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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

Seit drei Monaten behandelt Psychoanalytiker Michel die neurotische, kleptomanische und sado-masochistisch veranlagte Olga, die es genießt den Therapeuten mit den frivolen Geschichten ihres von Gewalt dominierten Ehealltags zu provozieren. Doch nach so langer Zeit stumpft selbst der beste Psychiater irgendwann ab und Michel nickt wiederholt während der Sitzungen ein. Als er eines Abends erwacht, ist Olga tot. Erwürgt auf seiner Couch, während er friedlich daneben geschlummert hat. Oder etwa nicht…?

Kritik

Mit Diva und Betty Blue - 37.2 Grad am Morgen wurde Jean-Jacques Beineix in den 80ern zu einem Hoffnungsträger des französischen Kinos, blieb aber genau diesem seit 1992 konsequent fern, konzentrierte sich lieber auf TV-Dokumentationen. Mit einer Ausnahme: Die Romanverfilmung Mortal Transfer aus dem Jahr 2001, sein bis heute letzter Kinofilm als Regisseur wie adaptierender Autor. Der eher mäßige Erfolg könnte mit ausschlaggeben sein für das noch nicht stattgefundene Comeback, was ziemlich bedauerlich wäre. Denn Mortal Transfer ist eine zugegeben sehr eigenwillige, aber auch genau deshalb wahnsinnig unterhaltsame, originelle Genre-Mixtur, die mehrfach für positive Irritation sorgt und sich offenbar wenig darum schert, ganz strikte Konventionen und Regeln zwingend einhalten zu müssen.

„Das Ganze hatte was von Bungee-Springen…ohne Bungee-Seil.“

Jean-Hugues Anglade (Nikita) spielt Michel, einen Psychotherapeuten dem die Monotonie, Routine und das sich eingeschlichene Desinteresse an der eigenen Arbeit – sprich seinen Patienten – zum Verhängnis wird. Ganz konkret durch die verführerische wie süffisant-manipulative Femme Fatale Olga (Hélène de Fougerolles, Mutants). Selbst deren schlüpfrige Schlafzimmergeschichten rund um ihre sado-masochistische Ader und ihren brutalen Gatten in Kombination mit ihrem bewusst aufreizenden Auftreten kann den gelangweilten Analytiker nicht davor abhalten, bei den Sitzungen immer wieder einzunicken. Nach einem dieser Blackouts steht Michel vor vollendeten Tatsachen, denn Olga liegt tot auf seiner Couch. Erwürgt, während er friedlich schlummert. Vermutlich, wenn er denn nicht selbst Hand angelegt hat. Sei es wie es sei, zunächst muss er Schadensbegrenzung betreiben und so entscheidet er sich die Leiche erstmal zu verstecken und das nichtsahnende Unschuldslamm zu spielen. Leider werden natürlich lästige Fragen gestellt, auch und besonders von Olga’s gefährlichen Göttergatten, dem sie zu allem Überfluss kurz vorher um einige Millionen erleichtert hat, die nun ebenfalls verschwunden sind.

Jean-Jacques Beineix bewegt sich bei Mortal Transfer zunächst eindeutig auf den Spuren von Hitchcock (Bei Anruf: Mord), De Palma (Dressed to Kill) sowie dem Film Noir; erschafft die Basis für einen hochspannenden, verwinkelten Suspsense-Thriller um dann mit voller Absicht in Richtung skurriler Krimi-Farce abzudriften, die an Werke der Coen-Brüder (Fargo) oder auch ansatzweise Paul Thomas Anderson’s sträflich unterschätzen Inherent Vice – Natürliche Mängel erinnert. Die ursprüngliche Frage nach Täter, Tathergang, Schuld oder Unschuld wird zwischenzeitlich beinah völlig ignoriert oder zumindest deutlich in den Hintergrund geschoben. Viel mehr konzentriert man sich mit ausgiebiger Schadenfreude darauf, den Protagonisten leiden zu lassen, in dem er von einer unangenehmen, brenzligen Situation in die nächste schlittert…wie eine Leiche auf spiegelglatter Straße. Dass dieser, unabhängig von seiner möglichen Täterschaft, diesen Umstand aufgrund seiner vorher ignoranten und selbstgerechten Art irgendwo „verdient“ hat macht diesen makabren, pechschwarzen Jux äußert amüsant mitanzusehen, auch wenn ein paar Situationen (der Nekrophile auf dem Friedhof) deutlich zu albern geraten sind.

Wie und sogar ob das Ganze am Ende überhaupt noch eine schlüssige Lösung im kriminalistischen Sinne parat hat, es ist irgendwann fast egal, zumindest sollte es das sein, wenn man als Zuschauer an Mortal Transfer richtig Freude haben will. Beineix ist es bei seiner mit eleganter Raffinesse und visueller Experimentierfreude vorgetragenen Thriller-Groteske nicht daran gelegen, sich in ganz klassischen Schubladen einsortieren zu lassen. Das mag nicht jedermanns Sache sein, erweist sich jedoch als sehr angenehme Abwechslung mit hohem Wiedererkennungswert. Ganz feine Sache.

Fazit

Ein mutiger Ritt zwischen Suspense-Thriller und rabenschwarzer Komödie, mit dem Selbstbewusstsein sich von konventionellen Strukturen zu lösen. Wird sich somit nur schwerlich  jemals aus der Geheimtipp-Ecke wegbewegen können, aber vermutlich wollte er das auch nie und fühlt sich dort sehr wohl.

Kritik: Jacko Kunze

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