscheint, aber genau das ist sie. Ein großer Spaß mit noch größerem Herzen, der sich in einigen Bereich wunderbar quer stellt gegen alt backende Konventionen und damit ist nicht die Experimentierfreude mit Ayran und Wodka gemeint.
Fazit
Ihr habt den Trailer gesehen und fandet ihn furchtbar. Schon wieder so'n dumpf-blöder Sauf- und Partyfilm, in dem unsympathische Arschnasen ihre Leber und unsere Sehnerven malträtieren. Doch "JGA" ist anders. Hinter all dem Promille-Humor steckt eine überaus amüsante Abhandlung zu den Themen Freundschaft und (persönliche) Entwicklung. Gesegnet mit einer talentierten Regie und ebenso talentierten wie charismatischen Darstellerinnen, erobert"JGA" mit Leichtigkeit und Schwips Herzen sowie Lachmuskeln.
Autor: Sebastian Groß