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Leutnant Jansen hat vier Tage Zeit, um herauszufinden, wer für die Bombendrohung auf den Gebäudekomplex des größten (und einzigen) Medienkonzerns Deutschland verantwortlich ist. Nach und nach deckt er eine Verschwörung auf. Der Regisseur Wolf Gremm erzählt mit seinem Hauptdarsteller Rainer Werner Fassbinder eine grimmige Zukunftsvision, in der Deutschland das erfolgreichste Land der Erde ist - und die Bevölkerung dumm hält.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Es steht 50/50, dass unser Mann eine Frau ist.“

Es gleicht einem Großereignis, wenn man von einem deutschen Film mit Rainer Werner Fassbinder in seiner letzten Hauptrolle erfährt, in dem dieser einen Polizisten in Leopardenmuster-Anzug mimt. Tatsächlich hören die Qualitäten von Kamikaze 1989 damit noch nicht auf. Das Namedropping für Kenner kann also weitergehen. Edgar Froese (Tangerine Dream) war für den wahrlich fantastischen Score verantwortlich, die üblichen Fassbinder-Gesichter wie Rainer Werner Fassbinder, Günther Kaufmann (Homies, kleiner Scherz, Götter der Pest) oder Brigitta Mira aus Angst essen Seele auf sind auch dabei. Dazu Franco Nero mit einem Gastauftritt. Hier hat sich alles versammelt, was die 80er Jahre so zu bieten hatten. Ein Film für alle, die die 80er wahrlich erlebt haben und sich deshalb, dem Witz entsprechend, nicht mehr an sie erinnern können.

Der Film beginnt mit einem Revolver auf Leopardenfell, die langsam mit schimmernd goldenen Hochhäusern überblendet werden. Gewalt, Macht und Gier sind Mode geworden. Hässlich zwar, aber das hat ja noch nie jemanden abgehalten. Deutschland ist hier die Krone der Welt, das beste Land überhaupt, das sorgloseste sowieso. Es gibt keine schlimmen Drogen, keine Suizide (nur „unerwartete Todesfälle“), ein einziger Konzern lenkt die gesamte mediale Welt des Landes. Und diesem Konzern wird der Krieg angesagt. Eine Bombendrohung trudelt ein, ganz klassisch mit ausgeschnittenen Wörtern aus der Zeitung. Leutnant Jansen, der „immer in der Polizeidisco ist, wenn ich ihn brauche“, soll den Fall in vier Tagen lösen. Kamikaze 1989 erzählt diese vier Tage nach. Und das mit bravouröser Zerstreuung, einem fehlenden Interesse an Plotlines oder einer gewichteten Mechanik und einem völlig von der Leine gelassenen Set-Design, Kostüm-Department und Hauptdarsteller.

Denn Leutnant Jansen kümmert sich einen feuchten Kehricht um seinen (Be-)Ruf. Sein zugekacktes Auto erinnert eher an Austin Powers Mojo-Mobile (nur halt eine sehr ranzige Version deren). Seinem Chef begegnet er lediglich mit sarkastischem Respekt und Alkoholiker ist er, obwohl Alkohol offiziell verboten ist. Schließlich hat die schlimme Droge Menschen aggressiv gemacht. Und da man nun in einem perfekten Land lebe, müsse auch diese Droge abgeschafft werden. Natürlich stecken hinter dieser tadellosen Gesellschaft kapitalistische Ideale. Natürlich sind einige wenige Menschen gleicher als gleich. Und dennoch klatscht die durchschnittliche Bevölkerung brav, wenn die Chefs auftauchen und heldenhaft aus ihrem riesigen Büro herauskommen. Die Welt ist völlig verblendet - ohne dass sie es merkt. Wie Rainer Werner Fassbinder in seinen eigenen Filmen stets wütende Gesellschaftskritik äußerte, tut dies auch Regisseur Wolf Gremm in seinem Film.

Generell ist dieser Film nahe an Fassbinders eigenen Filmen. Regisseur Gremm hat mit Fassbinder, Günther Kaufmann und Brigitta Mira drei der markantesten Gesichter aus dem Fassbinder-Kosmos vereint. Hinzu zitiert er ungebremst Fassbinders Stilistik, kopiert gar dessen Vorbild Jean-Luc Godard (Alphaville) oder den berühmten Ballhaus-Kreisel aus Martha und treibt ihn auf die Spitze. Die ist auch der einzige Ort, den Gremm seinem Film zugesteht. Alles wird hier auf die Spitze getrieben. Und tatsächlich lebt der Film von diesen absurden Ideen, die scheinbar ungefiltert im fertigen Werk Platz gefunden haben. Kamikaze 1989 ist so wild bevölkert von absurden Bildern, Kostümen, Kulissen und Ideen, dass der Zuschauer die einzelnen Teile in ein großes Ganzes einer garstigen Zukunftsvision zusammenfügen kann. Die Polizei fährt in Leichenwagen vor. Das Logo der Polizei ist ein ausgestreckter Daumen. Das Fernsehen zeigt live den Weltrekord im Dauerlachen. Tagelang. Mit Selbstmordleichen wird für Fotos posiert - falls das Gesicht noch heile und bildhübsch ist. Auch wenn es teilweise so wirkt, als wären seltsame Ideen schlicht mit einem „Warum eigentlich nicht?“ eingebunden wurden, ist Kamikaze 1989 ein abgedrehter und schön gemixter Krimi-Bastard.

Fazit

Mit „Kamikaze 1989“ ist Regisseur Wolf Gremm ein äußerst bemerkenswerter Film gelungen. Das seltsame Gemisch aus Kriminalfall, Groteske, Absurditätenkabinett, Gruselsequenzen und Dystopie überzeugt vor allem durch seine unzähligen kleinen Momentaufnahmen und Ideen, die den Film unheimlich unterhaltsam und die grimmige Zukunftsvision in all ihrer Absurdität sehr greifbar machen. Bodenlos böse und zynisch, fast wie eine Karikatur skizzieren die Filmemacher hier Mit Rainer Werner Fassbinder als Leutnant Jansen waren eigentlich drei Filme geplant. Doch schon die Premiere dieses ersten Teils erlebte der arbeitswütige Regisseur nicht mehr. Ein unerwarteter Todesfall kam dazwischen.

Kritik: Levin Günther

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