5.5

MB-Kritik

The Midnight After 2014

Mystery, Sci-Fi, Comedy – China, Hong Kong

5.5

Wong Yau-Nam
Simon Yam
Kara Wai Ying-Hung
Chui Tien-You
Lam Suet
Cheuk Wan-Chi
Shing-Cheung Lee
Sam Lee
Fiona Sit Hoi-Kei

Inhalt

Zwei Uhr morgens in Hongkong. Ein roter Minibus macht sich mit siebzehn Insassen auf den Weg vom lärmenden Stadtteil Mongkok in den ländlichen Außenbezirk Tai Po. Als das Fahrzeug unterwegs auf der anderen Seite eines langen Tunnels wieder auftaucht, hat sich die Welt verändert. Radio und Telefone funktionieren nicht mehr und eine komplette Stadt scheint menschenleer. Die Passagiere – unter ihnen so illustre Gestalten wie eine Frau auf der Flucht vor der Polizei, ein abgehalfterter Junkie und eine hellseherisch begabte Versicherungsmaklerin – versuchen verzweifelt, sich die Situation zu erklären. Doch jede neue Straßenbiegung gibt nur weitere Rätsel auf. Man trennt sich, stirbt teilweise gewaltsame Tode und trifft sich erneut – diesmal in einem heruntergekommenen Restaurant, in dem alle Fäden der Geschichte in einem unerwartet drastischen Inferno zusammenlaufen.

Kritik

Was würdest du machen, wenn plötzlich alle Menschen auf der Welt verschwunden sind? Ausflippen, in selbst Zweifel verfallen, dem Wahnsinn einhergehen oder schlichtweg der Sache auf den Grund gehen? Es bleibt so oder so eine fantastische wie schreckliche Vorstellung, die natürlich auch schon immer Einzug in Fantasy wie Sci-Fi gehalten hat („Quiet Earth“). In „The Midnight After“ (OT: „“Na yeh ling san, ngo joa seung liu Wong Gok hoi wong dai bou dik hung Van” – ja, der Titel ist wirklich so lang) von Regisseur Fruit Chan erleben wir nun abermals eine solche mysteriöse Reise in die Welt der Ungewissheit. Insgesamt 17 Menschen verschwinden in den verlassenen Straßen Hongkongs (mit die beachtlichste Leistung des Films): Alleine gelassen mit Wahnvorstellungen, einer obskuren Geschichte, völliger Anarchie und somit letztlich einem Werk voller Interpretationsmöglichkeiten und leider damit auch, völliger Ziellosigkeit.

So basiert zwar „The Midnight After“, der mit Simon Yam („Ip Man“, „Election“) oder Tien You Chui („Contagion) durchaus einen namhaften Cast vorweisen kann, auf einer recht berühmten Online-Fiction, doch die Autoren Fai-Hung Chan und Fruit Chan nutzen einzig die Ausgangslage dieser, um schließlich ihre eigene poltische Version der Handlung zu offenbaren. Politische Handlung? Ja, denn hinter „The Midnight After“ steckt weit mehr als Suspense, das Ungewisse oder 1-2 blutige Szenen (die wahrlich rar gesät sind). Vielmehr will uns scheinbar Fruit Chan seine eigene Botschaft mitteilen, die natürlich vertretend für die komplette Hongkonger-Gesellschaft stehen soll (die insgesamt 17 Personen des Busses). Klingt verwirrend? Willkommen in der Reise nach Tai Po. Egal ob verschwundene Menschen, roter Regen, böse ominöse Gestalten mit Gasmasken, die Gefahr einer Pandemie oder letztlich die Flucht aus der Heimat. Hier wird scheinbar der politische Zusammenschluss von Hongkong mit China verarbeitet – so eine Möglichkeit der Darstellung. Dies wäre zwar filmisch eine Katastrophe, aber immerhin würden wir so Regisseur Fruit Chan verstehen können. Die Alternative wäre dagegen noch fataler: „The Midnight After“ hat faktisch einfach kein Ziel.

Und so sehr die ersten dreißig Minuten auch für Spannung sorgen, danach wird diese Ziellosigkeit für die menschenleeren Straßen von Tai Po zum Problem. Während die Charaktere schon eine verwirrende Masse aus flachen Stereotypen darstellen (eine merkwürdiges Gespräch darüber, ob auch Männer ihre Freundinnen vermissen würden spricht hier Bände), wechselt „The Midnight After“ immer wieder zwischen einer gewissen Lächerlichkeit und verschiedenen Schock-Momenten hin und her. Was will uns Fruit Chan damit sagen? Manche Personen nehmen plötzlich ohne Grund gewaltvoll Abschied, andere kehren zurück. In seinen besten Momenten ist daher „The Midnight After“ ein gelungenes Mysterium, in seinen schlechtesten trashiger Wahnsinn ohne jeglichen Sinn. Da wird gesungen, gestorben, geflucht, über Verschwörungen debattiert und letztlich sogar gekämpft. Als Gesamtkonzept eine wahrlich unangenehm langwierige sie Sinnentleerte Erfahrung. Leider.

Fazit

„The Midnight After“ ist Anarchie pur: Ohne jegliches Ziel schickt uns Regisseur Fruit Chan in die leeren Straßen Hongkongs, gemeinsam mit einer bunten wie schrägen Gruppe von Überlebenden. Das ist mal lächerlich, mal schön, mal spannend, plötzlich politisch und dann wieder gähnend langweilig. Was bleibt ist einzig die ernüchternde Feststellung, dass „The Midnight After“ vollkommender Nonsens ist. Ob dies einem 124 Minuten wert sind, sollte sich gut überlegt werden.

Autor: Thomas Repenning
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