„He´s giving her laughing gas. She’s laughing. He’s laughing too. There’re both laughing. At me!“
Nicht nur der Zahnarzt, sondern auch der Milchmann, seine minderjährigen Schüler und tendenziell praktisch jeder Mann ist für den krankhaft eifersüchtigen Klavierlehrer Orville J. Spooner (Ray Walston, Der Clou) ein potenzieller Nebenbuhler. Seit 5 Jahren ist er mit der bildhübschen Zelda (Felicia Farr, Zähl bis drei und bete) verheiratet und wird seitdem von der bald paranoiden Angst verfolgt, seine Gattin könnte ihn hintergehen. Vielleicht sieht sich der deutlich ältere und seines Zeichens nicht wirklich aufregende Beethoven-Fan ihrer insgeheim etwas unterqualifiziert. Dabei sollte er in der Kleinstadt Climax, Nevada relativ wenig Konkurrenz zu fürchten haben. Bis er sich eine schier übermännlichen Widersacher direkt ins Haus holt. Um endlich den großen Durchbruch als Songwriter zu erlangen, viel zu verlockend ist diese einmalige Gelegenheit. Der weltberühmte Entertainer Dino (Dean Martin, Die vier Söhne der Katie Elder) verläuft sich in das Nest. Tankwart Barney (Cliff Osmond, Extrablatt) – Orville’s Co-Autor – wittert die Chance und legt Dino’s Wagen lahm. Die Zwangsübernachtung in Climax findet bei Orville statt, damit dieser ihre Songs verhökern kann. Allerdings ist Schürzenjäger Dino in erster Linie nur an Fusel und Frischfleisch interessiert. Und ungesehen direkt an Zelda – weil sie einfach „verfügbar“ wäre. Als Doubel wird Bar-Bedienung Polly (Kim Novak, Vertigo – Aus dem Reich der Toten) engagiert und Zelda spontan aus dem Haus beleidigt, um über diesen moralisch alles andere als einwandfreien Weg noch die Gunst des Lüstlings zu gewinnen.
Billy Wilder (Manch mögen’s heiß) war schlicht und ergreifend ein Ausnahmeregisseur, besonders wenn es um das womöglich schwierigste Genre – das der Komödie – ging. Besonders eben auch dann zu sehen, wenn nicht alles unter optimalen Bedingungen stattfand. So musste sein Film diverse Änderungen durchlaufen, sei es von der Besetzung (Wilder wollte seinen ewigen Buddy Jack Lemmon für die Rolle von Orville, der jedoch nicht verfügbar war. Sein Ersatz Peter Sellers erlitt kurz nach Drehstart einen Herzinfarkt, woraufhin Ray Walston sehr spontan einspringen musste) wie der Schnittfassung, da Sittenwächter mit der ursprünglichen Version so unzufrieden waren, das diverse Zugeständnisse gemacht werden mussten. Wobei der fertige Film eigentlich nur darin zu kritisieren ist, dass er am Ende (immer noch) eine äußerst fragwürdige Moral vertritt, die einem den bis dahin teils grandiosen Spaß etwas verhagelt. Aber dazu gerne später ausführlich, denn gerade der Beginn von Küss mich, Dummkopf ist oftmals eher großartig.
Klassische, turbulente Screwball- und Rollentausch-Comedy wird mit einem ironischen bis zynischen Kommentar auf Starkult und persönlichen Geltungsdrang vermengt. Stellt den Wunsch nach dem Ausbrechen aus dem unspektakulären Durchschnittsbürger-Alltag dem Preis dafür gegenüber, der eben nicht immer gerechtfertigt ist. Die Intention des Films ist so richtig, erhellend wie oftmals sehr witzig verkauft, verirrt sich nur gen Ende wirklich in einem zu lässigen Tonfall, der deutlich die sonst so clevere Herzlichkeit seines Regisseurs vermissen lässt. Oder sie etwas unglücklich interpretiert. Bis dahin ist das ein enorm lebhafter, spritziger und kreativer Spaß voller Situations- und Wortwitz, auf den Punkt inszeniert mit diesem gottgegebenen Timing, was die Spreu vom Weizen trennt. Zudem ist die fast schon selbstzerstörerische Ironie von Dean Martin famos, der sich praktisch selbst spielt aber in so ein negatives Licht rückt, so was würden die meisten Stars tunlichst vermeiden. Erfrischend, das eigene Image mit einem fetten Lächeln und sichtlich Spaß dabei derartig krachend zu demontieren, wirklich klasse.
Grenzwertig wird der Film tatsächlich erst im Schlussdrittel, als die Entwicklungen eine mindestens diskutable Form annehmen und besonders das Verständnis von partnerschaftlicher Treue oder auch das Verhalten der Frauenfiguren zu sehr an Contenance einbüßen. Das soll nicht spießig klingen, denn genau dagegen appelliert der Film wohl auch, aber es gibt immer dieses gewisse, intuitive Fingerspitzengefühl, womit am Ende des Tages selbst streitbare, kontroverse Inhalte nicht nur verteidigt, sondern sogar geadelt werden können. Küss mich, Dummkopf segelt daran leider leicht vorbei. Was seinen generellen Unterhaltungswert natürlich nicht zerstört. Unglücklich im Abschluss, bis dahin eine oft exzellent inszenierte Komödie mit feinen Ideen, schmissiger Situationskomik und spielfreudigen Akteuren.