Penoza: The Final Chapter lautet der Originaltitel des Films und dieser macht auch Sinn, denn der Film stellt den Abschluss und damit das letzte Kapitel der erfolgreichen niederländischen Serie Penoza dar. Die Serie lief in den Niederlanden von 2010 bis 2017 in 5. Staffeln und war so erfolgreich, dass es mit Penoza: The Final Chapter logischerweise noch einen Kinofilm zum Abschluss geben musste. Der Film war ebenfalls ein Hit und in den Niederlanden der umsatzstärkste niederländische Film des Jahres 2019. Penoza ist die vermeintlich weibliche Form des Wortes „Penoze“, das im Niederländischen als Begriff für ein Verbrechersyndikat steht und ist eine Anspielung auf die Hauptfigur, eine Frau, die sich in einer von Männern dominierten Unterwelt hochgearbeitet hat. In der Serie geht es um Carmen van Walraven (Monic Hendrickx, Unfinished Sky), die nach dem Tod ihres Mannes, dem Amsterdamer Drogenbaron Frans van Walraven, dessen Geschäfte übernimmt. Mit Geldforderungen, Gewalt und Angst um ihre Familie konfrontiert, entscheidet sie sich gegen eine Zusammenarbeit mit der Justiz und steigt selbst zur mächtigen Drogenkönigin auf.
Die Serie ist hierzulande eher unbekannt und das dürfte auch der Grund sein, warum der Filmtitel in Penoza – Die Rächerin geändert wurde. Man muss die Serie auch nicht kennen, um dem Film folgen zu können. Der Film kann für sich selbst stehen und dank der in die Handlung integrierten Rückblicke und Erklärungen der Figuren, lassen sich die Zusammenhänge, Vorgeschichten und Beziehungen der Protagonisten untereinander schnell nachvollziehen. Nach dem man zunächst nur erahnen kann, dass Carmen sich in Kanada versteckt, ohne dass man den Grund dafür kennt, wird nach ihrer Überführung schnell klar, wer sie eigentlich ist. Als „Schwarze Witwe“ hat sie sich in der Amsterdamer Unterwelt viele Feinde gemacht, die es auf sie abgesehen haben. Aus diesem Grund war sie untergetaucht, auch um ihre Familie vor den mächtigen Gegenspielern zu schützen. Jetzt, wo sie wieder da ist, befindet nicht nur sie sich in Gefahr, sondern auch ihre drei Kinder und ihre Mutter.
Monic Hendrickx verkörpert die Rolle als einflussreiche Anführerin und Killerin durchgängig überzeugend und mit großer Entschlossenheit. Zugleich spielt sie Carmen verletzlich und ängstlich, wenn es um ihre Familie geht. Während die Hauptrolle stark aufspielt, haben es die Nebenfiguren deutlich schwerer. Raymond Thiry (Quo vadis, Aida?) als Carmens guter Freund Luther ist ebenso wie Stijn Taverne, der Carmens Sohn Boris spielt, noch hervorzuheben. Beiden nimmt man ihre Rollen ab und besonders Thiry überzeugt in den Actionszenen als knallharter Killer. Viele der zahlreichen anderen Nebenfiguren können sich jedoch nicht entfalten und wirken daher sehr blass. So sieht man Carmens Tochter Natalie (Sigrid ten Neapel) selten ihre Emotionen an und wenn dann doch welche zum Vorschein treten, dann wirkt es oft übertrieben. Es bleibt generell kaum Raum für eine Weiterentwicklung der Figuren. Teilweise wirkt es so, als habe man Figuren aus der Serie einfach nur unterbringen wollen. Die von Jacqueline Blom (Black Book) verkörperte Rolle der Staatsanwältin Justine de Heer war in der Serie eine wichtige Figur, ist aber im Film lediglich eine Randerscheinung.
Die Handlung selbst ist weitestgehend schlüssig, auch wenn es manchmal etwas zu konstruiert wirkt, was jedoch der Unterhaltung nicht schadet. Einen großen Anteil daran haben die gut gelungenen und ansehnlichen Actionszenen mit viel Kampf und nicht zu wenig Gewalt. Regisseur Diederik van Rooijen (The Possession of Hannah Grace), der auch bereits bei der Serie Regie geführt hat, hat gerade diese Szenen kinoreif inszeniert. An anderen Stellen vermittelt der Film aber doch den Eindruck eines Fernsehfilms oder einer Serie. Die Bösewichte erinnern manchmal zu sehr an die Figuren aus einer Telenovela. Die übertriebene Spielweise und die Art und Weise, in der etwa ein längerer Rachemonolog gehalten wird, während man durch das riesige Haus spaziert und seine Feinde und die Untergebenen hinter sich dackeln lässt, wirkt wie eine Parodie und keinesfalls, wie eine Situation, in der eine echte Bedrohung vorliegt. Gerade dann, wenn man eigentlich mit den Figuren Mitleid empfinden müsste, wird Penoza stellenweise unfreiwillig lustig und zu langatmig.
Eine weitere Schwäche liegt im Schnitt des Films. Auffällig ist dies bereits früh im Film, wenn Carmen im Auto sitzt und sich mit ihrer Kollegin aus dem Diner unterhält. Während sie sich unterhalten wird eine Szene hineingeschnitten, in der Carmen anscheinend zeitgleich irgendetwas in ihrer Wohnung sucht und dann sitzt sie wieder im Auto mit ihrer Kollegin und führt die Unterhaltung fort. Mehrere Handlungsstränge werden zeitgleich mit derselben Person dargestellt, ohne, dass man weiß, ob eine dieser Szenen ein Rückblick ist oder nicht. Es wirkt ein wenig so, als handele es sich um parallele Erzählstränge, in der die Hauptfigur sich zur gleichen Zeit an mehreren Orten befindet. Auch später im Laufe des Films wirken einige Rückblicke etwas unglücklich hineingeschnitten, weil sie den Eindruck erwecken in der Gegenwart zu spielen. Mit einfachen Mitteln hätte man an diesen Stellen mehr aus dem Film herausholen können.