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Quelle: themoviedb.org

Inhalt

In einer kanadischen Kleinstadt wird die 9jährige Jean, die Tochter des neuen Schuldirektors, von dem alten Patriarch Olderberry sexuelle belästigt. Ihre Eltern bringen den Fall entgegen allen Warnungen vor Gericht, den der gesellschaftlich hochangesehene Olderberry ist eine Art Mäzen der Stadt und praktisch unantastbar.

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Quelle: themoviedb.org

Kritik

The Story – like it’s characters – is fictitious, it is set in Canada. But it could happen anywhere. And it could be true.

Worte, mit denen normalerweise kein üblicher Film der HAMMER-Studios eingeleitet werden könnte. Vertraue keinem Fremden weicht stark vom gewohnten Sujet des Studios ab, das 1960 bereits überwiegend aus Horror- und Gruselfilmen bestand. Vertraue keinem Fremden -beruhend auf dem knapp 5 Jahre vorher entstandenen Bühnenstück Pony Card – wagt sich nicht nur Genre-bezogen aus der bereits etablierten Wohlfühlzone heraus, sondern ging allgemein sehr gewagte Wege. Vermutlich war es ein stückweit dem auch internationalen Erfolg der deutschsprachigen Produktion Es geschah am hellichten Tag geschuldet, dass man sich dazu entschied, diesen relativ unüblichen und für damalige Verhältnisse sogar brisanten Stoff auf die Leinwand zu bringen. Diesmal sogar noch wesentlich drastischer und konsequenter als in dem wesentlich bekannteren Klassiker aus dem Jahr 1958.

Die kleine Jean gesteht ihren Eltern, dass sie und ihre Freundin von einem netten, alten Herrn in dessen Haus eingeladen wurden und dort Süßigkeiten bekommen haben. Als Gegenleistung mussten sie „nur“ nackt vor ihm tanzen. Die Carters, gerade erst von England nach Kanada gezogen und somit noch „Fremde“ in der Kleinstadt, sind entsprechen entsetzt und gewillt, den Fall vor Gericht zu bringen. Doch selbst auf dem Polizeirevier versucht man, das Geschehen schleunigst zu bagatellisieren. Kleine Mädchen verfügen eben über eine blühende Fantasie und schließlich sei ihnen doch gar nichts geschehen. Der Grund für diese vehemente Verharmlosung der Tatsachen liegt dabei hauptsächlich in der Personalie des Angeklagten: Clarence Olderberry Sr. Baute einst mit seinem Sägewerk die Stadt mehr oder weniger auf und auch heute noch genießt die Familie, inzwischen in der Öffentlichkeit repräsentiert durch den Junior, ein hohes Ansehen in der Gemeinde. Die „kleinen Aussetzer“ des verwirrten Seniors sind ein offenes Geheimnis und gehören nicht an die große Glocke gehängt, erst recht nicht von Zugereisten, die Ruhe und Frieden damit nur durcheinanderbringen. Trotz des deutlichen Gegenwindes von allen Seiten, insbesondere auch von Olderberry Jr., der unverblümt ankündigt, die Kleine vor Gericht ordentlich in die Mangel nehmen zu lassen, kommt es zum Prozess.

Die Thematik und vor allem der sehr direkte Umgang damit - vor allem auch in der Schilderung von Details - ist für einen Film aus dem Jahr 1960 verblüffend konsequent und mit Sicherheit ein ziemliches Wagnis gewesen. Kommerziell war der Film kein großer Erfolg für HAMMER und geriet kurz nach Start relativ schnell in Vergessenheit, weswegen man sich in der Folge noch mehr auf anspruchslose, aber lukrative Genre-Kost konzentrierte. Dabei darf dieser Film mit Sicherheit zu den besten Veröffentlichungen des Studios überhaupt gezählt werden. Die drastische Geschichte wird niemals reißerisch ausgeschlachtet und zeigt sehr deutlich auf, was gesellschaftliche Tabus und vor allem der teilweise abscheuliche Umgang mit Opfern sexueller Gewalt für fatale Folgen haben können. Viel verstörender als beispielsweise das (dennoch extrem unangenehme) Finale ist da schon die Gerichtsverhandlung, in dem die Glaubwürdigkeit eines kleinen Mädchens auf Perfideste torpediert wird, nur um sich juristisch aus der Affäre zu ziehen. Von Gerechtigkeitsfindung und erst recht Opferschutz keine Spur, das öffentliche Ansehen und persönliche Interessen stehen über allem. Das ist erschreckend realistisch und wird zu einer Zeit auch so präsentiert, in der so etwas noch viel mehr gang und gäbe war als heutzutage. Darüber hinaus exzellent eingefangen vom zweifachen Oscarpreisträger Freddie Francis, da noch ausschließlich an der Kamera, der kurz danach selbst zu einem der besten HAMMER-Regisseure aufsteigen sollte (Haus des Grauens).

Fazit

Ungewöhnlicher harter, da extrem realistischer Tobak aus dem Hause HAMMER, der nichts mit deren üblichen Genre-Unterhaltung gemein hat. „Vertraue keinem Fremden“ ist für seine Zeit beinah schon herausragend und auch heute noch ein extrem wichtiger, mutiger und schonungsloser Film, der von seiner Relevanz leider überhaupt nichts eingebüßt hat. Spielend in den Top-5 der internen Rangliste anzusiedeln, wenn er nicht sogar einen Sonderstatus verdient hat.

Kritik: Jacko Kunze

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