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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Die Allee der Kosmonauten führt nicht zu den Sternen. Wer hier aufwächst, dessen Weg geht eher in die andere Richtung. Selbst wenn er so pfiffig ist wie Pascal, den alle Kalle nennen. 


Kritik

Er wüsste auch nicht, wie das alles mit ihm angefangen habe, sagt der jugendliche Titelcharakter in der Eröffnungseinstellung von Günther Kurths und Tine Kuglers semi-animierter Langzeit-Doku. Deren Publikum geht es am Ende des Berlinale Generation Beitrags nicht besser als Kalle. Der heißt eigentlich Pascal und hat seinen Filmspitznamen von seiner Kindheitswohnung in der Alle der Kosmonauten. Das triste Plattenbau-Quartier gehörte mal zu den besseren DDR-Adressen. Heute wohnt dort keiner mehr freiwillig.

Solche Hintergrundinfos muss man mitbringen. Das Regie-Duo blendet sozialstrukturelle, familienpsychologische und materiellen Faktoren, die aus dem hellen Grundschüler einen gewalttätigen, gestörten Ex-Knacki werden lassen, systematisch aus. Die besonders zwischen Kalles Kindheit und jungem Erwachsenenalter klaffende Lücke tarnen Cartoon-Bilder, während willkürliche Fremdaburteilungen psychologische Subjektivität ersetzen. So negieren die Kommentare einer Polizistin, die Kalle wegen Diebstahldelikten verhaftet, den Einfluss von Chancenungleichheit, Bildungsmangel und materielle Misere zugunsten bürgerlich-moralistischer Negativstereotypen, denen die Inszenierung still zustimmt.

Die Mutter sei „Prostituierte“, lautet ihre Erklärung für Kalles kriminelle Laufbahn. Was elterliche Sexarbeit mit Kindesentwicklung zu tun haben soll, wird nicht erklärt. Ist auch nicht nötig. Das bourgeoise Zielpublikum glaubt längst an die klassistischen Mythen, die das unilaterale Prestige-Projekt untermauert. Die zynische Illusion kultureller Teilhabe, Sozialstaat und wirtschaftlicher Fairness wird fleißig bestätigt von denen, die sich mit der kommerziellen Vorführung gesellschaftlich abgehängter Verlierer ihren Altbauloft finanzieren. Weit weg von der Alle der Kosmonauten. 

Fazit

Keiner redet mit mir“, klagt sogar die heranwachsende Titelperson angesichts des offenkundigen Desinteresses Günther Kurths und Tine Kuglers, die seine Jugend im Ostberliner Plattenbau-Ghetto mittels animierter Einspieler und selektiver Auslassung zum sozialmoralistischen Paradigma stilisieren. Der bürgerliche Blickwinkel prägt die Langzeit-Doku, die unter dem Deckmantel der Milieustudie elitäre Klischees und Neo-liberale Narrative bestätigt. Geködert mit medialer Aufmerksamkeit, wird das Prekariat für Mittel - und Oberschicht Objekt eines Unterhaltungsspektakels, das eiserne Klassenhierarchien und Sozialdiskriminierung ausblendet.

Kritik: Lida Bach

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