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In einem kleinen Fischerdorf trifft ein grundverschiedenes junges Paar wieder aufeinander. Er ist dort aufgewachsen, sie kommt aus der Großstadt und möchte sich eigentlich wieder trennen. Der Film begleitet die beiden Menschen auf der Suche nach dem, was sie für sich und den jeweils anderen wollen, nach dem, was Heimat ist und nach dem, was man Liebe nennt.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Als Agnès Varda (Cléo - Mittwoch zwischen 5 und 7) in diesem Jahr den Ehrenoscar für ihr Lebenswerk überreicht bekommen hat, war ihre Dankesrede geprägt von jenen Elementen, die Vardas Filme so anschaulich machen. Sie bedankte sich, entschuldigte sich für ihre Schüchternheit und vollführte in der Freude den Tanz des Kinos. Sie war höflich, ruhig, herzerwärmend. Sie war sehr präsent, man musste nicht hart durch ihre Schale durchdringen, um sie einschätzen zu können. Es war, als würde man diese Frau seit Ewigkeiten kennen. Genau von diesen Elementen leben ihre Filme. Die Kreativität im Jetzt steht bei ihr im Fokus, die Spontanität und Ehrlichkeit, mit der sie ihre eigene Person durch ihre Kunst offenbart. Das mag der Grund sein, weshalb ihre Filme oftmals mit einem Gefühl der Offenbarung erlebt werden. Es ist, als würde man plötzlich einen neuen Teil seiner Seele erfahren, der einem zuvor verborgen blieb. Es zeugt von ihrer unverfälschten Natürlichkeit, dass dieser Stil ab dem ersten Langfilm bereits deutlich erkennbar ist.

Der Film La Pointe Courte, benannt nach einem Fleck in einem kleinen Fischerdörfchen, stach in der damaligen Filmlandschaft in Frankreich vor allem durch den semi-dokumentarischen Ansatz heraus, den Varda verfolgte. Sie nutzte keine professionellen Schauspieler und keine Studio-Sets, sondern dreht vor Ort und mit den Menschen, die dort waren. Sie strebte einen Realismus an, der dem Italienischen Neorealismus gleich war - auch wenn sie diese Filme damals nach Selbstaussage nicht kannte. (Was in Teilen schwer zu glauben ist, da der Satz „Die Erde bebt“ im Film geäußert wird, was ein von Luchino Visconti gedrehter Vertreter dieser Filmströmung ist.) Durch die Ähnlichkeit des Films zum italienischen Nachkriegskino und die Parallelen, die zwischen La Pointe Courte und den alsbald aufkeimenden Filmen der Nouvelle Vague existieren, wurde Agnès Varda kurzerhand zur Großmutter der Nouvelle Vague erklärt. Aus dem Weltkino ist sie damit nicht wegzudenken - auch wenn sie zu Unrecht weniger besungen ist als die Männer der neuen Welle.

La Pointe Courte spielt in einem kleinen Fischerdorf und beginnt mit einer Wanderung durch die Gassen. Die Sonne knallt unbarmherzig, die Schatten haben harte Kanten und sind pechschwarz. Das Dorf ist lütt, hier kennt jeder jeden. Bis auf die zwei Gestalten, die durch die Gassen schlendern und schnüffeln. Sie sind besser gekleidet, schauen etwas zu neugierig von Tür zu Tür und fallen den Dorfbewohnern schon nach Sekunden auf. Sie etabliert damit das Leben der Fischer, die intime und soldarische Identität des Dorfes. Das ist clever, denn obwohl sich der Kern des Films um seine beiden Hauptfiguren Lui (Philippe Noiret, Die Strände von Agnès) und Elle (Silvia Monfort, Die Elenden) und deren erneutes Aufeinandertreffen dreht, ist dieses Vorwissen elementar, um die Sichtweise von ihr zu verstehen. Er ist in dem Dorf aufgewachsen, sie ist aus Paris. Er fühlt sich da pudelwohl, es ist eben Normalität für ihn. Sie möchte sich ein Leben dort nicht vorstellen müssen. Damit der Zuschauer den Figuren mit Chancengleichheit gegenübertritt, sind diese ersten Momente im Fischerdorf wichtig.

Varda erzählt schnell von der Ankunft von Elle und lässt sie dann sofort die Trennung ansprechen. Sie möchte nicht weiter mit ihm zusammen leben, nicht dort, nicht in so einem Kaff. Der Film von der jugendlichen Verwirrung. Vorgegaukelt werden unzählige offenstehende Türen, letztlich führen sie aber alle zum gleichen Nicht-Ziel. Deutlich wird das immer wieder in Verbindung mit Zügen. Ein Junge stolpert über ein breites Schienennetz und eine quietschende alte Bahn verstellt Lui und Elle den Weg. Ein Zug, mit dem Elle ja überhaupt erst in das Dorf gekommen ist. Erst vereint, dann wieder getrennt. Das, was sie zusammenbringt, bringt sie auch wieder auseinander. Varda bietet in der Philosophie der Liebe und des Lebens keine Antworten, sie forscht lieber. Sie sucht die Wahrheit im Kino, in der Liebe, im Leben und destilliert all das in einem Gemisch aus Szenen des Lebens mit einem präzisen dokumentarischen Stil und betont inszenierten Bildern, die die Künstlichkeit des Werkes betonen. Nouvelle Vague eben.

Fazit

Mit „La Pointe Courte“ hat Agnès Varda ihren ersten Langfilm abgeliefert und den Filmemachern der Nouvelle Vague die Tür zu einer neuen Art des Kinos aufgestoßen. Varda experimentiert mit Einstellungen, Winkeln, Profilen, Frontalen, mit Tiefe und Details, Humor und Philosophie, Komik und Tragik. Die Kameraarbeit ist überraschend ausgebildet, die Geschichte angenehm realistisch. So ist der Regisseurin ein wunderschöner Film gelungen, der die experimentelle Neugier ihrer Karriere mit den geerdeten Elementen verbindet. Deutlich wird: Varda musste ihren Stil nicht entwickeln, sie ist einfach sie selbst; ihre Filme sind einfach ihre Filme. Ein Werk, das den Zauber in der Welt sucht, findet, genießt und dann - nicht weniger begeistert - den Zaubertrick offenbart.

Kritik: Levin Günther

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