Drei Geschwister sind die jüngste Generation einer Puppenspielerfamilie, die ihr Vater mit Leidenschaft anführt. Auf ihre Art sind sie Magier, können von ihrer Kunst aber kaum leben. Ein Gefühl von Berufung hält die Truppe zusammen, zu deren Fortbestehen auch die Großmutter ihren Teil beiträgt: als Schneiderin ebenso wie als Hüterin von Erinnerungen und Weisheiten. Doch dann lässt ein tragisches Ereignis den Wunsch der Geschwister, die Familientradition fortzuführen, ins Wanken geraten.
Kritik
Philippe Garrel (Le sel des larmes) ist einer der ganz Großen der Berlinale. Nein, nein, nicht der ganz großen Filmschaffenden, sondern einer der ganz großen Marker dieses Kinos der alten weißen cis Männer der Bourgeoisie, deren Filme so unendlich bräsig, banal und borniert immer nur im gleichen Themenkosmos rotieren und daran erinnern, wie vehement die Berlinale sich hinter der fortschrittlichen Fassade gegen kreative Vielfalt sträubt. Auch der zweite Wettbewerbsfilm des französischen Regisseurs macht die Leinwand zur Bastion des Biederbürgerlichen.
Diese klassistische Institution vereinnahmt nun sogar das Puppenspiel der Fahrenden und Schaustellenden, denen Status und Sozialprestige der oberen Schichten strukturell verschlossen war, als ihre ureigene Tradition. Kunst, selbst Kleinkunst, vor allem aber etablierte Kunst, gilt in dieser revisionistischen Romantisierung des eigenen Stands im Allgemeinen und der eigenen Sippe im Besonderen als profitables Produkt der konformen konservativen Kernfamilie. Getreu deren Normen wird das parabolische Puppenspieler-Gewerbe der Handlung vom Vater (Aurélien Recoing, Black Box) an den Sohn oder Sohnesvertreter weitergegeben.
Doch Sprössling Louis (Louis Garrel, Petit tailleur) die Bühne ruft der Pinsel, dessen Kumpel-Kollegen Pieter (Damien Mongin, Mes compains) und Frauen können ganz selbstverständlich in dieser im doppelten Sinn selbstdarstellerischen Seifenoper keine Kunst produzieren, sondern nur Kinder. Darum zerstört den titelgebenden Bühnenwagen eher das Schicksal, als ihn an die Töchter Lena (Léna Garrel) und Martha (Esther Garrel, Adventures of a Mathematician) übergehen zu lassen. Allein die Andeutung einer Modernisierung sieht die fade Familienfabel als Ruin einer Unterhaltungstradition, die der begüterten Berufung zu den höheren Künsten weicht.
Fazit
Wenn Philippe Garrell schwerfällige Stilmittel wie den erzählenden Off-Kommentar bemüht, stilisiert er sich damit selbst als Teil der kreativen Tradition, deren Untergang sein visuell und darstellerisch gleichsam hohles Trivial-Theater beklagt. Diese Vereinnahmung von alternativen Unterhaltungsformen durch eben jenes Establishment, welches sie karikieren und kritisieren, führt unweigerlich zu deren Verlust. Dieser wird integriert in das Narrativ der wertkonservativen Mittelstandstragödie. Dieser buchstäbliche Film-Familienroman ist bei Garrell lediglich ein Vehikel narzisstischen Nepotismus, das die Kinokarrieren seiner Kinder lanciert.
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