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Dr. Mabuse, der Spieler ist ein Stummfilm des Regisseurs Fritz Lang in zwei Teilen mit jeweils sechs Akten. Er wurde 1921/1922 gedreht, basierend auf der durch Thea von Harbou adaptierten Romanvorlage von Norbert Jacques. Der Arzt und Psychoanalytiker Dr. Mabuse führt hinter der gutbürgerlichen Fassade seiner Praxis ein verbrecherisches Doppelleben. Er ist der Kopf einer verzweigten Verbrecherbande mit mafiösen Strukturen, die sogar die Polizei unterwandert hat.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

„Dr. Mabuse ist ein Spieler. Er spielt Karten, er spielt Roulette, und er spielt mit den Menschen, mit dem Leben dieser Menschen, mit dem Tod. In dieser Zeit gab es ein Plakat in Berlin: Berlin, dein Tänzer ist der Tod.“ – Fritz Lang

Dr. Mabuse, der Spieler ist wahrlich in mehrwacher Weise ein einmaliges Filmerlebnis: Nicht nur, dass hier der klassische Urtypus des Bösewichtes – obgleich er im Roman des Schriftstellers Norbert Jacques eher als Held gegen den korrupten Staat erscheint – neben Dr. Caligari sowie Nosferatu das Licht der Welt erblickte und unzählige spätere Filmemacher beeinflusste, sondern der Film war auch der Durchbruch von Regisseur Fritz Lang, der bereits hier sein Talent bewies Zeitgeist und Symbolik in Einklang zu bringen. Was folgt ist somit ein vierstündiges Abenteuer und Katz- und Mausspiel im Zeitalter der Weimarer Republik, was zum Träumen, Philosophieren und Mitfiebern einlädt. Natürlich bedarf dies einiges an Geduld, denn heutige Sehgewohnheiten sind mit der Langsamkeit der 20er Jahre schwer zu vereinbaren. Doch die düstere Inszenierung, die fabelhafte Struktur und der enorme Aufwand des Drehs, sind auch heute noch beachtlich. Was Dr. Mabuse aber wohl heute besonders auszeichnet, ist seine geniale und punktgenaue Reflektion: Bis ins Mark verrottet erscheint hier eine Gesellschaft, die sich in Nachtclubs vergnügt, dem Glücksspiel frönt und sich wenig um die Zukunft schert. Kokain, Alkohol, Prostitution sowie Orgien sind an der Tagesordnung, geleitet von weißen, älteren Herren mit Geld und Zylinder. Willkommen in der Welt von Fritz Lang.

Dr. Mabuse (grandios, energisch, eindringlich und wahrlich boshaft von Rudolf Klein-Rogge gespielt) ist unterdessen der Archetypus eines genialen Bösewichtes, der mit seinem Versteck, Handlangern und äußerst raffinierten Plänen in vielfacher Weise an moderne Bösewichte erinnert und somit stilprägend war. Gar als Nietzsches Übermensch lässt sich der Charakter interpretieren, wobei manche Kritiker sogar so weit gehen, ihn als Spiegelbild Adolf Hitlers zu manifestieren. Allerdings hat Fritz Lang dies selbst mehrfach verneint und sich erst in der Fortsetzung Das Testament des Dr. Mabuse auf die Nationalsozialisten sowie Hitler konzentriert. Wer sich indes auf die Machtergreifung konzentrieren möchte – und sich Fragen rund um Moral stellen will – dem sei natürlich M - Eine Stadt sucht einen Mörder empfohlen. Doch zurück zu Dr. Mabuse, der Spieler: Während also Dr. Mabuse seinem Spiel nachgeht – und hier ist es eine Mischung aus Glücksspiel, Schauspiel sowie Machtspiel – gibt es in vielen Momenten einen tollen Blick auf den zügellosen Kapitalismus zu sehen und natürlich eine kleine Milieustudie in Hinblick auf die obere Gesellschaft. Allerdings gibt es hier durchaus klare Unterschiede zwischen Roman und Film. Im Roman kämpft Dr. Mabuse gegen den Staat und möchte eine Utopie mit dem geraubten Geld entstehen lassen. Im Film selbst ist dagegen der finstere Verbrecher seiner Machtfantasien erlegen und schreit regelrecht seinen Zorn in die Welt hinaus. Kein Wunder also, dass es im Inferno und im Wahnsinn enden muss.

Für Regisseur Fritz Lang war der Film unterdessen – und dies trotz einer Rüge aufgrund seiner brisanten Themen - der weltweite Durchbruch und der Start eines ganz eigenen Gefühls von deutschem Kino, der schon mit Filmen wie Das Cabinet des Dr. Caligari, Der müde Tod oder Nosferatu, eine Symphonie des Grauens begann. Passend zum Expressionismus der damaligen Zeit (und so sind auch die Kunstwerke im Film drapiert), präsentiert sich so auch das Katz- und Mausspiel zwischen Dr. Mabuse und Staatsanwalt Wenk (ein toller Gegenpart in Form von Bernhard Goetzke) düster, trist und auf das wesentliche konzentriert – auch Mord ist so natürlich ein Motiv von Dr. Mabuse, der Spieler. Die Geschichte selbst ist ebenfalls ein Urtypus, und zwar der eigentlichen modernen Kriminalerzählung: Während so Wenk auf die Jagd geht und nach Spuren sucht und nach und nach Dr. Mabuse auf die Schliche kommt, zeigt sich dieser raffiniert und süchtig nach Macht. Das hin und her in der Geschichte wirkt daher auch heute noch unglaublich fesselnd und spannend, obgleich nicht jeder Schnitt oder jede Szene die Charaktere nach vorne bringt. Die Struktur und die gekonnte Unterteilung in Akten und Teilen, offenbart aber einen genialen Schachzug auch die Länge des Werkes einzufangen und etwas Großes zu inszenieren.

Auch bei der Technik übertrifft sich Friz Lang indes selbst: Egal ob große Nahaufnahmen, ausufernde Kulissen mit unzähligen Statisten oder eben das düstere Nachtleben, welches zurzeit in Babylon Berlin wiederauflebt, überall gibt es etwas zu entdecken, was künstlerisch wahrlich ein Highlight darstellt. Kein Wunder also, dass auch die übernatürliche Fähigkeit von Dr. Mabuse – die vor allem mit Blicken auf die Leinwand transportiert wird – nie wirklich lächerlich wirken (obwohl dies Kritiker der damaligen Zeit durchaus so sahen) und der Zuschauer eher eine kleine Gänsehaut geschenkt bekommt. Dies setzt sich dann vor allem im zweiten Teil eindringlich fort, wenn schließlich Dr. Mabuse in die Enge getrieben wird und die Polizei so an ihre Grenzen kommt, dass gar das Militär auf den Plan tritt. Der Staat schlägt mit aller Härte zu und Korruption, Wahnsinn und Verbrechen leben fort – was schließlich dann passierte, steht in den Geschichtsbüchern.

Fazit

"Dr. Mabuse, der Spieler" offenbart uns nicht nur einen der ersten Superbösewichte der Filmgeschichte, sondern überzeugt auch mit seiner eindringlichen Geschichte, der meisterhaften Inszenierung und seiner fabelhaften Symbolik. Kaum ein anderer Regisseur verstand es so gekonnt Gesellschaft und Zeitgeist zu reflektieren und in seine Erzählungen einzubauen. Düster, verkommen, wahnhaft und unglaublich spannend. Wer Kino liebt, sollte sich dieses fast hundert Jahre alte Meisterwerk nicht entgehen lassen, auch wenn die Langsamkeit einer klaren hermeneutischen Perspektive bedarf. Immerhin eine der Geburtsstunden des modernen Krimikinos und des archetypischen Bösewichtes.

Kritik: Thomas Repenning

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