Letztes Jahr war Moviebreak mit zwei Autoren auf dem HARD:LINE Festival in Regensburg vertreten und schwer angetan von dem dargebotenen Programm wie dem gesamten Drumherum. Auch dieses Jahr waren wir wieder geladen, konnten aus zeitlichen Gründen leider nicht direkt vor Ort sein. Dank der freundlichen Unterstützung der Verantwortlichen wurde uns dennoch ein Großteil des diesjährigen Programms zur Verfügung gestellt, was wir in den kommenden Tagen und Wochen für euch gerne unter die Lupe nehmen wollen.
Auf dem HARD:LINE Festival war die Resonanz für Pimped enorm positiv. Das Spielfilmdebüt von Regisseur und Co-Autor David Barker kann als einer der inoffiziellen Gewinner dieses Schaulaufens junger, talentierter Filmemacher aus dem Genre- und B-Movie-Bereich betrachtet werden und dieses durchaus mit Recht, wobei jetzt auch nicht unbedingt von einem zukünftigen Kultfilm oder unbezahlbaren Perle seiner Zunft gesprochen werden muss. Für seine Möglichkeiten und den relativ simplen Inhalt allerdings ein wirklich sehenswertes Thriller-Häppchen, dessen Hang zum pechschwarzen, makabren Humor bis an die Grenze der Geschmacklosigkeit ihm das gewisse Etwas verleiht.
Sarah (überzeugend, mit starker Ausstrahlung präsent: Ella Scott Lynch, Headhunt) ist trotz ihres attraktiven Äußeren eher die Marke zurückgezogenes, schüchternes Mauerblümchen, womit sie aber wahrscheinlich nur ihre dunkle Seite versucht im Zaum zu halten. Mit dieser, in Form einer weniger gemäßigten Vamp-Version ihrer selbst visualisierten, steht sie intern im engen Austausch und konstantem Diskurs. Eines Abends gelingt es der „wilden“ Sarah, ihre (noch) die Kontrolle behaltenden Hülle zu einem Abstecher ins Nachtleben zu überreden, anstatt mit einem Buch auf der Couch zu enden. Dies führt direkt zu einem netten Plausch mit dem eloquenten und verführerisch auftretenden Lewis (ebenfalls kein Fallobst: Benedict Samuel, The Walk), mündend in dem vermeidlichen Jackpot für beide Parteien: Ein One-Night-Stand in dem luxuriösen Eigenheim von…nun, leider nicht Lewis.
Denn die Edel-Bude gehört seinem Kumpel Kenneth (Robin Goldsworthy, Sleeping Beauty). Von Beruf Sohn reicher Eltern und als Hobby zugedröhntes Arschloch, dem sein windiger „Freund“ (eher parasitärer Amateur-Zuhälter) Lewis immer was zum Ficken besorgt. Diesmal auf die ganz miese Tour, eine Dame in das Schlafzimmer eines Fremden zu lotsen, der sich dann wie selbstverständlich über sie her macht. Die unter Vortäuschung falscher Tatsachen nach Außen als einvernehmlicher Geschlechtsverkehr getarnte Vergewaltigung endet in einem (krassen) Fall von Totschlag im Affekt. So beschämend das klingt, beides halt unter den ungünstigen Umständen irgendwie tatsächlich angreifbare Tatbestände, über deren Ausgang in den Händen gerissener Juristin nur wild spekuliert werden kann. Eine missliche Patt-Situation, die zur Zusammenarbeit von Opfer und Täter zwingt, um die gemeinsame Leiche im Keller bzw. Wald schnellstmöglich und unauffällig zu entsorgen. Was natürlich nicht ohne komplizierte und folgenschwere Kettenreaktionen vonstattengeht.
Pimped kratzt nur gerade so mit seinen schlanken 80 Minuten an der Untergrenze heutiger Spielfilm-Gewohnheiten und wirkt generell mehr wie die XXL-Version eines Horror-Anthology-Bausteins. Dann aber oftmals wohl das Highlight einer solchen Sammlung kurzweiliger, fieser und oft eben auch im Wesentlichen sehr sarkastischer, zynischer Amuse-Gueule aus der diesmal sogar leicht gehobenen Genre-Küche. Der Plot ist flott und etwas einfach gestrickt, könnte bei Logik-Fetischisten auch seine (unwichtigen) Probleme bekommen, wichtig is‘ auf’m Platz. Und da zieht das Ding ziemlich straff die Schrauben an. Beginnt wie ein Psychothriller, droht beinah zum Rape & Revenge zu werden und findet seinen Main-Part in rabenschwarzer, garstiger Thriller-Groteske, die zu einer auch für die Beteiligten befremdlich einigen, miteinander (fast) harmonisierenden Symbiose zweier Menschen endet, die normalerweise ihren „Konflikt“ nur gegeneinander austragen sollten. Verrückt. Was sogar dazu führt, dass selbst das imaginäre Teufelchen auf der Schulter ab einem gewissen Punkt sich erst als Stimme der Vernunft versucht und danach erschrocken das Weite sucht. Die echte Sarah ist warmgelaufen. Und egal wie „gut“ das Ende erscheinen mag, dieses Pulverfass spielt vielleicht gerade erst mit dem Feuer, die ganz große Explosion ist immer noch möglich. Die Lunte ist nun auf jeden Fall wesentlich kürzer und der Funke könnte ab sofort wesentlich nichtiger, unvorbereiteter sein.
„Rape…is such an ugly word.“