Inhalt
Horrorfan Alex muss jeden Abend eine Gruselgeschichte erzählen, sonst bleibt er für immer mit einer neuen Freundin der magischen Wohnung einer bösen Hexe gefangen …
Kritik
Neben Das schaurige Haus, der Fear Street-Trilogie, Blood Red Sky und vielen weiteren diesjährigen Genrevertretern reiht sich erneut ein Fantasy-Horrorfilm auf Netflix ein. Diesmal inszeniert von Brightburn: Son Of Darkness-Regisseur David Yarovesky und basierend auf der gleichnamigen Buchvorlage von J.A. White. Und ähnlich wie in den zuvor genannten Genrebeiträgen besteht ein nicht zu verachtender Reiz in den Querverweisen zur Horrorfilmgeschichte, wenngleich Nightbooks an vielen Stellen spüren lässt, für ein deutlich jüngeres Publikum inszeniert und gedacht zu sein.
Die Splattermomente eines Fear Street: 1994 bleiben aus, ebenso die realitätsnahe und gediegene Herangehensweise von Just Philippots Schwarm der Schrecken. In Nightbooks überwiegt das Fantasygenre, mutet in manchen Momenten gar wie eine Kurzgeschichtensammlung an. Vorhandene Horrorelemente sind aus der Standardtrickkiste und enden meist dann, wenn der erwachsene Horrorfilmfan gerade angebissen hat. In Sachen Dark-Fantasy schafft es Yarovesky jedoch, abwechslungsreiche Settings zu kreieren, von einer staubigen und schummrig beleuchteten Bibliothek bis zum von Neonfarben explodierenden Hexengarten.
Taucht der Film dann in die Gruselgeschichten des jungen Protagonisten ein, verändern sich die Kulissen, bekommen Theateranleihen und erinnern nicht zuletzt deswegen an alte Genrebeiträge eines Mario Bava. Zu diesen Hommagen gesellen sich Parallelen zu Zimmer 1408 und Filmzitate von The Lost Boys, welche das Zielpublikum wohl weniger gut entschlüsseln dürfte als die deutliche Grimmsche-Märchenreferenz zu Hänsel und Gretel. Neben den nicht immer innovativen, aber kreativen und gruselig-spaßigen Sequenzen wirkt das Ende schon um einiges generischer.
Getragen wird der Film bis dahin von nur wenigen Charakteren, abseits der Newcomer Winslow Fegley als Alex und Lidya Jewett als Yasmin gehört der Film vor allem Krysten Ritter (Marvel's Jessica Jones, Big Eyes) als finstere, aber immer stilvoll gekleidete Hexe, die in manchen Momenten an Emma Stones Cruella erinnert. Von ihrer diabolischen Aura schwirrt der vermutlich größte Gruselfaktor aus, der erwachsene Genrefans zwar nicht vereinnahmen wird, aber über einige plumpe Storyelemente hinwegtröstet.
Umschlossen werden diese wenig überraschenden Figurenzeichnungen und die kindgerechte Botschaft zum Thema Anderssein von der Inszenierung, die zwar für Abwechslung zwischen Action und Ruhemomenten sorgt, eine gewisse Aufgeregtheit aber nie abstreichen kann. Und wenn es dann zu Fantasy- und Gruselsequenzen kommt, dann sind diese laut, schrill und effektvoll, aber selten unheimlich. Am ehesten gespenstisch erscheint da noch die Animation eines Katers, welcher glücklicherweise öfters unsichtbar durchs Bild streift.
Fazit
„Nightbooks“ bietet episodenhaften, blank polierten Fantasy-Grusel und ein zuweilen grelles Licht- und Farbenspiel, an das potentielle Erwartungen angepasst werden sollten. Der knapp hundert minütige, märchenhaft schaurige Ausflug überzeugt für ein entsprechendes Zielpublikum als kreative Dark Fantasy und wartet für alle anderen mit ein paar Horrorfilm-Hommagen auf.