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Quelle: themoviedb.org

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Inhalt

Ingwer, 47 Jahre alt und Dozent an der Kieler Uni, fragt sich schon länger, wo eigentlich sein Platz im Leben sein könnte. Als seine „Olen“ nicht mehr allein klarkommen, beschließt er, dem auf den Grund zu gehen, seinem Lehrstuhl an der Universität und seinem Leben in der Stadt den Rücken zu kehren, um in seinem Heimatdorf Brinkebüll im nordfriesischen Nirgendwo ein Sabbatical zu verbringen. Doch den Ort seiner Kindheit erkennt er kaum wieder: keine Schule, kein Tante-Emma-Laden, keine Dorfkastanie, keine Störche, auf den Feldern wächst nur noch Mais. Als wäre eine ganze Welt versunken. Wann hat dieser Niedergang begonnen? In den 1970ern, als nach der Flurbereinigung erst die Knicks und dann die Vögel verschwanden? Als die großen Höfe wuchsen und die kleinen starben? Als Ingwer zum Studium nach Kiel ging und seine Eltern mit dem Gasthof sitzen ließ? Wann verschwand die Mittagsruhe mit all ihren Herrlichkeiten und Heimlichkeiten? – Sönke Feddersen, de Ole, hält immer noch stur hinter seinem Tresen im alten Dorfkrug die Stellung, während Ella, seine Frau, mehr und mehr ihren Verstand verliert. Beide lassen Ingwer spüren, dass er sich schon viel zu lange nicht um sie gekümmert hat. Und nur in kleinen Schritten kommen sie sich wieder näher …

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Brinkebüll liegt im Sterben – doch nicht nur dem fiktiven Dorf im nordfriesischen Nirgendwo erging es einmal besser, auch einige Bewohnende erfreuten sich einmal besserer Gesundheit. Ingwer (Charly Hübner, Für immer Sommer 90), mittlerweile Dozent an einer Kieler Universität, kehrt in sein Heimatdorf zurück, um seine Großeltern zu pflegen. Er erkennt es kaum wieder. Schlimmer noch: er erkennt es wieder, erkennt, was es einmal war, wer seine Großeltern waren, wer er war. Die Nostalgie hat, wenn man ihr nicht verfällt, immer auch ein subversives Potential. Schließlich bedeutet sie, dass man sich zumindest eine bessere Welt vorstellen kann, als die, in der man sich gerade befindet. Wenn Ingwer in sein Heimatdorf zurückkehrt, sieht er sich nicht nur mit einer Verfallsgeschichte konfrontiert, sondern auch mit persönlichen Problemen. Seine Ehe kriselt, emotional stumpft er allmählich ab und sein Umfeld scheint nie ganz die Hochnäsigkeit abzulegen, die es ihm und seiner dörflichen Herkunft entgegenbringt.

Mittagsstunde verfällt nicht der Nostalgie, sondern widmet sich einem Identitätskonflikt, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfasst. Unterbetont reiht das Werk Szenen aus verschiedenen Zeiten und Perspektiven aneinander. Wir sehen Ingwer im Auto mit nach vorne gerichtetem Blick, wie er einer ungewissen Zukunft entgegenfährt. Wir erleben ihn im Streit mit seiner Frau, doch sein Ausdruck verrät uns, dass er im Hier und Jetzt nicht da ist. Und wir beobachten seine Großeltern, oft in der Gegenwart, doch ebenso eindringlich, wie sie früher waren. Dieses hebungslose Aneinanderreihen passt gut zur Ausstrahlung des wortkargen Protagonisten, dem man Dank des Schauspiels von Charly Hübner abnimmt, dass in ihm einiges brodelt. Es begünstigt allerdings auch eine Tristheit, die den Film durchzieht und ihm den Eindruck erzählerischer Bescheidenheit verleiht, die dem deutschen Kino ohnehin nicht gut zu Gesichte steht. So arbeitet auch Mittagsstunde allzu brav die Themen des Sozialdramas von der Milieustudie bis zum Familiendrama ab. 

Authentisch wirkendes nordfriesisches Temperament und schrullig-sympathische Charaktere lockern die sonst konventionelle Erzählung auf, die die vorhersehbaren Verknüpfungen aus politischer Lage, Familienleben und privatem Glück sucht, kaum etwas Neues über sie erzählt und sie stattdessen zu einem vagen Stimmungsbild kombiniert. Dieses kann seine Wirkung exzellent entfalten, da Regisseur Lars Jessen (Jürgen – Heute wird gelebt) die Konturen zwischen Rückblenden und Gegenwart verwischt und den Zuschauenden mit eben jener Divergenz gefühlter und tatsächlich vergangener Zeit konfrontiert, der wohl auch der Protagonist ausgesetzt ist. Diese prägt Mittagsstunde mit melancholischer Sanftheit, die liebevoll doch nie romantisierend auf die "gute alte Zeit" zurückblickt. Stetig ist klar, dass die Vergangenheit kein Revival erfahren wird. Schade nur, dass der Fluchtpunkt, den das Werk in die Zukunft wirft, nicht über den Durchschnitt des deutschen (Sozial-)Dramas hinaus kommt. 

Fazit

"Mittagsstunde" mutet zwar in seinen erzählerischen Wendungen und Verknüpfungen konventionell an, verfügt jedoch über eine melancholische Sanftheit im Umgang mit der Lebenssituation eines Protagonisten, unter dessen nordfriesischem Gemüt Vergangenheits- und Gegenwartsbewältigung brodeln. 

Kritik: Maximilian Knade

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